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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

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Bewußtseins, daß wir nun eine ganze Masse sich folgender
Schmerzen und Entbehrungen, zu tragen, zu leiden haben
werden: wir können bei dem ersten Erfahren, daß dies jetzt
unvermeidlich sein wird, nicht Einmal auffassen, was dies nun
im Einzelnen enthalten wird; nach und nach, in Tag und Stunde
stellt sich jedes Übel, jedes Entbehren, Vermissen, jede Lücke,
Leere, jeder Verlust, als eben so viele persönliche Feinde ein,
die uns martern, verspotten, unserer nicht achten, -- das thut
das Unglück, -- uns aushungern, vernichten, zerstören, und
wahrlich tödten; Leben abnehmen. Wer kann dies alles zu
Anfang eines Unglücks ermessen! Den Schlag des Donner-
steins fühlt man; nicht aber alle sichere Folgen der Zerstörung.




Es existirt ein großes Defizit. Wir sind abgeschnitten,
und leiden Mangel. Und dieser Mangel drückt sich im irdi-
schen Bedarf und Besitz noch Einmal aus. Es ist nicht ge-
nug vorhanden für unsre Bedürfnisse: langsam schaffen wir
es erst uns selbst, durch Anwendung des Gegebenen. Wir
handeln sogar -- möchte man sagen -- mit Raum und Zeit:
die Aufgabe eines Staats, sagt Fichte daher, ist die, den Bür-
gern Muße zu verschaffen. -- Im Denken nur sind wir schon
von einander unabhängig; es kann Einer so viel denken, als
nur immer möglich, ohne den Andern dadurch daran zu hindern.
In allem übrigen aber muß Einer für den Andern leiden;
Einer so viel als der Andere. Darein willigen, ist in's Ganze
willigen und einstimmen; das Leiden mindern; welches aus
Mangel besteht. So können wir uns physische, und andere

Bewußtſeins, daß wir nun eine ganze Maſſe ſich folgender
Schmerzen und Entbehrungen, zu tragen, zu leiden haben
werden: wir können bei dem erſten Erfahren, daß dies jetzt
unvermeidlich ſein wird, nicht Einmal auffaſſen, was dies nun
im Einzelnen enthalten wird; nach und nach, in Tag und Stunde
ſtellt ſich jedes Übel, jedes Entbehren, Vermiſſen, jede Lücke,
Leere, jeder Verluſt, als eben ſo viele perſönliche Feinde ein,
die uns martern, verſpotten, unſerer nicht achten, — das thut
das Unglück, — uns aushungern, vernichten, zerſtören, und
wahrlich tödten; Leben abnehmen. Wer kann dies alles zu
Anfang eines Unglücks ermeſſen! Den Schlag des Donner-
ſteins fühlt man; nicht aber alle ſichere Folgen der Zerſtörung.




Es exiſtirt ein großes Defizit. Wir ſind abgeſchnitten,
und leiden Mangel. Und dieſer Mangel drückt ſich im irdi-
ſchen Bedarf und Beſitz noch Einmal aus. Es iſt nicht ge-
nug vorhanden für unſre Bedürfniſſe: langſam ſchaffen wir
es erſt uns ſelbſt, durch Anwendung des Gegebenen. Wir
handeln ſogar — möchte man ſagen — mit Raum und Zeit:
die Aufgabe eines Staats, ſagt Fichte daher, iſt die, den Bür-
gern Muße zu verſchaffen. — Im Denken nur ſind wir ſchon
von einander unabhängig; es kann Einer ſo viel denken, als
nur immer möglich, ohne den Andern dadurch daran zu hindern.
In allem übrigen aber muß Einer für den Andern leiden;
Einer ſo viel als der Andere. Darein willigen, iſt in’s Ganze
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[267/0275] Bewußtſeins, daß wir nun eine ganze Maſſe ſich folgender Schmerzen und Entbehrungen, zu tragen, zu leiden haben werden: wir können bei dem erſten Erfahren, daß dies jetzt unvermeidlich ſein wird, nicht Einmal auffaſſen, was dies nun im Einzelnen enthalten wird; nach und nach, in Tag und Stunde ſtellt ſich jedes Übel, jedes Entbehren, Vermiſſen, jede Lücke, Leere, jeder Verluſt, als eben ſo viele perſönliche Feinde ein, die uns martern, verſpotten, unſerer nicht achten, — das thut das Unglück, — uns aushungern, vernichten, zerſtören, und wahrlich tödten; Leben abnehmen. Wer kann dies alles zu Anfang eines Unglücks ermeſſen! Den Schlag des Donner- ſteins fühlt man; nicht aber alle ſichere Folgen der Zerſtörung. Berlin, 1827. Es exiſtirt ein großes Defizit. Wir ſind abgeſchnitten, und leiden Mangel. Und dieſer Mangel drückt ſich im irdi- ſchen Bedarf und Beſitz noch Einmal aus. Es iſt nicht ge- nug vorhanden für unſre Bedürfniſſe: langſam ſchaffen wir es erſt uns ſelbſt, durch Anwendung des Gegebenen. Wir handeln ſogar — möchte man ſagen — mit Raum und Zeit: die Aufgabe eines Staats, ſagt Fichte daher, iſt die, den Bür- gern Muße zu verſchaffen. — Im Denken nur ſind wir ſchon von einander unabhängig; es kann Einer ſo viel denken, als nur immer möglich, ohne den Andern dadurch daran zu hindern. In allem übrigen aber muß Einer für den Andern leiden; Einer ſo viel als der Andere. Darein willigen, iſt in’s Ganze willigen und einſtimmen; das Leiden mindern; welches aus Mangel beſteht. So können wir uns phyſiſche, und andere

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/275>, abgerufen am 22.11.2024.