nere hervorlassen. Wie wenig wird ächt gesehn und gedacht. Adieu. Gesundheit und heitre Tage. --
An Gentz, in Wien.
Sonntag Morgen 8 Uhr, den 3. Oktober 1830.
Das schönste Sonn- und Mondwetter.
Der Himmel hat Sie gesegnet, sah ich völlig ein, als Fluthen von Segen aus meinem Herzen für Sie strömten, nachdem ich Ihren paradiesischen Brief eben gelesen noch in Händen hielt. Ich fühle eine ewige Fortdauer, köstlicher rei- ner Freund, in dieser Übereinstimmung: die ist tiefer gegrün- det, bezieht sich auf Höheres, Unerschütterlicheres, als auf die- sen Weltwirrwarr -- im höheren Sinne dieses Wort! -- keine unserer Strebungen sind hier rein; das heißt, können unmit- telbar sein; als die freie, von uns selbst nicht zu bändigende Liebe, zu Gegenständen, die sie in's Leben zu reizen vermö- gen. Dieses Leben des Herzens ist allein wahr, reell. Das wußt' ich, als ich ein Kind war, ein wirkliches Kind dem Al- ter nach: und, Triumph! ich weiß es noch. Höchster Triumph! -- Triumph ist nicht Sieg; Triumph ist Glück -- mein bester Freund weiß das nun auch; bestätigt's sich und mir, durch glückliches Erleben.
Gutbestellte Herzen können immer verliebt sein, wollen es immer sein. Nur richtige Gegenstände dazu finden sie selten: daher das Liebesunglück all. Auch ist das Herz aus einem andern Dasein, und für ein anderes: und schafft sich auch in seinem Dunkel immer ein anderes; wie ursprünglich ein jeder
nere hervorlaſſen. Wie wenig wird ächt geſehn und gedacht. Adieu. Geſundheit und heitre Tage. —
An Gentz, in Wien.
Sonntag Morgen 8 Uhr, den 3. Oktober 1830.
Das ſchönſte Sonn- und Mondwetter.
Der Himmel hat Sie geſegnet, ſah ich völlig ein, als Fluthen von Segen aus meinem Herzen für Sie ſtrömten, nachdem ich Ihren paradieſiſchen Brief eben geleſen noch in Händen hielt. Ich fühle eine ewige Fortdauer, köſtlicher rei- ner Freund, in dieſer Übereinſtimmung: die iſt tiefer gegrün- det, bezieht ſich auf Höheres, Unerſchütterlicheres, als auf die- ſen Weltwirrwarr — im höheren Sinne dieſes Wort! — keine unſerer Strebungen ſind hier rein; das heißt, können unmit- telbar ſein; als die freie, von uns ſelbſt nicht zu bändigende Liebe, zu Gegenſtänden, die ſie in’s Leben zu reizen vermö- gen. Dieſes Leben des Herzens iſt allein wahr, reell. Das wußt’ ich, als ich ein Kind war, ein wirkliches Kind dem Al- ter nach: und, Triumph! ich weiß es noch. Höchſter Triumph! — Triumph iſt nicht Sieg; Triumph iſt Glück — mein beſter Freund weiß das nun auch; beſtätigt’s ſich und mir, durch glückliches Erleben.
Gutbeſtellte Herzen können immer verliebt ſein, wollen es immer ſein. Nur richtige Gegenſtände dazu finden ſie ſelten: daher das Liebesunglück all. Auch iſt das Herz aus einem andern Daſein, und für ein anderes: und ſchafft ſich auch in ſeinem Dunkel immer ein anderes; wie urſprünglich ein jeder
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nere hervorlaſſen. Wie wenig wird ächt geſehn und gedacht.
Adieu. Geſundheit und heitre Tage. —
An Gentz, in Wien.
Sonntag Morgen 8 Uhr, den 3. Oktober 1830.
Das ſchönſte Sonn- und Mondwetter.
Der Himmel hat Sie geſegnet, ſah ich völlig ein, als
Fluthen von Segen aus meinem Herzen für Sie ſtrömten,
nachdem ich Ihren paradieſiſchen Brief eben geleſen noch in
Händen hielt. Ich fühle eine ewige Fortdauer, köſtlicher rei-
ner Freund, in dieſer Übereinſtimmung: die iſt tiefer gegrün-
det, bezieht ſich auf Höheres, Unerſchütterlicheres, als auf die-
ſen Weltwirrwarr — im höheren Sinne dieſes Wort! — keine
unſerer Strebungen ſind hier rein; das heißt, können unmit-
telbar ſein; als die freie, von uns ſelbſt nicht zu bändigende
Liebe, zu Gegenſtänden, die ſie in’s Leben zu reizen vermö-
gen. Dieſes Leben des Herzens iſt allein wahr, reell. Das
wußt’ ich, als ich ein Kind war, ein wirkliches Kind dem Al-
ter nach: und, Triumph! ich weiß es noch. Höchſter Triumph!
— Triumph iſt nicht Sieg; Triumph iſt Glück — mein beſter
Freund weiß das nun auch; beſtätigt’s ſich und mir, durch
glückliches Erleben.
Gutbeſtellte Herzen können immer verliebt ſein, wollen es
immer ſein. Nur richtige Gegenſtände dazu finden ſie ſelten:
daher das Liebesunglück all. Auch iſt das Herz aus einem
andern Daſein, und für ein anderes: und ſchafft ſich auch in
ſeinem Dunkel immer ein anderes; wie urſprünglich ein jeder
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/454>, abgerufen am 27.11.2024.
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