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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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künftige, in einigen Monaten, nicht. Der größte Hieb von
dir ist mir angebracht: du zeigtest dich gleich wahr, wie du
bist, jetzt kann's nur wieder so kommen. -- Nachsichtig aber
kannst du doch mit mir sein! Stell dir meine Natur, meine
Art mich zu geben, dar; und bedenke was mir begegnet ist,
alles! Mein Schicksal: da kommt der Ausdruck wohl aus
dem Gleichgewicht. Und auch ich, Varnhagen, stellte mich dir
konzentrirt, und also ärger dar. -- Unglücklicher, als ich vor
deiner Bekanntschaft war, kann ich nicht werden. Und in ei-
nem vorigen Briefe schrieb ich schon: "Ich dachte eine Zeit
lang, nicht allein zu sein; ich bin es wieder;" damit meinte
ich nur das. Mußt du mich also lassen, so thue es ganz ge-
trost. Folge deinem Herzen, deinem innren Sinn ganz! Willst
du, begehrst du, eine Zeit lang mit mir zu sein; so komme
auch! Mein Herz empfängt dich! -- wie du es dir nur wün-
schen kannst, wie du es schon erlebt hast. Findest du das
wieder, eisern, tüchtig, kolossal -- ich weiß daß es auch Lob
ist -- so bin ich es! So wird mein Herz immer auf dem
Papier. Ich versteh nicht sanft, weiblich, lieblich, halb zu wäh-
len: so daß man mich auffangen und halten muß. Und auch
jetzt wähle ich wieder ganz. -- Darüber, daß wenn ein Besse-
rer als du käme; der mich ganz erfüllte, in Anspruch nähme,
wie du sagst: darüber gieb dich auch zufrieden. Erstlich, ist
das in aller Ewigkeit, bei jedem Paar Menschen der Fall.
Eben weil die Möglichkeiten doch in's Unendliche gedacht
werden können. Aber damit sei es so, als wenn ich des
Nero -- glaube ich -- goldenes Haus bekomme; dann reiße
die Stadt worin ich wohne ein, und ich will still schweigen. --


künftige, in einigen Monaten, nicht. Der größte Hieb von
dir iſt mir angebracht: du zeigteſt dich gleich wahr, wie du
biſt, jetzt kann’s nur wieder ſo kommen. — Nachſichtig aber
kannſt du doch mit mir ſein! Stell dir meine Natur, meine
Art mich zu geben, dar; und bedenke was mir begegnet iſt,
alles! Mein Schickſal: da kommt der Ausdruck wohl aus
dem Gleichgewicht. Und auch ich, Varnhagen, ſtellte mich dir
konzentrirt, und alſo ärger dar. — Unglücklicher, als ich vor
deiner Bekanntſchaft war, kann ich nicht werden. Und in ei-
nem vorigen Briefe ſchrieb ich ſchon: „Ich dachte eine Zeit
lang, nicht allein zu ſein; ich bin es wieder;“ damit meinte
ich nur das. Mußt du mich alſo laſſen, ſo thue es ganz ge-
troſt. Folge deinem Herzen, deinem innren Sinn ganz! Willſt
du, begehrſt du, eine Zeit lang mit mir zu ſein; ſo komme
auch! Mein Herz empfängt dich! — wie du es dir nur wün-
ſchen kannſt, wie du es ſchon erlebt haſt. Findeſt du das
wieder, eiſern, tüchtig, koloſſal — ich weiß daß es auch Lob
iſt — ſo bin ich es! So wird mein Herz immer auf dem
Papier. Ich verſteh nicht ſanft, weiblich, lieblich, halb zu wäh-
len: ſo daß man mich auffangen und halten muß. Und auch
jetzt wähle ich wieder ganz. — Darüber, daß wenn ein Beſſe-
rer als du käme; der mich ganz erfüllte, in Anſpruch nähme,
wie du ſagſt: darüber gieb dich auch zufrieden. Erſtlich, iſt
das in aller Ewigkeit, bei jedem Paar Menſchen der Fall.
Eben weil die Möglichkeiten doch in’s Unendliche gedacht
werden können. Aber damit ſei es ſo, als wenn ich des
Nero — glaube ich — goldenes Haus bekomme; dann reiße
die Stadt worin ich wohne ein, und ich will ſtill ſchweigen. —


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[396/0410] künftige, in einigen Monaten, nicht. Der größte Hieb von dir iſt mir angebracht: du zeigteſt dich gleich wahr, wie du biſt, jetzt kann’s nur wieder ſo kommen. — Nachſichtig aber kannſt du doch mit mir ſein! Stell dir meine Natur, meine Art mich zu geben, dar; und bedenke was mir begegnet iſt, alles! Mein Schickſal: da kommt der Ausdruck wohl aus dem Gleichgewicht. Und auch ich, Varnhagen, ſtellte mich dir konzentrirt, und alſo ärger dar. — Unglücklicher, als ich vor deiner Bekanntſchaft war, kann ich nicht werden. Und in ei- nem vorigen Briefe ſchrieb ich ſchon: „Ich dachte eine Zeit lang, nicht allein zu ſein; ich bin es wieder;“ damit meinte ich nur das. Mußt du mich alſo laſſen, ſo thue es ganz ge- troſt. Folge deinem Herzen, deinem innren Sinn ganz! Willſt du, begehrſt du, eine Zeit lang mit mir zu ſein; ſo komme auch! Mein Herz empfängt dich! — wie du es dir nur wün- ſchen kannſt, wie du es ſchon erlebt haſt. Findeſt du das wieder, eiſern, tüchtig, koloſſal — ich weiß daß es auch Lob iſt — ſo bin ich es! So wird mein Herz immer auf dem Papier. Ich verſteh nicht ſanft, weiblich, lieblich, halb zu wäh- len: ſo daß man mich auffangen und halten muß. Und auch jetzt wähle ich wieder ganz. — Darüber, daß wenn ein Beſſe- rer als du käme; der mich ganz erfüllte, in Anſpruch nähme, wie du ſagſt: darüber gieb dich auch zufrieden. Erſtlich, iſt das in aller Ewigkeit, bei jedem Paar Menſchen der Fall. Eben weil die Möglichkeiten doch in’s Unendliche gedacht werden können. Aber damit ſei es ſo, als wenn ich des Nero — glaube ich — goldenes Haus bekomme; dann reiße die Stadt worin ich wohne ein, und ich will ſtill ſchweigen. —

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/410>, abgerufen am 28.11.2024.