gäbe die schwere, dunkle, geduldige Erde Fülle her; sie brauch- ten nicht zu kriegen, nicht zu lügen, und die Proklamationen zur Rechtfertigung! Und dann dacht' ich des Mannes Schick- sal! der grade durch Wissen gemüthskrank ist! Wie alles ist. Nicht für uns. --
An Varnhagen, in Frankfurt a. M.
Baden bei Wien, den 7. Juli 1815.
-- Als ich Dienstag von Hitzing zurück kam, fand ich deinen Liebesbrief vom 26. Juni. Ich danke dir mit allem, was ich bin: und wie ich es von dir erkenne, und aufnehme. Ich glaube es dir auch, August. Dein Missen, und alles. Sie sind Alle nicht wahr. Ich sehe es. Es muß viel Geist dazu gehören. Ich glaub' es. Und eine große, spontanee Göttergabe. Ebenmaß, wahre Schönheit in den Seelenglie- dern. Drum nennst du mich schön. Ich bin nicht stolz: aber vergnügt und demüthig: wenn mich nun Gott nicht so gemacht hätte! Aber Fleiß, unverdrossene Mühe, und Härte gegen sich selbst, gehört auch dazu. Wie fade aber auch, wie nicht zum Ertragen, sich selbst vorzulügen und zu spieglen, und nicht zu wissen und zu wollen, was man begehrt!
Ich bin sehr damit zufrieden, daß du nur gegen Chamisso und Koreff sprichst, und wie so das geschieht. Es ist eine Kunst; eine Kunst, ein könnendes Vermögen, zu wissen, wo man sprechen soll und muß, und kann: wo es hilft. Ich be- sitze diese Kunst; und leide, wenn ich darin pfuschen sehe:
gäbe die ſchwere, dunkle, geduldige Erde Fülle her; ſie brauch- ten nicht zu kriegen, nicht zu lügen, und die Proklamationen zur Rechtfertigung! Und dann dacht’ ich des Mannes Schick- ſal! der grade durch Wiſſen gemüthskrank iſt! Wie alles iſt. Nicht für uns. —
An Varnhagen, in Frankfurt a. M.
Baden bei Wien, den 7. Juli 1815.
— Als ich Dienstag von Hitzing zurück kam, fand ich deinen Liebesbrief vom 26. Juni. Ich danke dir mit allem, was ich bin: und wie ich es von dir erkenne, und aufnehme. Ich glaube es dir auch, Auguſt. Dein Miſſen, und alles. Sie ſind Alle nicht wahr. Ich ſehe es. Es muß viel Geiſt dazu gehören. Ich glaub’ es. Und eine große, ſpontanée Göttergabe. Ebenmaß, wahre Schönheit in den Seelenglie- dern. Drum nennſt du mich ſchön. Ich bin nicht ſtolz: aber vergnügt und demüthig: wenn mich nun Gott nicht ſo gemacht hätte! Aber Fleiß, unverdroſſene Mühe, und Härte gegen ſich ſelbſt, gehört auch dazu. Wie fade aber auch, wie nicht zum Ertragen, ſich ſelbſt vorzulügen und zu ſpieglen, und nicht zu wiſſen und zu wollen, was man begehrt!
Ich bin ſehr damit zufrieden, daß du nur gegen Chamiſſo und Koreff ſprichſt, und wie ſo das geſchieht. Es iſt eine Kunſt; eine Kunſt, ein könnendes Vermögen, zu wiſſen, wo man ſprechen ſoll und muß, und kann: wo es hilft. Ich be- ſitze dieſe Kunſt; und leide, wenn ich darin pfuſchen ſehe:
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gäbe die ſchwere, dunkle, geduldige Erde Fülle her; ſie brauch-
ten nicht zu kriegen, nicht zu lügen, und die Proklamationen
zur Rechtfertigung! Und dann dacht’ ich des Mannes Schick-
ſal! der grade durch Wiſſen gemüthskrank iſt! Wie alles iſt.
Nicht für uns. —
An Varnhagen, in Frankfurt a. M.
Baden bei Wien, den 7. Juli 1815.
— Als ich Dienstag von Hitzing zurück kam, fand ich
deinen Liebesbrief vom 26. Juni. Ich danke dir mit allem,
was ich bin: und wie ich es von dir erkenne, und aufnehme.
Ich glaube es dir auch, Auguſt. Dein Miſſen, und alles.
Sie ſind Alle nicht wahr. Ich ſehe es. Es muß viel Geiſt
dazu gehören. Ich glaub’ es. Und eine große, ſpontanée
Göttergabe. Ebenmaß, wahre Schönheit in den Seelenglie-
dern. Drum nennſt du mich ſchön. Ich bin nicht ſtolz: aber
vergnügt und demüthig: wenn mich nun Gott nicht ſo
gemacht hätte! Aber Fleiß, unverdroſſene Mühe, und Härte
gegen ſich ſelbſt, gehört auch dazu. Wie fade aber auch, wie
nicht zum Ertragen, ſich ſelbſt vorzulügen und zu ſpieglen,
und nicht zu wiſſen und zu wollen, was man begehrt!
Ich bin ſehr damit zufrieden, daß du nur gegen Chamiſſo
und Koreff ſprichſt, und wie ſo das geſchieht. Es iſt eine
Kunſt; eine Kunſt, ein könnendes Vermögen, zu wiſſen, wo
man ſprechen ſoll und muß, und kann: wo es hilft. Ich be-
ſitze dieſe Kunſt; und leide, wenn ich darin pfuſchen ſehe:
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/314>, abgerufen am 29.12.2024.
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