Farben; beschränkte Töne; beschränktere Antworten auf schon beschränkte Fragen, die sie sich selbst vorlegt, -- und doch ein schwaches Wissen eines klareren Seins, welches uns wie gleich- sam wieder aus dem Gehirn entfällt, -- daher Wunder; Wun- derbares; Voraussetzung aller Art; und die höchste: die eines absoluten Geistes, der Grund seines eigenen Daseins und Wirkens ist; welches wir selbst sind. --
Das ist keine Kleinigkeit, die wir erfahren werden! Probe davon ist: Bewußtsein, unabläugbares Bewußtsein haben; wie schon jetzt.
Logau:
"Alten Freund für neuen wandeln, Heißt für Früchte Blumen handeln."
Antwort:
Kein Andrer kann mein Thun ermessen; Ich liebe Riechen mehr als Essen.
Herbst, 1826.
1826.
Ich sag' es ja schon längst, daß mich bei weitem die mei- sten Geschichtschreiber rein ennuyiren; zu lesen sind fast nur kurze, ächte Chroniken, und schwatzhafte Memoiren. Solcher Mann in seinem Bücherzimmer hat sich nur mit dem bekannt gemacht, was diese enthalten: und was enthält denn am Ende ein Buch für den, der den Hergang des Geschehenen sich nur zusammen liest, und nicht sieht und hört, und das Drängen im Gedränge fühlen und sich abwehren mußte! Im Leben kommt wohl das vor, es ist wahr, was in den guten Bü-
Farben; beſchränkte Töne; beſchränktere Antworten auf ſchon beſchränkte Fragen, die ſie ſich ſelbſt vorlegt, — und doch ein ſchwaches Wiſſen eines klareren Seins, welches uns wie gleich- ſam wieder aus dem Gehirn entfällt, — daher Wunder; Wun- derbares; Vorausſetzung aller Art; und die höchſte: die eines abſoluten Geiſtes, der Grund ſeines eigenen Daſeins und Wirkens iſt; welches wir ſelbſt ſind. —
Das iſt keine Kleinigkeit, die wir erfahren werden! Probe davon iſt: Bewußtſein, unabläugbares Bewußtſein haben; wie ſchon jetzt.
Logau:
„Alten Freund für neuen wandeln, Heißt für Früchte Blumen handeln.“
Antwort:
Kein Andrer kann mein Thun ermeſſen; Ich liebe Riechen mehr als Eſſen.
Herbſt, 1826.
1826.
Ich ſag’ es ja ſchon längſt, daß mich bei weitem die mei- ſten Geſchichtſchreiber rein ennuyiren; zu leſen ſind faſt nur kurze, ächte Chroniken, und ſchwatzhafte Memoiren. Solcher Mann in ſeinem Bücherzimmer hat ſich nur mit dem bekannt gemacht, was dieſe enthalten: und was enthält denn am Ende ein Buch für den, der den Hergang des Geſchehenen ſich nur zuſammen lieſt, und nicht ſieht und hört, und das Drängen im Gedränge fühlen und ſich abwehren mußte! Im Leben kommt wohl das vor, es iſt wahr, was in den guten Bü-
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Farben; beſchränkte Töne; beſchränktere Antworten auf ſchon
beſchränkte Fragen, die ſie ſich ſelbſt vorlegt, — und doch ein
ſchwaches Wiſſen eines klareren Seins, welches uns wie gleich-
ſam wieder aus dem Gehirn entfällt, — daher Wunder; Wun-
derbares; Vorausſetzung aller Art; und die höchſte: die eines
abſoluten Geiſtes, der Grund ſeines eigenen Daſeins und
Wirkens iſt; welches wir ſelbſt ſind. —
Das iſt keine Kleinigkeit, die wir erfahren werden!
Probe davon iſt: Bewußtſein, unabläugbares Bewußtſein
haben; wie ſchon jetzt.
Logau:
„Alten Freund für neuen wandeln,
Heißt für Früchte Blumen handeln.“
Antwort:
Kein Andrer kann mein Thun ermeſſen;
Ich liebe Riechen mehr als Eſſen.
Herbſt, 1826.
1826.
Ich ſag’ es ja ſchon längſt, daß mich bei weitem die mei-
ſten Geſchichtſchreiber rein ennuyiren; zu leſen ſind faſt nur
kurze, ächte Chroniken, und ſchwatzhafte Memoiren. Solcher
Mann in ſeinem Bücherzimmer hat ſich nur mit dem bekannt
gemacht, was dieſe enthalten: und was enthält denn am Ende
ein Buch für den, der den Hergang des Geſchehenen ſich nur
zuſammen lieſt, und nicht ſieht und hört, und das Drängen
im Gedränge fühlen und ſich abwehren mußte! Im Leben
kommt wohl das vor, es iſt wahr, was in den guten Bü-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/257>, abgerufen am 22.11.2024.
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