dig, liebenswürdig, und so herzlich als schicklich gegen mich, und erforderlich gegen den Rest. Wir sprachen innig von un- serm geliebten Freund, Nostitz wie ich's nur wünschen konnte. Grüß' ihn sehr von mir, als einer großen "Wohlwollenden." Marwitz konnt' ich gar nicht genug von ihm erzählen: der quälte mich eben so, in einem Briefe, dir diesen noch heute zu schreiben: da ich einmal das Projekt, du solltest Tod und Traum aufschreiben, hatte laut werden lassen. Leb' sehr wohl. Wie ein Phönix gehst du heute aus meiner Leidenschaft her- vor! Schreib mir: und trau mir! --
Noch Eins! Wolf war sehr geschmeichelt von deiner Re- zension: und es schien ihm sehr leid zu sein, daß das Blatt [Österreichischer Beobachter] hier nicht gelesen wird. "Wie hat er denn das so schnell dort?!" -- O! er hat schon Niebuhr, und Goethens Leben. -- "J! so! Nun Goethens Leben hat man wohl." -- Er hat alles. -- Kurz, er war überaus char- mirt. Gleich den Abend drauf als ich dir schrieb, kam er. Lebe wohl! Ich erliege sonst. Künftig, liebes Kind, schreib' ich dir, wie du dich artig haben mußt, wenn du bei mir lebst: und mich nicht Einmal ärgern mußt. Weil es gar nicht nö- thig ist, und ich es nicht ertragen kann: meine Gesundheit meine ich, die ist so schwach, daß sie der Rest des Restes ist, von allem, was ich besitzen sollte, und je besaß. Adieu. Ant- wort. Gewiß kommt in diesen Tagen dein Brief. Adieu.
dig, liebenswürdig, und ſo herzlich als ſchicklich gegen mich, und erforderlich gegen den Reſt. Wir ſprachen innig von un- ſerm geliebten Freund, Noſtitz wie ich’s nur wünſchen konnte. Grüß’ ihn ſehr von mir, als einer großen „Wohlwollenden.“ Marwitz konnt’ ich gar nicht genug von ihm erzählen: der quälte mich eben ſo, in einem Briefe, dir dieſen noch heute zu ſchreiben: da ich einmal das Projekt, du ſollteſt Tod und Traum aufſchreiben, hatte laut werden laſſen. Leb’ ſehr wohl. Wie ein Phönix gehſt du heute aus meiner Leidenſchaft her- vor! Schreib mir: und trau mir! —
Noch Eins! Wolf war ſehr geſchmeichelt von deiner Re- zenſion: und es ſchien ihm ſehr leid zu ſein, daß das Blatt [Öſterreichiſcher Beobachter] hier nicht geleſen wird. „Wie hat er denn das ſo ſchnell dort?!“ — O! er hat ſchon Niebuhr, und Goethens Leben. — „J! ſo! Nun Goethens Leben hat man wohl.“ — Er hat alles. — Kurz, er war überaus char- mirt. Gleich den Abend drauf als ich dir ſchrieb, kam er. Lebe wohl! Ich erliege ſonſt. Künftig, liebes Kind, ſchreib’ ich dir, wie du dich artig haben mußt, wenn du bei mir lebſt: und mich nicht Einmal ärgern mußt. Weil es gar nicht nö- thig iſt, und ich es nicht ertragen kann: meine Geſundheit meine ich, die iſt ſo ſchwach, daß ſie der Reſt des Reſtes iſt, von allem, was ich beſitzen ſollte, und je beſaß. Adieu. Ant- wort. Gewiß kommt in dieſen Tagen dein Brief. Adieu.
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dig, liebenswürdig, und ſo herzlich als ſchicklich gegen mich,
und erforderlich gegen den Reſt. Wir ſprachen innig von un-
ſerm geliebten Freund, Noſtitz wie ich’s nur wünſchen konnte.
Grüß’ ihn ſehr von mir, als einer großen „Wohlwollenden.“
Marwitz konnt’ ich gar nicht genug von ihm erzählen: der
quälte mich eben ſo, in einem Briefe, dir dieſen noch heute
zu ſchreiben: da ich einmal das Projekt, du ſollteſt Tod und
Traum aufſchreiben, hatte laut werden laſſen. Leb’ ſehr wohl.
Wie ein Phönix gehſt du heute aus meiner Leidenſchaft her-
vor! Schreib mir: und trau mir! —
Noch Eins! Wolf war ſehr geſchmeichelt von deiner Re-
zenſion: und es ſchien ihm ſehr leid zu ſein, daß das Blatt
[Öſterreichiſcher Beobachter] hier nicht geleſen wird. „Wie
hat er denn das ſo ſchnell dort?!“ — O! er hat ſchon Niebuhr,
und Goethens Leben. — „J! ſo! Nun Goethens Leben hat
man wohl.“ — Er hat alles. — Kurz, er war überaus char-
mirt. Gleich den Abend drauf als ich dir ſchrieb, kam er.
Lebe wohl! Ich erliege ſonſt. Künftig, liebes Kind, ſchreib’
ich dir, wie du dich artig haben mußt, wenn du bei mir lebſt:
und mich nicht Einmal ärgern mußt. Weil es gar nicht nö-
thig iſt, und ich es nicht ertragen kann: meine Geſundheit
meine ich, die iſt ſo ſchwach, daß ſie der Reſt des Reſtes iſt,
von allem, was ich beſitzen ſollte, und je beſaß. Adieu. Ant-
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/10>, abgerufen am 03.12.2024.
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