gesehn; und ich versichere Ihnen, es ist still, und ruhig darin: ich bin es eben, die allen Trouble übernimmt; und die die ewige Ordnung darin macht; und daher nicht hat. Lassen Sie sich nicht abschrecken! Meine Nichte freut sich noch, zehn Tage in einem kleinen Häuschen in Baden bei mir gewohnt zu ha- ben; bloß, weil es so ruhig, und behaglich war, so bequem, und amüsant. Ich rühme mich, als ob ich ein Gastwirth wäre: ich will es gerne sein. "Sie sind wirklich klug genug" etc. Zum Exempel! Varnhagen sitzt jetzt in einer Ruhe, und ar- beitet, wie Friedrich der Zweite auf Sanssouci. Und so wer- den Sie sitzen. In einem geräumigen Zimmer, wo keine Klin- gel zu hören ist. (Bei mir war während diesem Brief: Herr Passalacqua, dann ein Schneider, dem ich Kinderkleider be- zahlte: ein Billet um Bücher von der Gener. von Hünerbein: verschiedentlich meine Jungfer, ich soll ausgehn; will sie:)
Mittwoch, den 19. März, Mittags 12 Uhr.
Graues Windwetter.
Ist es glaublich, daß dieser Brief liegen blieb! Ich mag Ihnen nicht erzählen, -- es wären nur Variazionen auf das Thema, welches schon nicht hier stehn sollte: Sie sollen nur wissen, daß eben jetzt mein Nichtchen bei mir steht und spricht: aber mit Gewalt will ich diesen Brief, von dem Varnhagen nichts weiß -- er ist im russischen Bad -- endigen, damit er Ihnen zukomme, roh wie er ist. Ja, roh. Ich selbst könnte ihn tausendmal besser machen. Auch soll Varnh. ihn nicht zu Gesichte bekommen. Gestern erhielten wir einen Brief von Ranke aus Wien; ziemlich geschäftlich -- er will nach Italien, vielleicht ist es noch ein Geheimniß, und könnte nur zu sei-
geſehn; und ich verſichere Ihnen, es iſt ſtill, und ruhig darin: ich bin es eben, die allen Trouble übernimmt; und die die ewige Ordnung darin macht; und daher nicht hat. Laſſen Sie ſich nicht abſchrecken! Meine Nichte freut ſich noch, zehn Tage in einem kleinen Häuschen in Baden bei mir gewohnt zu ha- ben; bloß, weil es ſo ruhig, und behaglich war, ſo bequem, und amüſant. Ich rühme mich, als ob ich ein Gaſtwirth wäre: ich will es gerne ſein. „Sie ſind wirklich klug genug“ ꝛc. Zum Exempel! Varnhagen ſitzt jetzt in einer Ruhe, und ar- beitet, wie Friedrich der Zweite auf Sansſouci. Und ſo wer- den Sie ſitzen. In einem geräumigen Zimmer, wo keine Klin- gel zu hören iſt. (Bei mir war während dieſem Brief: Herr Paſſalacqua, dann ein Schneider, dem ich Kinderkleider be- zahlte: ein Billet um Bücher von der Gener. von Hünerbein: verſchiedentlich meine Jungfer, ich ſoll ausgehn; will ſie:)
Mittwoch, den 19. März, Mittags 12 Uhr.
Graues Windwetter.
Iſt es glaublich, daß dieſer Brief liegen blieb! Ich mag Ihnen nicht erzählen, — es wären nur Variazionen auf das Thema, welches ſchon nicht hier ſtehn ſollte: Sie ſollen nur wiſſen, daß eben jetzt mein Nichtchen bei mir ſteht und ſpricht: aber mit Gewalt will ich dieſen Brief, von dem Varnhagen nichts weiß — er iſt im ruſſiſchen Bad — endigen, damit er Ihnen zukomme, roh wie er iſt. Ja, roh. Ich ſelbſt könnte ihn tauſendmal beſſer machen. Auch ſoll Varnh. ihn nicht zu Geſichte bekommen. Geſtern erhielten wir einen Brief von Ranke aus Wien; ziemlich geſchäftlich — er will nach Italien, vielleicht iſt es noch ein Geheimniß, und könnte nur zu ſei-
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geſehn; und ich verſichere Ihnen, es iſt ſtill, und ruhig darin:
ich bin es eben, die allen Trouble übernimmt; und die die
ewige Ordnung darin macht; und daher nicht hat. Laſſen Sie
ſich nicht abſchrecken! Meine Nichte freut ſich noch, zehn Tage
in einem kleinen Häuschen in Baden bei mir gewohnt zu ha-
ben; bloß, weil es ſo ruhig, und behaglich war, ſo bequem,
und amüſant. Ich rühme mich, als ob ich ein Gaſtwirth
wäre: ich will es gerne ſein. „Sie ſind wirklich klug genug“ ꝛc.
Zum Exempel! Varnhagen ſitzt jetzt in einer Ruhe, und ar-
beitet, wie Friedrich der Zweite auf Sansſouci. Und ſo wer-
den Sie ſitzen. In einem geräumigen Zimmer, wo keine Klin-
gel zu hören iſt. (Bei mir war während dieſem Brief: Herr
Paſſalacqua, dann ein Schneider, dem ich Kinderkleider be-
zahlte: ein Billet um Bücher von der Gener. von Hünerbein:
verſchiedentlich meine Jungfer, ich ſoll ausgehn; will ſie:)
Mittwoch, den 19. März, Mittags 12 Uhr.
Graues Windwetter.
Iſt es glaublich, daß dieſer Brief liegen blieb! Ich mag
Ihnen nicht erzählen, — es wären nur Variazionen auf das
Thema, welches ſchon nicht hier ſtehn ſollte: Sie ſollen nur
wiſſen, daß eben jetzt mein Nichtchen bei mir ſteht und ſpricht:
aber mit Gewalt will ich dieſen Brief, von dem Varnhagen
nichts weiß — er iſt im ruſſiſchen Bad — endigen, damit er
Ihnen zukomme, roh wie er iſt. Ja, roh. Ich ſelbſt könnte
ihn tauſendmal beſſer machen. Auch ſoll Varnh. ihn nicht zu
Geſichte bekommen. Geſtern erhielten wir einen Brief von
Ranke aus Wien; ziemlich geſchäftlich — er will nach Italien,
vielleicht iſt es noch ein Geheimniß, und könnte nur zu ſei-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/335>, abgerufen am 31.10.2024.
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