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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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anfangs gute Hoffnung, nicht zwar eines völligen Genesens,
aber doch eines zu gewinnenden Zustandes bedeutender Linde-
rung, in welchem noch eine ganze Reihe guter Jahre hinge-
hen könnten. In den folgenden Tagen, bei wiederholtem For-
schen und Prüfen, mußte diese Hoffnung freilich um vieles
herabgesetzt werden, doch wurde sie im Ganzen nicht aufgege-
ben, und späterhin, bei erneuten günstigen Zeichen, sogar
wieder erhöht. Dr. von Necher kam nun täglich, und mei-
stens mehr als Einmal, wobei das Vertrauen zu seiner Hülfe,
so wie der gute Eindruck seiner Gegenwart nur immer zu-
nahmen. Da jedoch seine Anwesenheit in Berlin von unge-
wisser Dauer war, so brachte er schon jetzt auch den hiesigen
homöopathischen Arzt, Dr. Stüler, mit, der die angefangene
Kur weiterhin fortsetzen sollte.

Die neue Lebensordnung wurde für Rahel dadurch be-
schwerlich und hart, daß alle gewohnten Reize und Erquickun-
gen, welche ihren selten ganz ruhenden Leiden eine wenn auch
nur vorübergehende Linderung oder Ablenkung zu bewirken
pflegten, jetzt untersagt waren. In Vertrauen und Geduld
fügte sie sich diesen Entbehrungen aller Art, empfand sie aber
schmerzlich, und es war uns oft jammervoll, sie den Wunsch
nach irgend einem gewohnten Labsal, zugleich selbst aber auch
dessen Verneinung aussprechen zu hören. Als nach begonne-
ner Kur eine allgemeine Aufregung der Beschwerden eintrat,
und diese zum Theil auch den genommenen Mitteln zuzu-
schreiben schien, wurde jene Entbehrung nur noch peinlicher,
und die Kranke konnte dann, in ihrer geängsteten Unruhe,
für die kein linderndes Eingreifen Statt fand, zuweilen den

anfangs gute Hoffnung, nicht zwar eines völligen Geneſens,
aber doch eines zu gewinnenden Zuſtandes bedeutender Linde-
rung, in welchem noch eine ganze Reihe guter Jahre hinge-
hen könnten. In den folgenden Tagen, bei wiederholtem For-
ſchen und Prüfen, mußte dieſe Hoffnung freilich um vieles
herabgeſetzt werden, doch wurde ſie im Ganzen nicht aufgege-
ben, und ſpäterhin, bei erneuten günſtigen Zeichen, ſogar
wieder erhöht. Dr. von Necher kam nun täglich, und mei-
ſtens mehr als Einmal, wobei das Vertrauen zu ſeiner Hülfe,
ſo wie der gute Eindruck ſeiner Gegenwart nur immer zu-
nahmen. Da jedoch ſeine Anweſenheit in Berlin von unge-
wiſſer Dauer war, ſo brachte er ſchon jetzt auch den hieſigen
homöopathiſchen Arzt, Dr. Stüler, mit, der die angefangene
Kur weiterhin fortſetzen ſollte.

Die neue Lebensordnung wurde für Rahel dadurch be-
ſchwerlich und hart, daß alle gewohnten Reize und Erquickun-
gen, welche ihren ſelten ganz ruhenden Leiden eine wenn auch
nur vorübergehende Linderung oder Ablenkung zu bewirken
pflegten, jetzt unterſagt waren. In Vertrauen und Geduld
fügte ſie ſich dieſen Entbehrungen aller Art, empfand ſie aber
ſchmerzlich, und es war uns oft jammervoll, ſie den Wunſch
nach irgend einem gewohnten Labſal, zugleich ſelbſt aber auch
deſſen Verneinung ausſprechen zu hören. Als nach begonne-
ner Kur eine allgemeine Aufregung der Beſchwerden eintrat,
und dieſe zum Theil auch den genommenen Mitteln zuzu-
ſchreiben ſchien, wurde jene Entbehrung nur noch peinlicher,
und die Kranke konnte dann, in ihrer geängſteten Unruhe,
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[40/0054] anfangs gute Hoffnung, nicht zwar eines völligen Geneſens, aber doch eines zu gewinnenden Zuſtandes bedeutender Linde- rung, in welchem noch eine ganze Reihe guter Jahre hinge- hen könnten. In den folgenden Tagen, bei wiederholtem For- ſchen und Prüfen, mußte dieſe Hoffnung freilich um vieles herabgeſetzt werden, doch wurde ſie im Ganzen nicht aufgege- ben, und ſpäterhin, bei erneuten günſtigen Zeichen, ſogar wieder erhöht. Dr. von Necher kam nun täglich, und mei- ſtens mehr als Einmal, wobei das Vertrauen zu ſeiner Hülfe, ſo wie der gute Eindruck ſeiner Gegenwart nur immer zu- nahmen. Da jedoch ſeine Anweſenheit in Berlin von unge- wiſſer Dauer war, ſo brachte er ſchon jetzt auch den hieſigen homöopathiſchen Arzt, Dr. Stüler, mit, der die angefangene Kur weiterhin fortſetzen ſollte. Die neue Lebensordnung wurde für Rahel dadurch be- ſchwerlich und hart, daß alle gewohnten Reize und Erquickun- gen, welche ihren ſelten ganz ruhenden Leiden eine wenn auch nur vorübergehende Linderung oder Ablenkung zu bewirken pflegten, jetzt unterſagt waren. In Vertrauen und Geduld fügte ſie ſich dieſen Entbehrungen aller Art, empfand ſie aber ſchmerzlich, und es war uns oft jammervoll, ſie den Wunſch nach irgend einem gewohnten Labſal, zugleich ſelbſt aber auch deſſen Verneinung ausſprechen zu hören. Als nach begonne- ner Kur eine allgemeine Aufregung der Beſchwerden eintrat, und dieſe zum Theil auch den genommenen Mitteln zuzu- ſchreiben ſchien, wurde jene Entbehrung nur noch peinlicher, und die Kranke konnte dann, in ihrer geängſteten Unruhe, für die kein linderndes Eingreifen Statt fand, zuweilen den

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/54>, abgerufen am 15.10.2024.