mit Wohlgefallen spielten; in ihrem Sinne, als wäre es Shakspearischer Witz; und hervorkehrten, wohl ärger noch, als es der Verfasser konzipirte, und sich recht drin wälzten, ohne doch eine nur verständliche Persönlichkeit hervorzubrin- gen, sondern bloße Bretterunart, und sonst gar nichts. Eßlair müßte solche Aufführungen tilgen helfen; und nicht sie beför- dern, veranlassen. Auch war es denn leider ganz leer zu mei- nem Schrecke: obgleich er ungesehen dies verdiente. -- Er sieht trotz eines schlechtern Anzugs, als wir hier zu sehen ge- wöhnt sind, nicht wie ein Histrion, sondern wie ein Mensch aus; mit beweglichem regsamen Blick und Mienenspiel, läng- lich geschnittenen Augen, die er auch wohlgeübt zu gebrau- chen weiß; wie er überhaupt die Bretter kennt, und unend- lich viel gespielt hat, und Beifall gewohnt ist. Er hat eine hohe Hervengestalt, und muß Halbgötter und phantastische Menschen sehr schön darstellen; eine Stimme wie ich sie nie hörte, mit einer so umfassenden, in allen Tönen einnehmenden Skala. (Als er gestern Morgen einen Augenblick bei mir gewesen, und wegging, sagte Dore: "Ein hübscher Mann!" -- Ja! -- "Und er hat so was Sanftmüthiges an sich." Sie wußte es nicht zu nennen, und meinte nur die Götterstimme.) Eine Nüance von Vornehmheit fehlt ihm, jetzt-zeitiger möcht' ich sie nennen, die man, wenigstens ich, nach den ersten fünf Bewegungen vermißte. Schöne Füße für so große Gestalt, die jedoch nicht hinderlich erscheint; und gar kein eitles Spiel für Publikum; so ist er öfters mit dem Rücken gegen die Zu- schauer gekehrt, welches mir sehr wohlgefällt, ich immer wünsche, und nicht begreife warum darin die Schauspieler so viel be-
mit Wohlgefallen ſpielten; in ihrem Sinne, als wäre es Shakſpeariſcher Witz; und hervorkehrten, wohl ärger noch, als es der Verfaſſer konzipirte, und ſich recht drin wälzten, ohne doch eine nur verſtändliche Perſönlichkeit hervorzubrin- gen, ſondern bloße Bretterunart, und ſonſt gar nichts. Eßlair müßte ſolche Aufführungen tilgen helfen; und nicht ſie beför- dern, veranlaſſen. Auch war es denn leider ganz leer zu mei- nem Schrecke: obgleich er ungeſehen dies verdiente. — Er ſieht trotz eines ſchlechtern Anzugs, als wir hier zu ſehen ge- wöhnt ſind, nicht wie ein Hiſtrion, ſondern wie ein Menſch aus; mit beweglichem regſamen Blick und Mienenſpiel, läng- lich geſchnittenen Augen, die er auch wohlgeübt zu gebrau- chen weiß; wie er überhaupt die Bretter kennt, und unend- lich viel geſpielt hat, und Beifall gewohnt iſt. Er hat eine hohe Hervengeſtalt, und muß Halbgötter und phantaſtiſche Menſchen ſehr ſchön darſtellen; eine Stimme wie ich ſie nie hörte, mit einer ſo umfaſſenden, in allen Tönen einnehmenden Skala. (Als er geſtern Morgen einen Augenblick bei mir geweſen, und wegging, ſagte Dore: „Ein hübſcher Mann!“ — Ja! — „Und er hat ſo was Sanftmüthiges an ſich.“ Sie wußte es nicht zu nennen, und meinte nur die Götterſtimme.) Eine Nüance von Vornehmheit fehlt ihm, jetzt-zeitiger möcht’ ich ſie nennen, die man, wenigſtens ich, nach den erſten fünf Bewegungen vermißte. Schöne Füße für ſo große Geſtalt, die jedoch nicht hinderlich erſcheint; und gar kein eitles Spiel für Publikum; ſo iſt er öfters mit dem Rücken gegen die Zu- ſchauer gekehrt, welches mir ſehr wohlgefällt, ich immer wünſche, und nicht begreife warum darin die Schauſpieler ſo viel be-
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mit Wohlgefallen ſpielten; in ihrem Sinne, als wäre es
Shakſpeariſcher Witz; und hervorkehrten, wohl ärger noch,
als es der Verfaſſer konzipirte, und ſich recht drin wälzten,
ohne doch eine nur verſtändliche Perſönlichkeit hervorzubrin-
gen, ſondern bloße Bretterunart, und ſonſt gar nichts. Eßlair
müßte ſolche Aufführungen tilgen helfen; und nicht ſie beför-
dern, veranlaſſen. Auch war es denn leider ganz leer zu mei-
nem Schrecke: obgleich er ungeſehen dies verdiente. — Er
ſieht trotz eines ſchlechtern Anzugs, als wir hier zu ſehen ge-
wöhnt ſind, nicht wie ein Hiſtrion, ſondern wie ein Menſch
aus; mit beweglichem regſamen Blick und Mienenſpiel, läng-
lich geſchnittenen Augen, die er auch wohlgeübt zu gebrau-
chen weiß; wie er überhaupt die Bretter kennt, und unend-
lich viel geſpielt hat, und Beifall gewohnt iſt. Er hat eine
hohe Hervengeſtalt, und muß Halbgötter und phantaſtiſche
Menſchen ſehr ſchön darſtellen; eine Stimme wie ich ſie nie
hörte, mit einer ſo umfaſſenden, in allen Tönen einnehmenden
Skala. (Als er geſtern Morgen einen Augenblick bei mir
geweſen, und wegging, ſagte Dore: „Ein hübſcher Mann!“ —
Ja! — „Und er hat ſo was Sanftmüthiges an ſich.“ Sie
wußte es nicht zu nennen, und meinte nur die Götterſtimme.)
Eine Nüance von Vornehmheit fehlt ihm, jetzt-zeitiger möcht’
ich ſie nennen, die man, wenigſtens ich, nach den erſten fünf
Bewegungen vermißte. Schöne Füße für ſo große Geſtalt,
die jedoch nicht hinderlich erſcheint; und gar kein eitles Spiel
für Publikum; ſo iſt er öfters mit dem Rücken gegen die Zu-
ſchauer gekehrt, welches mir ſehr wohlgefällt, ich immer wünſche,
und nicht begreife warum darin die Schauſpieler ſo viel be-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/69>, abgerufen am 21.11.2024.
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