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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

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dans leur amour des richesses, il n'y a que du spiritua-
lisme pur
."
Dieser kleine Absatz ist wirklich die reine Wie-
derholung dessen, was oft im Ernst gesagt zu werden pflegt.
Die Einen sollen sich als gute Christen bezeigen; auf die Gü-
ter dieser Welt verzichten: nichts wollen, als was die höchste
sittliche Anforderung selbst will; Gottes Welt in Ehrfurcht da-
hin nehmen; und die ist die, welche durch Gewalt und Gier
den Andern zu Theil ward. Erfindungen, Studium, Fleiß
aller Art, Arbeit und Bemühung, sollen ohne Emporstreben
dienend verbleiben. Und das Menschengeschlecht soll sein wie
Gartengewächse. Spargel bleibt ewig Spargel: und so wei-
ter mit Rüben, Kohl und aller Art von Wurzel und Kraut.
Dahin bringt es aber kein Krieg, kein Friede! Alle Menschen
streben zu sein, wie es den Besten möglich ist: geistig und ma-
teriell. Auch gelingt es dem Geschlecht, wenn es nicht ver-
brennt oder verschwemmt, ganz gewiß, und die großen Fort-
schritte darin sind bei jedesmaliger Civilisation zu sehen; bis
ein Unglück kommt: dieses Unglück aber, käme es in aller
Ewigkeit wieder, muß nie als ein Beweis angenommen wer-
den, als müßten wir nun beitragen, daß nur ein Tausends-
tel der Menschen leben, sein, und genießen solle; sondern
umgekehrt! Wir müssen der unverstandenen Natur, die wider
die menschliche agirt, entgegenarbeiten: diese unverstandene,
weit entfernt, einen Beweis wider unsre Bemühungen abzu-
geben, ist vielmehr ein Beweis, daß, wenn sie bis jetzt noch
nicht beherrscht werden kann, unser innerstes, absolutestes
Streben eben so wenig ausgetilgt werden kann. -- Dies muß
man denen antworten, die damit beginnen (weil sie in die

dans leur amour des richesses, il n’y a que du spiritua-
lisme pur
.”
Dieſer kleine Abſatz iſt wirklich die reine Wie-
derholung deſſen, was oft im Ernſt geſagt zu werden pflegt.
Die Einen ſollen ſich als gute Chriſten bezeigen; auf die Gü-
ter dieſer Welt verzichten: nichts wollen, als was die höchſte
ſittliche Anforderung ſelbſt will; Gottes Welt in Ehrfurcht da-
hin nehmen; und die iſt die, welche durch Gewalt und Gier
den Andern zu Theil ward. Erfindungen, Studium, Fleiß
aller Art, Arbeit und Bemühung, ſollen ohne Emporſtreben
dienend verbleiben. Und das Menſchengeſchlecht ſoll ſein wie
Gartengewächſe. Spargel bleibt ewig Spargel: und ſo wei-
ter mit Rüben, Kohl und aller Art von Wurzel und Kraut.
Dahin bringt es aber kein Krieg, kein Friede! Alle Menſchen
ſtreben zu ſein, wie es den Beſten möglich iſt: geiſtig und ma-
teriell. Auch gelingt es dem Geſchlecht, wenn es nicht ver-
brennt oder verſchwemmt, ganz gewiß, und die großen Fort-
ſchritte darin ſind bei jedesmaliger Civiliſation zu ſehen; bis
ein Unglück kommt: dieſes Unglück aber, käme es in aller
Ewigkeit wieder, muß nie als ein Beweis angenommen wer-
den, als müßten wir nun beitragen, daß nur ein Tauſends-
tel der Menſchen leben, ſein, und genießen ſolle; ſondern
umgekehrt! Wir müſſen der unverſtandenen Natur, die wider
die menſchliche agirt, entgegenarbeiten: dieſe unverſtandene,
weit entfernt, einen Beweis wider unſre Bemühungen abzu-
geben, iſt vielmehr ein Beweis, daß, wenn ſie bis jetzt noch
nicht beherrſcht werden kann, unſer innerſtes, abſoluteſtes
Streben eben ſo wenig ausgetilgt werden kann. — Dies muß
man denen antworten, die damit beginnen (weil ſie in die

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[228/0236] dans leur amour des richesses, il n’y a que du spiritua- lisme pur.” Dieſer kleine Abſatz iſt wirklich die reine Wie- derholung deſſen, was oft im Ernſt geſagt zu werden pflegt. Die Einen ſollen ſich als gute Chriſten bezeigen; auf die Gü- ter dieſer Welt verzichten: nichts wollen, als was die höchſte ſittliche Anforderung ſelbſt will; Gottes Welt in Ehrfurcht da- hin nehmen; und die iſt die, welche durch Gewalt und Gier den Andern zu Theil ward. Erfindungen, Studium, Fleiß aller Art, Arbeit und Bemühung, ſollen ohne Emporſtreben dienend verbleiben. Und das Menſchengeſchlecht ſoll ſein wie Gartengewächſe. Spargel bleibt ewig Spargel: und ſo wei- ter mit Rüben, Kohl und aller Art von Wurzel und Kraut. Dahin bringt es aber kein Krieg, kein Friede! Alle Menſchen ſtreben zu ſein, wie es den Beſten möglich iſt: geiſtig und ma- teriell. Auch gelingt es dem Geſchlecht, wenn es nicht ver- brennt oder verſchwemmt, ganz gewiß, und die großen Fort- ſchritte darin ſind bei jedesmaliger Civiliſation zu ſehen; bis ein Unglück kommt: dieſes Unglück aber, käme es in aller Ewigkeit wieder, muß nie als ein Beweis angenommen wer- den, als müßten wir nun beitragen, daß nur ein Tauſends- tel der Menſchen leben, ſein, und genießen ſolle; ſondern umgekehrt! Wir müſſen der unverſtandenen Natur, die wider die menſchliche agirt, entgegenarbeiten: dieſe unverſtandene, weit entfernt, einen Beweis wider unſre Bemühungen abzu- geben, iſt vielmehr ein Beweis, daß, wenn ſie bis jetzt noch nicht beherrſcht werden kann, unſer innerſtes, abſoluteſtes Streben eben ſo wenig ausgetilgt werden kann. — Dies muß man denen antworten, die damit beginnen (weil ſie in die

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/236>, abgerufen am 23.11.2024.