hervorzubringen vermag, erfahren und genossen. Von Arzt, Mann, und Geschwister, und Domestiken. Das balsamte mein Herz: und half mich ganz gewiß retten. Von der Ach- tung, die ich von der Stadt genoß, wäre fast lächerlich zu sprechen: ich höchst befremdet: denn wahrlich, und du wirst es glauben; ich hielt mich zeitlebens für Rahel; und sonst nichts. Ohne alle Gestalt und Physionomie für mich. Die Andern aber empfanden, daß sie die Gute, Neidlose, Theil- nehmende, verlieren sollten; und reiche Interessen, Inter- esse's, strömten mir zu! Und nun du meine theure Rosenschwe- ster! Sei ganz ruhig: so gut es einem Menschen gehen kann, geht es mir. Könnten wir uns nur sehen! da wir doch in verschiedenen Ländern leben. Eine Sommerwohnung -- ich wollte sie -- kann ich für un argent fou, welches ich gern ge- ben wollte, wie ich sie für meine Bedürfnisse, und Varnh. Verhältnisse brauche, nicht erlangen: ich sitze also in schloß- artigen Zimmern in einem bequemen Quartier, -- die Hinter- fenster auf Nachbargärten, wie in einem Forsthaus Luft und Geruch; -- und konvaleszire. Später will ich irgend wohin reisen: könntest du mir irgendwo Rendezvous geben, in Ba- den-Baden? Frankfurt am Main? oder nenne einen Ort. Nicht Aachen; ennuyant; theuer. Doch lasse dich den Vor- schlag nicht ängstigen: er ist nur so in's Blaue hinein gemacht: d. g. geht nicht. Ohne die größten Revenüen: und ich wundre mich todt, daß ich meine habe. Dein schönes Haus, theures Kind, freut mich! hast du eine Idee von Garten dabei? Fährst du oft? ich jetzt täglich: und schon sehr viel vor dem letzten Ausbruch. Je ne vis point du tout pour la montre. Alles
hervorzubringen vermag, erfahren und genoſſen. Von Arzt, Mann, und Geſchwiſter, und Domeſtiken. Das balſamte mein Herz: und half mich ganz gewiß retten. Von der Ach- tung, die ich von der Stadt genoß, wäre faſt lächerlich zu ſprechen: ich höchſt befremdet: denn wahrlich, und du wirſt es glauben; ich hielt mich zeitlebens für Rahel; und ſonſt nichts. Ohne alle Geſtalt und Phyſionomie für mich. Die Andern aber empfanden, daß ſie die Gute, Neidloſe, Theil- nehmende, verlieren ſollten; und reiche Intereſſen, Inter- eſſe’s, ſtrömten mir zu! Und nun du meine theure Roſenſchwe- ſter! Sei ganz ruhig: ſo gut es einem Menſchen gehen kann, geht es mir. Könnten wir uns nur ſehen! da wir doch in verſchiedenen Ländern leben. Eine Sommerwohnung — ich wollte ſie — kann ich für un argent fou, welches ich gern ge- ben wollte, wie ich ſie für meine Bedürfniſſe, und Varnh. Verhältniſſe brauche, nicht erlangen: ich ſitze alſo in ſchloß- artigen Zimmern in einem bequemen Quartier, — die Hinter- fenſter auf Nachbargärten, wie in einem Forſthaus Luft und Geruch; — und konvaleszire. Später will ich irgend wohin reiſen: könnteſt du mir irgendwo Rendezvous geben, in Ba- den-Baden? Frankfurt am Main? oder nenne einen Ort. Nicht Aachen; ennuyant; theuer. Doch laſſe dich den Vor- ſchlag nicht ängſtigen: er iſt nur ſo in’s Blaue hinein gemacht: d. g. geht nicht. Ohne die größten Revenüen: und ich wundre mich todt, daß ich meine habe. Dein ſchönes Haus, theures Kind, freut mich! haſt du eine Idee von Garten dabei? Fährſt du oft? ich jetzt täglich: und ſchon ſehr viel vor dem letzten Ausbruch. Je ne vis point du tout pour la montre. Alles
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hervorzubringen vermag, erfahren und genoſſen. Von Arzt,
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mein Herz: und half mich ganz gewiß retten. Von der Ach-
tung, die ich von der Stadt genoß, wäre faſt lächerlich zu
ſprechen: ich höchſt befremdet: denn wahrlich, und du wirſt
es glauben; ich hielt mich zeitlebens für Rahel; und ſonſt
nichts. Ohne alle Geſtalt und Phyſionomie für mich. Die
Andern aber empfanden, daß ſie die Gute, Neidloſe, Theil-
nehmende, verlieren ſollten; und reiche Intereſſen, Inter-
eſſe’s, ſtrömten mir zu! Und nun du meine theure Roſenſchwe-
ſter! Sei ganz ruhig: ſo gut es einem Menſchen gehen
kann, geht es mir. Könnten wir uns nur ſehen! da wir doch
in verſchiedenen Ländern leben. Eine Sommerwohnung — ich
wollte ſie — kann ich für un argent fou, welches ich gern ge-
ben wollte, wie ich ſie für meine Bedürfniſſe, und Varnh.
Verhältniſſe brauche, nicht erlangen: ich ſitze alſo in ſchloß-
artigen Zimmern in einem bequemen Quartier, — die Hinter-
fenſter auf Nachbargärten, wie in einem Forſthaus Luft und
Geruch; — und konvaleszire. Später will ich irgend wohin
reiſen: könnteſt du mir irgendwo Rendezvous geben, in Ba-
den-Baden? Frankfurt am Main? oder nenne einen Ort.
Nicht Aachen; ennuyant; theuer. Doch laſſe dich den Vor-
ſchlag nicht ängſtigen: er iſt nur ſo in’s Blaue hinein gemacht:
d. g. geht nicht. Ohne die größten Revenüen: und ich wundre
mich todt, daß ich meine habe. Dein ſchönes Haus, theures
Kind, freut mich! haſt du eine Idee von Garten dabei? Fährſt
du oft? ich jetzt täglich: und ſchon ſehr viel vor dem letzten
Ausbruch. Je ne vis point du tout pour la montre. Alles
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/397>, abgerufen am 22.12.2024.
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