-- Was, und wie mein Lieber, soll ich denn da entschei- den? Frei, zu allem in der Welt, bist und bleibst du mit mir in aller Ewigkeit, rück- und vorwärts hin; das ist aus- gemacht. -- Alle Verwirrung liegt, wie du sagst, in den Um- ständen: (und wahrlich, mir gefällt jetzt nur eine Art sie zu bekämpfen: mit einem Heere!) die aber gründen sich alle, und gründeten sich in der Vergangenheit, bloß auf den Gemüths- zug, den du mir ausgesprochen hast. -- Ich werde nun nichts mehr ändern, oder bereiten wollen. Das ist eben so gut, so schlecht meine ich, als Affektiren: weder außen muß man Um- stände provoziren und zurecht stellen wollen; noch innen Ge- fühle: beides geht nicht; bleibt also unwahr. Edler ist's; weil es stiller und gescheidter ist, abzuwarten in Stummheit, und in anständiger Haltung, was geschehen kann, und was Einem werden kann; und seine Einsicht darüber zu erklären, erhellen: werde ich das nicht so ausführen können, so werde ich bloß fehlen. Nun verzeih' mir auch! -- Du fürchtest, daß dein Brief mich "in einer heftigen Stimmung träfe!" Wenige sind explosiver als ich; das weiß ich selbst. Unvernunft aber wirft bei mir, oder erzeugt vielmehr, die größte Explosion nicht! Nie hat Zorn etwas in meiner Seele geschaffen, was nicht lange ihr von meinem Geiste überkommen wäre. Zurück- halten kann ich es lange: aber nur früher oder später wär' es hervor gekommen. Das mußt du doch auch schon bemerkt haben. An dir, mein Lieber, ist nun jede Entscheidung: und ich erwarte sie mit reiner Seele. Noch Einmal aber, und aus Grund des Herzens bitte ich dich, folge ganz und gar dem
Dienstag, den 31. Januar.
— Was, und wie mein Lieber, ſoll ich denn da entſchei- den? Frei, zu allem in der Welt, biſt und bleibſt du mit mir in aller Ewigkeit, rück- und vorwärts hin; das iſt aus- gemacht. — Alle Verwirrung liegt, wie du ſagſt, in den Um- ſtänden: (und wahrlich, mir gefällt jetzt nur eine Art ſie zu bekämpfen: mit einem Heere!) die aber gründen ſich alle, und gründeten ſich in der Vergangenheit, bloß auf den Gemüths- zug, den du mir ausgeſprochen haſt. — Ich werde nun nichts mehr ändern, oder bereiten wollen. Das iſt eben ſo gut, ſo ſchlecht meine ich, als Affektiren: weder außen muß man Um- ſtände provoziren und zurecht ſtellen wollen; noch innen Ge- fühle: beides geht nicht; bleibt alſo unwahr. Edler iſt’s; weil es ſtiller und geſcheidter iſt, abzuwarten in Stummheit, und in anſtändiger Haltung, was geſchehen kann, und was Einem werden kann; und ſeine Einſicht darüber zu erklären, erhellen: werde ich das nicht ſo ausführen können, ſo werde ich bloß fehlen. Nun verzeih’ mir auch! — Du fürchteſt, daß dein Brief mich „in einer heftigen Stimmung träfe!“ Wenige ſind exploſiver als ich; das weiß ich ſelbſt. Unvernunft aber wirft bei mir, oder erzeugt vielmehr, die größte Exploſion nicht! Nie hat Zorn etwas in meiner Seele geſchaffen, was nicht lange ihr von meinem Geiſte überkommen wäre. Zurück- halten kann ich es lange: aber nur früher oder ſpäter wär’ es hervor gekommen. Das mußt du doch auch ſchon bemerkt haben. An dir, mein Lieber, iſt nun jede Entſcheidung: und ich erwarte ſie mit reiner Seele. Noch Einmal aber, und aus Grund des Herzens bitte ich dich, folge ganz und gar dem
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Dienstag, den 31. Januar.
— Was, und wie mein Lieber, ſoll ich denn da entſchei-
den? Frei, zu allem in der Welt, biſt und bleibſt du mit
mir in aller Ewigkeit, rück- und vorwärts hin; das iſt aus-
gemacht. — Alle Verwirrung liegt, wie du ſagſt, in den Um-
ſtänden: (und wahrlich, mir gefällt jetzt nur eine Art ſie zu
bekämpfen: mit einem Heere!) die aber gründen ſich alle, und
gründeten ſich in der Vergangenheit, bloß auf den Gemüths-
zug, den du mir ausgeſprochen haſt. — Ich werde nun nichts
mehr ändern, oder bereiten wollen. Das iſt eben ſo gut, ſo
ſchlecht meine ich, als Affektiren: weder außen muß man Um-
ſtände provoziren und zurecht ſtellen wollen; noch innen Ge-
fühle: beides geht nicht; bleibt alſo unwahr. Edler iſt’s;
weil es ſtiller und geſcheidter iſt, abzuwarten in Stummheit,
und in anſtändiger Haltung, was geſchehen kann, und was
Einem werden kann; und ſeine Einſicht darüber zu erklären,
erhellen: werde ich das nicht ſo ausführen können, ſo werde
ich bloß fehlen. Nun verzeih’ mir auch! — Du fürchteſt, daß
dein Brief mich „in einer heftigen Stimmung träfe!“ Wenige
ſind exploſiver als ich; das weiß ich ſelbſt. Unvernunft aber
wirft bei mir, oder erzeugt vielmehr, die größte Exploſion
nicht! Nie hat Zorn etwas in meiner Seele geſchaffen, was
nicht lange ihr von meinem Geiſte überkommen wäre. Zurück-
halten kann ich es lange: aber nur früher oder ſpäter wär’
es hervor gekommen. Das mußt du doch auch ſchon bemerkt
haben. An dir, mein Lieber, iſt nun jede Entſcheidung: und
ich erwarte ſie mit reiner Seele. Noch Einmal aber, und aus
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/411>, abgerufen am 28.11.2024.
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