Schnaps, und wir erinnerten uns unserer alten Näschereien; und es war ein sehr vergnügter Besuch; der mich auch freute. Der andre Herr war sein Adjutant, aber den Namen weiß ich nicht, auch konnt' ich des Herrn wegen nicht mit ihm sprechen: aber er scheint mir doch alert, und dem Gespräch im Hören gewachsen. Dann zog ich mich an, und ging zu Lö- wensteins, wo Caledons, Caulfields, les dames Walther, Ar- nim, Zepelin mit der ältesten Tochter und Guttenbergs und Graf Kniephausen. Schwätzen und Spiele. Um 10 Uhr woll- ten sie Alle auf einen Ball im Spielsaal -- die jungen Mäd- chen! -- und redeten mir so lange zu, bis ich mitging; näm- lich Alle, außer Lady Caledon, die leider morgen reist. Der Ball war nur von Bekannten komponirt, leer, kühl, sehr hübsch; ich blieb von halb 11 bis halb 12. Dann sprach ich noch zwei Stunden alte Sachen von Wien u. dgl. mit Ro- bert; schlief müde und gut ein, und hätte vortrefflich geschla- fen, hätte man nicht mit Tages anbruch an dem Hause ge- gen uns über eine Bude! aufgeschlagen, die auch um 7 fertig war. Doch bin ich gut. Bist du zufrieden? Ich wünsche von dir ein Gleiches! und hoffe es auch. -- Der Großherzog von Weimar bleibt heute noch. --
Baden bei Rastatt, den 2. August 1819.
Beim Artikel Lulli, bei Gelegenheit von Rameau's Nef- fen. Kunst und Wohlstand kann nicht dekretirt werden: die müssen von unten hinauf wachsen. Luxus, ohne diesen Grund, wäre lächerlich, aber er ist armselig und verderblich. Daher kann eine Nation nur weniges von den andern nehmen; und
wird
Schnaps, und wir erinnerten uns unſerer alten Näſchereien; und es war ein ſehr vergnügter Beſuch; der mich auch freute. Der andre Herr war ſein Adjutant, aber den Namen weiß ich nicht, auch konnt’ ich des Herrn wegen nicht mit ihm ſprechen: aber er ſcheint mir doch alert, und dem Geſpräch im Hören gewachſen. Dann zog ich mich an, und ging zu Lö- wenſteins, wo Caledons, Caulfields, les dames Walther, Ar- nim, Zepelin mit der älteſten Tochter und Guttenbergs und Graf Kniephauſen. Schwätzen und Spiele. Um 10 Uhr woll- ten ſie Alle auf einen Ball im Spielſaal — die jungen Mäd- chen! — und redeten mir ſo lange zu, bis ich mitging; näm- lich Alle, außer Lady Caledon, die leider morgen reiſt. Der Ball war nur von Bekannten komponirt, leer, kühl, ſehr hübſch; ich blieb von halb 11 bis halb 12. Dann ſprach ich noch zwei Stunden alte Sachen von Wien u. dgl. mit Ro- bert; ſchlief müde und gut ein, und hätte vortrefflich geſchla- fen, hätte man nicht mit Tages anbruch an dem Hauſe ge- gen uns über eine Bude! aufgeſchlagen, die auch um 7 fertig war. Doch bin ich gut. Biſt du zufrieden? Ich wünſche von dir ein Gleiches! und hoffe es auch. — Der Großherzog von Weimar bleibt heute noch. —
Baden bei Raſtatt, den 2. Auguſt 1819.
Beim Artikel Lulli, bei Gelegenheit von Rameau’s Nef- fen. Kunſt und Wohlſtand kann nicht dekretirt werden: die müſſen von unten hinauf wachſen. Luxus, ohne dieſen Grund, wäre lächerlich, aber er iſt armſelig und verderblich. Daher kann eine Nation nur weniges von den andern nehmen; und
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Schnaps, und wir erinnerten uns unſerer alten Näſchereien;
und es war ein ſehr vergnügter Beſuch; der mich auch freute.
Der andre Herr war ſein Adjutant, aber den Namen weiß
ich nicht, auch konnt’ ich des Herrn wegen nicht mit ihm
ſprechen: aber er ſcheint mir doch alert, und dem Geſpräch im
Hören gewachſen. Dann zog ich mich an, und ging zu Lö-
wenſteins, wo Caledons, Caulfields, les dames Walther, Ar-
nim, Zepelin mit der älteſten Tochter und Guttenbergs und
Graf Kniephauſen. Schwätzen und Spiele. Um 10 Uhr woll-
ten ſie Alle auf einen Ball im Spielſaal — die jungen Mäd-
chen! — und redeten mir ſo lange zu, bis ich mitging; näm-
lich Alle, außer Lady Caledon, die leider morgen reiſt. Der
Ball war nur von Bekannten komponirt, leer, kühl, ſehr
hübſch; ich blieb von halb 11 bis halb 12. Dann ſprach ich
noch zwei Stunden alte Sachen von Wien u. dgl. mit Ro-
bert; ſchlief müde und gut ein, und hätte vortrefflich geſchla-
fen, hätte man nicht mit Tages anbruch an dem Hauſe ge-
gen uns über eine Bude! aufgeſchlagen, die auch um 7 fertig
war. Doch bin ich gut. Biſt du zufrieden? Ich wünſche von
dir ein Gleiches! und hoffe es auch. — Der Großherzog von
Weimar bleibt heute noch. —
Baden bei Raſtatt, den 2. Auguſt 1819.
Beim Artikel Lulli, bei Gelegenheit von Rameau’s Nef-
fen. Kunſt und Wohlſtand kann nicht dekretirt werden: die
müſſen von unten hinauf wachſen. Luxus, ohne dieſen Grund,
wäre lächerlich, aber er iſt armſelig und verderblich. Daher
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/600>, abgerufen am 22.11.2024.
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