Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

mein Erdenengel, schienst es zu verstehen, und gabst ihn mir
willig wieder. Lob ist die Geschichte dieses Ringes, kein Ta-
del oder Vorwurf. Überhaupt: so sehr es möglich war, dei-
ner Natur möglich, eine wie meine zu verstehen, verstandst du
sie; durch großartigstes, geistvollstes Anerkennen: mit einer
Einsicht, die ich nicht begreife, da sie nicht aus Ähnlichkei-
ten der Naturen kommt. Unpersönlicher, großartiger, mit mehr
Verstand ist es nicht möglich, daß ein Mensch den andern in
sich aufnimmt und behandelt, als du mich. Mehr im ganzen
Herz des Wollens hat nie eine Einsicht in einem Menschen
gewirkt, als deine über mich! Anerkannter kann das nicht
werden, als von mir; und mehr in Liebe gewandelt dies An-
erkennen auch nicht werden. Diese Worte sind schwache Ab-
risse, und Schatten der Schatten unsers Lebens, welches wir
miteinander führen, mein treuer geliebter August! -- Wozu
also? -- und welches wir noch mit einander verleben werden!!!

Diese Zeilen schreib' ich dir eigentlich nur, um dich fest
und fest zu bestimmen, ja die Hälfte meines Vermögens zu
nehmen, welche andere Hälfte ich keinem Sterblichen schul-
dig bin, als auch dir; und nur Louis sie aus Liebe, und
Kenntniß seiner, bei seinem Leben lasse.

Wegen * schreib' ich dir! Vergiß * * nicht, und denke
an * * *. Mache gleich ein Testament. Ein Mensch ist im-
mer
sterblich. Thue es mir zu Ehren sehr bald. Gleich.
Lebe wohl, Geliebter! Gottes bester Segen mit dir. Mein
reinstes Gebet. Deine treue wohlwissende was du bist

Rahel.


mein Erdenengel, ſchienſt es zu verſtehen, und gabſt ihn mir
willig wieder. Lob iſt die Geſchichte dieſes Ringes, kein Ta-
del oder Vorwurf. Überhaupt: ſo ſehr es möglich war, dei-
ner Natur möglich, eine wie meine zu verſtehen, verſtandſt du
ſie; durch großartigſtes, geiſtvollſtes Anerkennen: mit einer
Einſicht, die ich nicht begreife, da ſie nicht aus Ähnlichkei-
ten der Naturen kommt. Unperſönlicher, großartiger, mit mehr
Verſtand iſt es nicht möglich, daß ein Menſch den andern in
ſich aufnimmt und behandelt, als du mich. Mehr im ganzen
Herz des Wollens hat nie eine Einſicht in einem Menſchen
gewirkt, als deine über mich! Anerkannter kann das nicht
werden, als von mir; und mehr in Liebe gewandelt dies An-
erkennen auch nicht werden. Dieſe Worte ſind ſchwache Ab-
riſſe, und Schatten der Schatten unſers Lebens, welches wir
miteinander führen, mein treuer geliebter Auguſt! — Wozu
alſo? — und welches wir noch mit einander verleben werden!!!

Dieſe Zeilen ſchreib’ ich dir eigentlich nur, um dich feſt
und feſt zu beſtimmen, ja die Hälfte meines Vermögens zu
nehmen, welche andere Hälfte ich keinem Sterblichen ſchul-
dig bin, als auch dir; und nur Louis ſie aus Liebe, und
Kenntniß ſeiner, bei ſeinem Leben laſſe.

Wegen * ſchreib’ ich dir! Vergiß * * nicht, und denke
an * * *. Mache gleich ein Teſtament. Ein Menſch iſt im-
mer
ſterblich. Thue es mir zu Ehren ſehr bald. Gleich.
Lebe wohl, Geliebter! Gottes beſter Segen mit dir. Mein
reinſtes Gebet. Deine treue wohlwiſſende was du biſt

Rahel.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0403" n="395"/>
mein Erdenengel, &#x017F;chien&#x017F;t es zu ver&#x017F;tehen, und gab&#x017F;t ihn mir<lb/>
willig wieder. <hi rendition="#g">Lob</hi> i&#x017F;t die Ge&#x017F;chichte die&#x017F;es Ringes, kein Ta-<lb/>
del oder Vorwurf. Überhaupt: &#x017F;o &#x017F;ehr es <hi rendition="#g">möglich</hi> war, dei-<lb/>
ner Natur möglich, eine wie meine zu ver&#x017F;tehen, ver&#x017F;tand&#x017F;t du<lb/>
&#x017F;ie; durch großartig&#x017F;tes, gei&#x017F;tvoll&#x017F;tes Anerkennen: mit einer<lb/>
Ein&#x017F;icht, die ich nicht <hi rendition="#g">begreife</hi>, da &#x017F;ie nicht aus Ähnlichkei-<lb/>
ten der Naturen kommt. Unper&#x017F;önlicher, großartiger, mit <hi rendition="#g">mehr</hi><lb/>
Ver&#x017F;tand i&#x017F;t es nicht möglich, daß ein Men&#x017F;ch den andern in<lb/>
&#x017F;ich aufnimmt und behandelt, als du mich. Mehr im ganzen<lb/>
Herz des Wollens hat nie eine Ein&#x017F;icht in einem Men&#x017F;chen<lb/>
gewirkt, als deine über mich! <hi rendition="#g">Anerkannter</hi> kann das nicht<lb/>
werden, als von mir; und mehr in Liebe gewandelt dies An-<lb/>
erkennen auch nicht werden. Die&#x017F;e Worte &#x017F;ind &#x017F;chwache Ab-<lb/>
ri&#x017F;&#x017F;e, und Schatten der Schatten un&#x017F;ers Lebens, welches wir<lb/>
miteinander führen, mein treuer geliebter Augu&#x017F;t! &#x2014; Wozu<lb/>
al&#x017F;o? &#x2014; und welches wir noch mit einander verleben werden!!!</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Zeilen &#x017F;chreib&#x2019; ich dir eigentlich nur, um dich fe&#x017F;t<lb/>
und fe&#x017F;t zu be&#x017F;timmen, ja die Hälfte meines Vermögens zu<lb/>
nehmen, welche andere Hälfte ich keinem <hi rendition="#g">Sterblichen</hi> &#x017F;chul-<lb/>
dig bin, als auch dir; und nur Louis &#x017F;ie aus <hi rendition="#g">Liebe</hi>, und<lb/>
Kenntniß &#x017F;einer, bei &#x017F;einem Leben la&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
            <p>Wegen * &#x017F;chreib&#x2019; ich dir! Vergiß * * <hi rendition="#g">nicht</hi>, und denke<lb/>
an * * *. Mache <hi rendition="#g">gleich</hi> ein Te&#x017F;tament. Ein Men&#x017F;ch i&#x017F;t <hi rendition="#g">im-<lb/>
mer</hi> &#x017F;terblich. Thue es mir zu Ehren <hi rendition="#g">&#x017F;ehr</hi> bald. <hi rendition="#g">Gleich</hi>.<lb/>
Lebe wohl, Geliebter! Gottes be&#x017F;ter Segen mit dir. Mein<lb/>
rein&#x017F;tes Gebet. Deine treue wohlwi&#x017F;&#x017F;ende was du bi&#x017F;t</p><lb/>
            <closer>
              <salute> <hi rendition="#et">Rahel.</hi> </salute>
            </closer>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0403] mein Erdenengel, ſchienſt es zu verſtehen, und gabſt ihn mir willig wieder. Lob iſt die Geſchichte dieſes Ringes, kein Ta- del oder Vorwurf. Überhaupt: ſo ſehr es möglich war, dei- ner Natur möglich, eine wie meine zu verſtehen, verſtandſt du ſie; durch großartigſtes, geiſtvollſtes Anerkennen: mit einer Einſicht, die ich nicht begreife, da ſie nicht aus Ähnlichkei- ten der Naturen kommt. Unperſönlicher, großartiger, mit mehr Verſtand iſt es nicht möglich, daß ein Menſch den andern in ſich aufnimmt und behandelt, als du mich. Mehr im ganzen Herz des Wollens hat nie eine Einſicht in einem Menſchen gewirkt, als deine über mich! Anerkannter kann das nicht werden, als von mir; und mehr in Liebe gewandelt dies An- erkennen auch nicht werden. Dieſe Worte ſind ſchwache Ab- riſſe, und Schatten der Schatten unſers Lebens, welches wir miteinander führen, mein treuer geliebter Auguſt! — Wozu alſo? — und welches wir noch mit einander verleben werden!!! Dieſe Zeilen ſchreib’ ich dir eigentlich nur, um dich feſt und feſt zu beſtimmen, ja die Hälfte meines Vermögens zu nehmen, welche andere Hälfte ich keinem Sterblichen ſchul- dig bin, als auch dir; und nur Louis ſie aus Liebe, und Kenntniß ſeiner, bei ſeinem Leben laſſe. Wegen * ſchreib’ ich dir! Vergiß * * nicht, und denke an * * *. Mache gleich ein Teſtament. Ein Menſch iſt im- mer ſterblich. Thue es mir zu Ehren ſehr bald. Gleich. Lebe wohl, Geliebter! Gottes beſter Segen mit dir. Mein reinſtes Gebet. Deine treue wohlwiſſende was du biſt Rahel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/403
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/403>, abgerufen am 03.05.2024.