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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

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ßert. Es wäre sehr heilsam gewesen: wenn man auch sagen
kann, es war ein Weg, den die Nation gehen mußte; sie
wäre auch einen andern gegangen; und von dem hätte man
eben so gesagt; und mir scheint, er wäre ein richtigerer gewe-
sen, und warum sollte der nicht auch ein ergiebiger sein? --



Ich las in einem aufgeschlagenen Werke: Gründe, aus
welchen der Untergang der Römer hergeleitet werden sollte.
Da fiel mir auf, was mir immer bei Ergründungen auffällt,
die nicht bis auf den Urgrund alles menschlichen Strebens
gehn: und mein Autor kam mir vor, als Einer, der Bewe-
gung erklären wollte, und nun sagte: "Der Herr schickt die
Bedienten; dadurch gehen sie."





Sprache ist die Mitte und Höhe alles Wunderbaren. He-
gel sagt: "Willst du leben, mußt du dienen; willst du frei
sein, mußt du sterben." Solche Worte lieb' ich, die ein In-
begriff sind: die ganze Gedankenfamilien enthalten; woraus
sich, was noch gesagt werden möchte, von selbst versteht; wo-
zu man alles gedacht und gelebt haben muß, was noch nach-
her gesagt werden kann. Und dabei ist mir eingefallen, daß
der, dem die wahre Kraft des Denkens oder Besinnens gege-
ben wäre, auf ein Wort zurückkommen müßte, welches alles
Wissen enthält, und alles erklären könnte. Dies ist gewiß
"das Wort" aus der Bibel, wovon so viel gesprochen wird!
-- Überhaupt -- kann auch jeder an sich selbst sehn -- wird

ßert. Es wäre ſehr heilſam geweſen: wenn man auch ſagen
kann, es war ein Weg, den die Nation gehen mußte; ſie
wäre auch einen andern gegangen; und von dem hätte man
eben ſo geſagt; und mir ſcheint, er wäre ein richtigerer gewe-
ſen, und warum ſollte der nicht auch ein ergiebiger ſein? —



Ich las in einem aufgeſchlagenen Werke: Gründe, aus
welchen der Untergang der Römer hergeleitet werden ſollte.
Da fiel mir auf, was mir immer bei Ergründungen auffällt,
die nicht bis auf den Urgrund alles menſchlichen Strebens
gehn: und mein Autor kam mir vor, als Einer, der Bewe-
gung erklären wollte, und nun ſagte: „Der Herr ſchickt die
Bedienten; dadurch gehen ſie.“





Sprache iſt die Mitte und Höhe alles Wunderbaren. He-
gel ſagt: „Willſt du leben, mußt du dienen; willſt du frei
ſein, mußt du ſterben.“ Solche Worte lieb’ ich, die ein In-
begriff ſind: die ganze Gedankenfamilien enthalten; woraus
ſich, was noch geſagt werden möchte, von ſelbſt verſteht; wo-
zu man alles gedacht und gelebt haben muß, was noch nach-
her geſagt werden kann. Und dabei iſt mir eingefallen, daß
der, dem die wahre Kraft des Denkens oder Beſinnens gege-
ben wäre, auf ein Wort zurückkommen müßte, welches alles
Wiſſen enthält, und alles erklären könnte. Dies iſt gewiß
„das Wort“ aus der Bibel, wovon ſo viel geſprochen wird!
— Überhaupt — kann auch jeder an ſich ſelbſt ſehn — wird

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[258/0266] ßert. Es wäre ſehr heilſam geweſen: wenn man auch ſagen kann, es war ein Weg, den die Nation gehen mußte; ſie wäre auch einen andern gegangen; und von dem hätte man eben ſo geſagt; und mir ſcheint, er wäre ein richtigerer gewe- ſen, und warum ſollte der nicht auch ein ergiebiger ſein? — Ich las in einem aufgeſchlagenen Werke: Gründe, aus welchen der Untergang der Römer hergeleitet werden ſollte. Da fiel mir auf, was mir immer bei Ergründungen auffällt, die nicht bis auf den Urgrund alles menſchlichen Strebens gehn: und mein Autor kam mir vor, als Einer, der Bewe- gung erklären wollte, und nun ſagte: „Der Herr ſchickt die Bedienten; dadurch gehen ſie.“ Winter, 1826. Montag, den 1. Januar 1827. Sprache iſt die Mitte und Höhe alles Wunderbaren. He- gel ſagt: „Willſt du leben, mußt du dienen; willſt du frei ſein, mußt du ſterben.“ Solche Worte lieb’ ich, die ein In- begriff ſind: die ganze Gedankenfamilien enthalten; woraus ſich, was noch geſagt werden möchte, von ſelbſt verſteht; wo- zu man alles gedacht und gelebt haben muß, was noch nach- her geſagt werden kann. Und dabei iſt mir eingefallen, daß der, dem die wahre Kraft des Denkens oder Beſinnens gege- ben wäre, auf ein Wort zurückkommen müßte, welches alles Wiſſen enthält, und alles erklären könnte. Dies iſt gewiß „das Wort“ aus der Bibel, wovon ſo viel geſprochen wird! — Überhaupt — kann auch jeder an ſich ſelbſt ſehn — wird

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/266>, abgerufen am 25.11.2024.