"Il est assez puni celui qui est coupable: souffrir, c'est etre innocent." So unendlich wichtig mir dieser Spruch ist, so vergaß ich ihn doch immer und Robert mußte mir ihn immer sagen und schreiben. Nun ist er todt; der Spruch ist mir zum Glück eingefallen, und da will ich ihn zum zehnten- male niederschreiben: nun gilt er für Robert und mich. -- Tod. Fremder Tod. Noch fremder als das Leben. Lauter Wun- der; nicht ein paar Wunder. -- Aber eine Zeile fehlt hier aus dem Spruch: ich werde ihn wohl in einem anderen Buch noch wieder finden. Sonntag Morgen, höchster Nebel, am 9. December 1832.
["Il est assez puni par le sort rigoureux, Et e'est etre innocent que d'etre malheureux."]
An Frau Stadträthin Mendelssohn-Bartholdy.
Montag, den 24. December 1832.
Erlauben Sie, liebe Freundin, daß ich den hohen Ge- [b]urtstag heute, auch als den Ihrigen feiere! und mit einem [ - 1 Zeichen fehlt]einen Angebinde Ihnen alle Erdenfreuden anwünschen darf! [ - 1 Zeichen fehlt]esund, wie diese Stämmchen, seien Sie immer, und nur freudig-Erblühendes begegne Ihrem Auge immerhin, den De- cember durch, bis zum künftigen! Ihren Datums-Geburts- tag habe ich versäumt: verzeihen Sie das einer Person, die keinen Geburtstag haben durfte; nämlich unter einem Vater lebte, der so streng dies nicht litt, daß wir nicht einmal das Datum von den unsern wußten. Ich weiß noch immer nicht
„Il est assez puni celui qui est coupable: souffrir, c’est être innocent.” So unendlich wichtig mir dieſer Spruch iſt, ſo vergaß ich ihn doch immer und Robert mußte mir ihn immer ſagen und ſchreiben. Nun iſt er todt; der Spruch iſt mir zum Glück eingefallen, und da will ich ihn zum zehnten- male niederſchreiben: nun gilt er für Robert und mich. — Tod. Fremder Tod. Noch fremder als das Leben. Lauter Wun- der; nicht ein paar Wunder. — Aber eine Zeile fehlt hier aus dem Spruch: ich werde ihn wohl in einem anderen Buch noch wieder finden. Sonntag Morgen, höchſter Nebel, am 9. December 1832.
[„Il est assez puni par le sort rigoureux, Et e’est être innocent que d’ètre malheureux.“]
An Frau Stadträthin Mendelsſohn-Bartholdy.
Montag, den 24. December 1832.
Erlauben Sie, liebe Freundin, daß ich den hohen Ge- [b]urtstag heute, auch als den Ihrigen feiere! und mit einem [ – 1 Zeichen fehlt]einen Angebinde Ihnen alle Erdenfreuden anwünſchen darf! [ – 1 Zeichen fehlt]eſund, wie dieſe Stämmchen, ſeien Sie immer, und nur freudig-Erblühendes begegne Ihrem Auge immerhin, den De- cember durch, bis zum künftigen! Ihren Datums-Geburts- tag habe ich verſäumt: verzeihen Sie das einer Perſon, die keinen Geburtstag haben durfte; nämlich unter einem Vater lebte, der ſo ſtreng dies nicht litt, daß wir nicht einmal das Datum von den unſern wußten. Ich weiß noch immer nicht
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„Il est assez puni celui qui est coupable: souffrir, c’est
être innocent.” So unendlich wichtig mir dieſer Spruch iſt,
ſo vergaß ich ihn doch immer und Robert mußte mir ihn
immer ſagen und ſchreiben. Nun iſt er todt; der Spruch iſt
mir zum Glück eingefallen, und da will ich ihn zum zehnten-
male niederſchreiben: nun gilt er für Robert und mich. — Tod.
Fremder Tod. Noch fremder als das Leben. Lauter Wun-
der; nicht ein paar Wunder. — Aber eine Zeile fehlt hier
aus dem Spruch: ich werde ihn wohl in einem anderen Buch
noch wieder finden. Sonntag Morgen, höchſter Nebel, am
9. December 1832.
[„Il est assez puni par le sort rigoureux,
Et e’est être innocent que d’ètre malheureux.“]
An Frau Stadträthin Mendelsſohn-Bartholdy.
Montag, den 24. December 1832.
Erlauben Sie, liebe Freundin, daß ich den hohen Ge-
burtstag heute, auch als den Ihrigen feiere! und mit einem
_einen Angebinde Ihnen alle Erdenfreuden anwünſchen darf!
_eſund, wie dieſe Stämmchen, ſeien Sie immer, und nur
freudig-Erblühendes begegne Ihrem Auge immerhin, den De-
cember durch, bis zum künftigen! Ihren Datums-Geburts-
tag habe ich verſäumt: verzeihen Sie das einer Perſon, die
keinen Geburtstag haben durfte; nämlich unter einem Vater
lebte, der ſo ſtreng dies nicht litt, daß wir nicht einmal das
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/597>, abgerufen am 23.11.2024.
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