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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834.

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immer zur Kehle hinaus will: und wenn ich nicht in der That
dich vorbereiten wollte. Nicht allein wegen der Geschäfte, son-
dern bei Gott! um dein Gemüth und deine Gesundheit,
die unerwartet zu erschüttert werden möchte! So wie ich es
sage, und wie ich es mir ausdenken kann, wird es nicht kom-
men. Sondern, denkt man sich es heftig und plötzlich, kömmt es
allmählig; denkt man es sich allmählig und geschmeidiger, kommt
es unverhofft, wie der von Elba, und stört die Welt unter-
einander; anstatt zu kommen, wie ich es mir dachte, wenn
die erste Störung begonnen wäre. Das Alte, alte Ruhe, und
das, was man sich ausdachte, darauf nur gleich verzichtet!
Unendliche Lügen und falsche Nachrichten wird man hören,
die sich dann anders verhalten, und wieder einrichten: unend-
lich unerwartete Dinge werden täglich hervorbrechen. Und ich bin
so perplex als irgend Einer, und suche mich auch nur mit all
diesem in meiner Seele, und gewiß vergeblich! vorzubereiten! --

-- Übrigens sei guten Muths! Auch dies kann wunder-
bar und gelinde abgehen: für kluge, stille, brave Leute, Dies,
und mehr Wunder noch hoffe sogar ich! Neues ist nicht.
Ludwig XVIII. ist in Brügge. In Lille rieth man ihm weg-
zugehen, weil man die dreifarbige Kokarde aufsteckte. Man
sagt, der Vieekönig Eugen sei in russischen Diensten. Im
Prater fuhr er heute mit Millionen Menschen und allen an-
dern Souverains umher. Auch die sah ich nicht, weil ich zu
einer frühern Stunde mit Frau von Arnstein fuhr; die sehr
meiner Gesellschaft bedarf. Sie ist mehr als außer sich über
dies Ereigniß. Ganz früh war die Ephraim bei mir, mich nur
zu bitten mitzufahren. Bis jetzt erhält dies meinen Muth

immer zur Kehle hinaus will: und wenn ich nicht in der That
dich vorbereiten wollte. Nicht allein wegen der Geſchäfte, ſon-
dern bei Gott! um dein Gemüth und deine Geſundheit,
die unerwartet zu erſchüttert werden möchte! So wie ich es
ſage, und wie ich es mir ausdenken kann, wird es nicht kom-
men. Sondern, denkt man ſich es heftig und plötzlich, kömmt es
allmählig; denkt man es ſich allmählig und geſchmeidiger, kommt
es unverhofft, wie der von Elba, und ſtört die Welt unter-
einander; anſtatt zu kommen, wie ich es mir dachte, wenn
die erſte Störung begonnen wäre. Das Alte, alte Ruhe, und
das, was man ſich ausdachte, darauf nur gleich verzichtet!
Unendliche Lügen und falſche Nachrichten wird man hören,
die ſich dann anders verhalten, und wieder einrichten: unend-
lich unerwartete Dinge werden täglich hervorbrechen. Und ich bin
ſo perplex als irgend Einer, und ſuche mich auch nur mit all
dieſem in meiner Seele, und gewiß vergeblich! vorzubereiten! —

— Übrigens ſei guten Muths! Auch dies kann wunder-
bar und gelinde abgehen: für kluge, ſtille, brave Leute, Dies,
und mehr Wunder noch hoffe ſogar ich! Neues iſt nicht.
Ludwig XVIII. iſt in Brügge. In Lille rieth man ihm weg-
zugehen, weil man die dreifarbige Kokarde aufſteckte. Man
ſagt, der Vieekönig Eugen ſei in ruſſiſchen Dienſten. Im
Prater fuhr er heute mit Millionen Menſchen und allen an-
dern Souverains umher. Auch die ſah ich nicht, weil ich zu
einer frühern Stunde mit Frau von Arnſtein fuhr; die ſehr
meiner Geſellſchaft bedarf. Sie iſt mehr als außer ſich über
dies Ereigniß. Ganz früh war die Ephraim bei mir, mich nur
zu bitten mitzufahren. Bis jetzt erhält dies meinen Muth

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[278/0286] immer zur Kehle hinaus will: und wenn ich nicht in der That dich vorbereiten wollte. Nicht allein wegen der Geſchäfte, ſon- dern bei Gott! um dein Gemüth und deine Geſundheit, die unerwartet zu erſchüttert werden möchte! So wie ich es ſage, und wie ich es mir ausdenken kann, wird es nicht kom- men. Sondern, denkt man ſich es heftig und plötzlich, kömmt es allmählig; denkt man es ſich allmählig und geſchmeidiger, kommt es unverhofft, wie der von Elba, und ſtört die Welt unter- einander; anſtatt zu kommen, wie ich es mir dachte, wenn die erſte Störung begonnen wäre. Das Alte, alte Ruhe, und das, was man ſich ausdachte, darauf nur gleich verzichtet! Unendliche Lügen und falſche Nachrichten wird man hören, die ſich dann anders verhalten, und wieder einrichten: unend- lich unerwartete Dinge werden täglich hervorbrechen. Und ich bin ſo perplex als irgend Einer, und ſuche mich auch nur mit all dieſem in meiner Seele, und gewiß vergeblich! vorzubereiten! — — Übrigens ſei guten Muths! Auch dies kann wunder- bar und gelinde abgehen: für kluge, ſtille, brave Leute, Dies, und mehr Wunder noch hoffe ſogar ich! Neues iſt nicht. Ludwig XVIII. iſt in Brügge. In Lille rieth man ihm weg- zugehen, weil man die dreifarbige Kokarde aufſteckte. Man ſagt, der Vieekönig Eugen ſei in ruſſiſchen Dienſten. Im Prater fuhr er heute mit Millionen Menſchen und allen an- dern Souverains umher. Auch die ſah ich nicht, weil ich zu einer frühern Stunde mit Frau von Arnſtein fuhr; die ſehr meiner Geſellſchaft bedarf. Sie iſt mehr als außer ſich über dies Ereigniß. Ganz früh war die Ephraim bei mir, mich nur zu bitten mitzufahren. Bis jetzt erhält dies meinen Muth

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/286>, abgerufen am 22.11.2024.