Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

bar, unserm Könige, zu zeigen, wie wohl sie den hohen Bräu-
ten befreundet sei. Sie besaß nämlich eine schöne Dose mit
der Brillant-Chiffre des Herzogs von Mecklenburg zum An-
denken für die so sehr freundliche Aufnahme seiner Kinder.
Und so gab die Herzogin die Worte wieder, mit denen Frau
Goethe ihr die Sache nachher selbst erzählt hat: "Ich nehme
meine Dose, geh' in's Theater, stelle sie mit draufdrückender
Hand -- fest auf den Logenrand; der König sieht nichts.
Ich nehme eine Prise, setze die Dose näher an den König,
und sehe ihn an; er sieht nicht auf die Dose hin, er hat mehr
dergleichen gesehen! Ich nehme sie abermals, setze sie noch
näher, und sehe wieder den König an: endlich blickt er auf
die Dose, und wie er sie gesehen hat, sagt er ganz gütig:
"Ei! Madame Goethe, was haben Sie da für eine schöne
Dose!" Ja, Ihro Majestät, antworte ich, die hab' ich auch
von meinen Prinzessinnen von Mecklenburg!" Und so mußte
der König ihre Freude wissen, und die Sache war gelungen.
Herz hilft zu allem. --

Aber eine viel komischere Geschichte fiel vor mit Frau
von Guttenhofen, gebornen Gräfin Hatzfeldt, berühmten Schön-
heit am Mainzer Hofe, wobei Frau Goethe auch wieder kräftig
auftritt. Als unsre Königin fünfzehn Jahr alt war, so wurde
wohl sie, aber noch nicht die Herzogin, manchmal von der
Großmutter in Gesellschaft mitgenommen: "Und so geschah
es einmal, erzählte die Herzogin, daß meine Schwester einen
Besuch beim damaligen Kurfürsten von Mainz mitmachte;
kaum ist sie aber mit meiner Großmutter hinein getreten, so
stürzt Frau von Guttenhofen auf sie zu, und sagt: Wissen

bar, unſerm Könige, zu zeigen, wie wohl ſie den hohen Bräu-
ten befreundet ſei. Sie beſaß nämlich eine ſchöne Doſe mit
der Brillant-Chiffre des Herzogs von Mecklenburg zum An-
denken für die ſo ſehr freundliche Aufnahme ſeiner Kinder.
Und ſo gab die Herzogin die Worte wieder, mit denen Frau
Goethe ihr die Sache nachher ſelbſt erzählt hat: „Ich nehme
meine Doſe, geh’ in’s Theater, ſtelle ſie mit draufdrückender
Hand — feſt auf den Logenrand; der König ſieht nichts.
Ich nehme eine Priſe, ſetze die Doſe näher an den König,
und ſehe ihn an; er ſieht nicht auf die Doſe hin, er hat mehr
dergleichen geſehen! Ich nehme ſie abermals, ſetze ſie noch
näher, und ſehe wieder den König an: endlich blickt er auf
die Doſe, und wie er ſie geſehen hat, ſagt er ganz gütig:
„Ei! Madame Goethe, was haben Sie da für eine ſchöne
Doſe!“ Ja, Ihro Majeſtät, antworte ich, die hab’ ich auch
von meinen Prinzeſſinnen von Mecklenburg!“ Und ſo mußte
der König ihre Freude wiſſen, und die Sache war gelungen.
Herz hilft zu allem. —

Aber eine viel komiſchere Geſchichte fiel vor mit Frau
von Guttenhofen, gebornen Gräfin Hatzfeldt, berühmten Schön-
heit am Mainzer Hofe, wobei Frau Goethe auch wieder kräftig
auftritt. Als unſre Königin fünfzehn Jahr alt war, ſo wurde
wohl ſie, aber noch nicht die Herzogin, manchmal von der
Großmutter in Geſellſchaft mitgenommen: „Und ſo geſchah
es einmal, erzählte die Herzogin, daß meine Schweſter einen
Beſuch beim damaligen Kurfürſten von Mainz mitmachte;
kaum iſt ſie aber mit meiner Großmutter hinein getreten, ſo
ſtürzt Frau von Guttenhofen auf ſie zu, und ſagt: Wiſſen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0078" n="70"/>
bar, un&#x017F;erm Könige, zu zeigen, wie wohl &#x017F;ie den hohen Bräu-<lb/>
ten befreundet &#x017F;ei. Sie be&#x017F;aß nämlich eine &#x017F;chöne Do&#x017F;e mit<lb/>
der Brillant-Chiffre des Herzogs von Mecklenburg zum An-<lb/>
denken für die &#x017F;o &#x017F;ehr freundliche Aufnahme &#x017F;einer Kinder.<lb/>
Und &#x017F;o gab die Herzogin die Worte wieder, mit denen Frau<lb/>
Goethe ihr die Sache nachher &#x017F;elb&#x017F;t erzählt hat: &#x201E;Ich nehme<lb/>
meine Do&#x017F;e, geh&#x2019; in&#x2019;s Theater, &#x017F;telle &#x017F;ie mit draufdrückender<lb/>
Hand &#x2014; fe&#x017F;t auf den Logenrand; der König &#x017F;ieht nichts.<lb/>
Ich nehme eine Pri&#x017F;e, &#x017F;etze die Do&#x017F;e näher an den König,<lb/>
und &#x017F;ehe ihn an; er &#x017F;ieht nicht auf die Do&#x017F;e hin, er hat mehr<lb/>
dergleichen ge&#x017F;ehen! Ich nehme &#x017F;ie abermals, &#x017F;etze &#x017F;ie noch<lb/>
näher, und &#x017F;ehe wieder den König an: endlich blickt er auf<lb/>
die Do&#x017F;e, und wie er &#x017F;ie ge&#x017F;ehen hat, &#x017F;agt er ganz gütig:<lb/>
&#x201E;Ei! Madame Goethe, was haben Sie da für eine &#x017F;chöne<lb/>
Do&#x017F;e!&#x201C; Ja, Ihro Maje&#x017F;tät, antworte ich, die hab&#x2019; ich auch<lb/>
von <hi rendition="#g">meinen</hi> Prinze&#x017F;&#x017F;innen von Mecklenburg!&#x201C; Und &#x017F;o mußte<lb/>
der König ihre Freude wi&#x017F;&#x017F;en, und die Sache war gelungen.<lb/>
Herz hilft zu allem. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Aber eine viel komi&#x017F;chere Ge&#x017F;chichte fiel vor mit Frau<lb/>
von Guttenhofen, gebornen Gräfin Hatzfeldt, berühmten Schön-<lb/>
heit am Mainzer Hofe, wobei Frau Goethe auch wieder kräftig<lb/>
auftritt. Als un&#x017F;re Königin fünfzehn Jahr alt war, &#x017F;o wurde<lb/>
wohl &#x017F;ie, aber noch nicht die Herzogin, manchmal von der<lb/>
Großmutter in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft mitgenommen: &#x201E;Und &#x017F;o ge&#x017F;chah<lb/>
es einmal, erzählte die Herzogin, daß meine Schwe&#x017F;ter einen<lb/>
Be&#x017F;uch beim damaligen Kurfür&#x017F;ten von Mainz mitmachte;<lb/>
kaum i&#x017F;t &#x017F;ie aber mit meiner Großmutter hinein getreten, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;türzt Frau von Guttenhofen auf &#x017F;ie zu, und &#x017F;agt: Wi&#x017F;&#x017F;en<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0078] bar, unſerm Könige, zu zeigen, wie wohl ſie den hohen Bräu- ten befreundet ſei. Sie beſaß nämlich eine ſchöne Doſe mit der Brillant-Chiffre des Herzogs von Mecklenburg zum An- denken für die ſo ſehr freundliche Aufnahme ſeiner Kinder. Und ſo gab die Herzogin die Worte wieder, mit denen Frau Goethe ihr die Sache nachher ſelbſt erzählt hat: „Ich nehme meine Doſe, geh’ in’s Theater, ſtelle ſie mit draufdrückender Hand — feſt auf den Logenrand; der König ſieht nichts. Ich nehme eine Priſe, ſetze die Doſe näher an den König, und ſehe ihn an; er ſieht nicht auf die Doſe hin, er hat mehr dergleichen geſehen! Ich nehme ſie abermals, ſetze ſie noch näher, und ſehe wieder den König an: endlich blickt er auf die Doſe, und wie er ſie geſehen hat, ſagt er ganz gütig: „Ei! Madame Goethe, was haben Sie da für eine ſchöne Doſe!“ Ja, Ihro Majeſtät, antworte ich, die hab’ ich auch von meinen Prinzeſſinnen von Mecklenburg!“ Und ſo mußte der König ihre Freude wiſſen, und die Sache war gelungen. Herz hilft zu allem. — Aber eine viel komiſchere Geſchichte fiel vor mit Frau von Guttenhofen, gebornen Gräfin Hatzfeldt, berühmten Schön- heit am Mainzer Hofe, wobei Frau Goethe auch wieder kräftig auftritt. Als unſre Königin fünfzehn Jahr alt war, ſo wurde wohl ſie, aber noch nicht die Herzogin, manchmal von der Großmutter in Geſellſchaft mitgenommen: „Und ſo geſchah es einmal, erzählte die Herzogin, daß meine Schweſter einen Beſuch beim damaligen Kurfürſten von Mainz mitmachte; kaum iſt ſie aber mit meiner Großmutter hinein getreten, ſo ſtürzt Frau von Guttenhofen auf ſie zu, und ſagt: Wiſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/78
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/78>, abgerufen am 25.11.2024.