und noch auf ihrem Bette lag. Gott wird Sie stärken: mit seiner ganzen Welt: mit der Welt in Ihnen. Ich umarme Sie mit weinenden Augen.
1826.
Niemand ist gnädig gegen uns, als Gott und unser Ge- wissen. Weil kein Anderer uns und die Weise, wie etwas in uns vorgeht, kennt. Auch wir lieben nur die, welche wir ken- nen; und müssen Alle lieben, die wir kennen. Gehässiges bleibt uns immer fremd; und Tadel und Haß sind nur eine gehässige Bemühung und Probe zur Liebe; die dem leidenden sowohl, als dem thätigen Gegenstand derselben wehe thun; darum können wir nicht zart und behutsam genug damit umgehen: und wir lügen nicht, wenn wir sie verbergen, und diese Versuche so zart anstellen, als der weise Arzt die Werkzeuge seiner Kunst gebraucht. Überhaupt thäten wir gut, einander als erst Ge- nesende zu behandeln, da wir ja Alle erst die völlige Gesund- heit des geistigen Lebens zu erstreben haben. Welches wir immer vergessen. --
Es giebt nur Verwunderung, aber keine Wunder. Alles, was endlich geschieht, muß geschehen können; also hört das Wunder auf mit dem Faktum selbst. --
Wer sich recht besinnt; still und ehrlich in sich; muß ge- wahr werden: Es sei mit dem Ursprung und dem Auftrag der Seele wie es immer will, ihr sind Gränzen zugemessen, in denen sie jetzt lebt. Es fehlen ihr mittenin Stücke heraus, aus ihren Fähigkeiten; wie herausgebrochen. Beschränkte
und noch auf ihrem Bette lag. Gott wird Sie ſtärken: mit ſeiner ganzen Welt: mit der Welt in Ihnen. Ich umarme Sie mit weinenden Augen.
1826.
Niemand iſt gnädig gegen uns, als Gott und unſer Ge- wiſſen. Weil kein Anderer uns und die Weiſe, wie etwas in uns vorgeht, kennt. Auch wir lieben nur die, welche wir ken- nen; und müſſen Alle lieben, die wir kennen. Gehäſſiges bleibt uns immer fremd; und Tadel und Haß ſind nur eine gehäſſige Bemühung und Probe zur Liebe; die dem leidenden ſowohl, als dem thätigen Gegenſtand derſelben wehe thun; darum können wir nicht zart und behutſam genug damit umgehen: und wir lügen nicht, wenn wir ſie verbergen, und dieſe Verſuche ſo zart anſtellen, als der weiſe Arzt die Werkzeuge ſeiner Kunſt gebraucht. Überhaupt thäten wir gut, einander als erſt Ge- neſende zu behandeln, da wir ja Alle erſt die völlige Geſund- heit des geiſtigen Lebens zu erſtreben haben. Welches wir immer vergeſſen. —
Es giebt nur Verwunderung, aber keine Wunder. Alles, was endlich geſchieht, muß geſchehen können; alſo hört das Wunder auf mit dem Faktum ſelbſt. —
Wer ſich recht beſinnt; ſtill und ehrlich in ſich; muß ge- wahr werden: Es ſei mit dem Urſprung und dem Auftrag der Seele wie es immer will, ihr ſind Gränzen zugemeſſen, in denen ſie jetzt lebt. Es fehlen ihr mittenin Stücke heraus, aus ihren Fähigkeiten; wie herausgebrochen. Beſchränkte
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und noch auf ihrem Bette lag. Gott wird Sie ſtärken: mit
ſeiner ganzen Welt: mit der Welt in Ihnen. Ich umarme
Sie mit weinenden Augen.
1826.
Niemand iſt gnädig gegen uns, als Gott und unſer Ge-
wiſſen. Weil kein Anderer uns und die Weiſe, wie etwas in
uns vorgeht, kennt. Auch wir lieben nur die, welche wir ken-
nen; und müſſen Alle lieben, die wir kennen. Gehäſſiges bleibt
uns immer fremd; und Tadel und Haß ſind nur eine gehäſſige
Bemühung und Probe zur Liebe; die dem leidenden ſowohl, als
dem thätigen Gegenſtand derſelben wehe thun; darum können
wir nicht zart und behutſam genug damit umgehen: und wir
lügen nicht, wenn wir ſie verbergen, und dieſe Verſuche ſo
zart anſtellen, als der weiſe Arzt die Werkzeuge ſeiner Kunſt
gebraucht. Überhaupt thäten wir gut, einander als erſt Ge-
neſende zu behandeln, da wir ja Alle erſt die völlige Geſund-
heit des geiſtigen Lebens zu erſtreben haben. Welches wir
immer vergeſſen. —
Es giebt nur Verwunderung, aber keine Wunder. Alles,
was endlich geſchieht, muß geſchehen können; alſo hört das
Wunder auf mit dem Faktum ſelbſt. —
Wer ſich recht beſinnt; ſtill und ehrlich in ſich; muß ge-
wahr werden: Es ſei mit dem Urſprung und dem Auftrag
der Seele wie es immer will, ihr ſind Gränzen zugemeſſen,
in denen ſie jetzt lebt. Es fehlen ihr mittenin Stücke heraus,
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/256>, abgerufen am 25.11.2024.
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