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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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dige freuen! Wir wollen die jugendliche Zeit des Vertrauens
ohne Rückhalt -- wie Sie sagen, in die Sie durch mein Finden
versetzt sind -- genießen; wissend sie besitzen! Das Schreiben
hat mein Herz wieder in Thätigkeit gesetzt, und es ist mir
besser: auch war eine Italiänerin bei mir, der etwas Ärgerli-
ches geschehen ist, welches sie mir, sich zum Troste, erzählte;
ich ärgerte mich mit, gab der armen Fremden Rath, und zeigte
ihr eine Freundin in einer Ultramontana, und ich konnte sie
gestärkt entlassen. Das stärkte mich selbst wieder. Adieu Lie-
ber! Kommen Sie bald: bleiben Sie lange mit uns. Goethe
kann man immer brauchen; den Göttlichen hat man immer
nöthig! So will ich Ihnen dann mit seinen Worten meine
Wünsche zeigen: "Je ehr du kommst, je schöner wirst du uns
willkommen sein!" (ich glaube: "bist du uns willkommen.")
Gott grüße und segne Goethe! Veit! Uns! und Alle, die es
gut meinen und wahrhaft sind.

Adieu. Ihre R.


An -- --


-- Ich halte diese Namensveränderung für entscheidend
wichtig. Sie werden dadurch gewissermaßen äußerlich eine
andere Person; und dies ist besonders nöthig. -- Ich freue
mich sehr, daß B. Ihr Pathe sein will; säumen Sie nicht, so
bald als möglich alle Anstalten zu treffen. Sie lassen auch
die Kinder mittaufen. Die sind ja schon christlich erzogen;
und müssen, wo möglich, von jenem Verrückthistorischen nichts
anders erfahren, als wie von Historie überhaupt! -- Sie aber
haben gar keine Ursache, in dem Scheine des Geburtsglaubens

dige freuen! Wir wollen die jugendliche Zeit des Vertrauens
ohne Rückhalt — wie Sie ſagen, in die Sie durch mein Finden
verſetzt ſind — genießen; wiſſend ſie beſitzen! Das Schreiben
hat mein Herz wieder in Thätigkeit geſetzt, und es iſt mir
beſſer: auch war eine Italiänerin bei mir, der etwas Ärgerli-
ches geſchehen iſt, welches ſie mir, ſich zum Troſte, erzählte;
ich ärgerte mich mit, gab der armen Fremden Rath, und zeigte
ihr eine Freundin in einer Ultramontana, und ich konnte ſie
geſtärkt entlaſſen. Das ſtärkte mich ſelbſt wieder. Adieu Lie-
ber! Kommen Sie bald: bleiben Sie lange mit uns. Goethe
kann man immer brauchen; den Göttlichen hat man immer
nöthig! So will ich Ihnen dann mit ſeinen Worten meine
Wünſche zeigen: „Je ehr du kommſt, je ſchöner wirſt du uns
willkommen ſein!“ (ich glaube: „biſt du uns willkommen.“)
Gott grüße und ſegne Goethe! Veit! Uns! und Alle, die es
gut meinen und wahrhaft ſind.

Adieu. Ihre R.


An — —


— Ich halte dieſe Namensveränderung für entſcheidend
wichtig. Sie werden dadurch gewiſſermaßen äußerlich eine
andere Perſon; und dies iſt beſonders nöthig. — Ich freue
mich ſehr, daß B. Ihr Pathe ſein will; ſäumen Sie nicht, ſo
bald als möglich alle Anſtalten zu treffen. Sie laſſen auch
die Kinder mittaufen. Die ſind ja ſchon chriſtlich erzogen;
und müſſen, wo möglich, von jenem Verrückthiſtoriſchen nichts
anders erfahren, als wie von Hiſtorie überhaupt! — Sie aber
haben gar keine Urſache, in dem Scheine des Geburtsglaubens

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[536/0544] dige freuen! Wir wollen die jugendliche Zeit des Vertrauens ohne Rückhalt — wie Sie ſagen, in die Sie durch mein Finden verſetzt ſind — genießen; wiſſend ſie beſitzen! Das Schreiben hat mein Herz wieder in Thätigkeit geſetzt, und es iſt mir beſſer: auch war eine Italiänerin bei mir, der etwas Ärgerli- ches geſchehen iſt, welches ſie mir, ſich zum Troſte, erzählte; ich ärgerte mich mit, gab der armen Fremden Rath, und zeigte ihr eine Freundin in einer Ultramontana, und ich konnte ſie geſtärkt entlaſſen. Das ſtärkte mich ſelbſt wieder. Adieu Lie- ber! Kommen Sie bald: bleiben Sie lange mit uns. Goethe kann man immer brauchen; den Göttlichen hat man immer nöthig! So will ich Ihnen dann mit ſeinen Worten meine Wünſche zeigen: „Je ehr du kommſt, je ſchöner wirſt du uns willkommen ſein!“ (ich glaube: „biſt du uns willkommen.“) Gott grüße und ſegne Goethe! Veit! Uns! und Alle, die es gut meinen und wahrhaft ſind. Adieu. Ihre R. An — — Karlsruhe, den 16. Mai 1818. — Ich halte dieſe Namensveränderung für entſcheidend wichtig. Sie werden dadurch gewiſſermaßen äußerlich eine andere Perſon; und dies iſt beſonders nöthig. — Ich freue mich ſehr, daß B. Ihr Pathe ſein will; ſäumen Sie nicht, ſo bald als möglich alle Anſtalten zu treffen. Sie laſſen auch die Kinder mittaufen. Die ſind ja ſchon chriſtlich erzogen; und müſſen, wo möglich, von jenem Verrückthiſtoriſchen nichts anders erfahren, als wie von Hiſtorie überhaupt! — Sie aber haben gar keine Urſache, in dem Scheine des Geburtsglaubens

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/544>, abgerufen am 22.11.2024.