du sahst immer so aus, als wüßtest du doch heimlich, es sei ein Traum, und du wolltest es mir nur nicht sagen. Wie ein Geist aus einer andern Welt sahst du aus, der recht viel verschweigt und trägt, und du sahst doch aus wie du. Und dann bin ich auch betrübt, daß so etwas immer nur ein Traum ist: und daß man es im Traum schon nicht mehr glaubt. Das kommt alles von Karltge's zärtlichem Brief! Es ist ganz natürlich, Karl, daß du mich liebst. Ich liebe dich auch; -- und frag Rose, ob das bei so bewandten Umständen nicht rasend viel ist -- und nur auf diese einzige Weise kann ein Mensch etwas von dem andern wissen; die sich nicht lieben, existiren nicht für einander. Über's Jahr besuch' ich dich! Wenn ich nicht regieren muß; oder auf dem Mist liege! Ist das nicht das beste Zeichen? die beste Schmeichelrede? Dein uller Brief hat mich recht gefreut! Weil er mit Trieb geschrieben war; das kann ich gleich sehen. Rose! Scholz ist im Haag Charge d'affaires; und außer sich, dich zu sehen. Fahre also um Gottes willen hin. Und laß ihn gleich holen! ich versichere dich, er ist brav. Schicke Karl gleich hin. Zeigt ihm diesen Brief. Antworten kann ich nicht gleich. Ich bin bos -- nicht bös -- mit der Welt. Was machen denn deine olle Underbrucks, Luitzi? "In einem Thal, wo junge Hirreten!" du Esel! Liebe Erdbeere, red' ihm meine Worte vor! Scholz soll den Jungen küssen. Kinder schreibt mir von Dedem, was er für Hoffnungen, für ein Schicksal hat, und ob er "bos" mit euch ist. Sag Scholz, ich dank' ihm für den Brief, weil er mir Freude macht. Gott, wie kann er nicht wissen, daß er in Paris an mich denken muß. Kommt nicht
du ſahſt immer ſo aus, als wüßteſt du doch heimlich, es ſei ein Traum, und du wollteſt es mir nur nicht ſagen. Wie ein Geiſt aus einer andern Welt ſahſt du aus, der recht viel verſchweigt und trägt, und du ſahſt doch aus wie du. Und dann bin ich auch betrübt, daß ſo etwas immer nur ein Traum iſt: und daß man es im Traum ſchon nicht mehr glaubt. Das kommt alles von Karltge’s zärtlichem Brief! Es iſt ganz natürlich, Karl, daß du mich liebſt. Ich liebe dich auch; — und frag Roſe, ob das bei ſo bewandten Umſtänden nicht raſend viel iſt — und nur auf dieſe einzige Weiſe kann ein Menſch etwas von dem andern wiſſen; die ſich nicht lieben, exiſtiren nicht für einander. Über’s Jahr beſuch’ ich dich! Wenn ich nicht regieren muß; oder auf dem Miſt liege! Iſt das nicht das beſte Zeichen? die beſte Schmeichelrede? Dein uller Brief hat mich recht gefreut! Weil er mit Trieb geſchrieben war; das kann ich gleich ſehen. Roſe! Scholz iſt im Haag Chargé d’affaires; und außer ſich, dich zu ſehen. Fahre alſo um Gottes willen hin. Und laß ihn gleich holen! ich verſichere dich, er iſt brav. Schicke Karl gleich hin. Zeigt ihm dieſen Brief. Antworten kann ich nicht gleich. Ich bin bos — nicht bös — mit der Welt. Was machen denn deine olle Underbrucks, Luitzi? „In einem Thal, wo junge Hirreten!“ du Eſel! Liebe Erdbeere, red’ ihm meine Worte vor! Scholz ſoll den Jungen küſſen. Kinder ſchreibt mir von Dedem, was er für Hoffnungen, für ein Schickſal hat, und ob er „bos“ mit euch iſt. Sag Scholz, ich dank’ ihm für den Brief, weil er mir Freude macht. Gott, wie kann er nicht wiſſen, daß er in Paris an mich denken muß. Kommt nicht
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du ſahſt immer ſo aus, als wüßteſt du doch heimlich, es ſei
ein Traum, und du wollteſt es mir nur nicht ſagen. Wie
ein Geiſt aus einer andern Welt ſahſt du aus, der recht viel
verſchweigt und trägt, und du ſahſt doch aus wie du. Und
dann bin ich auch betrübt, daß ſo etwas immer nur ein Traum
iſt: und daß man es im Traum ſchon nicht mehr glaubt. Das
kommt alles von Karltge’s zärtlichem Brief! Es iſt ganz
natürlich, Karl, daß du mich liebſt. Ich liebe dich auch; —
und frag Roſe, ob das bei ſo bewandten Umſtänden nicht
raſend viel iſt — und nur auf dieſe einzige Weiſe kann ein
Menſch etwas von dem andern wiſſen; die ſich nicht lieben,
exiſtiren nicht für einander. Über’s Jahr beſuch’ ich dich!
Wenn ich nicht regieren muß; oder auf dem Miſt liege!
Iſt das nicht das beſte Zeichen? die beſte Schmeichelrede?
Dein uller Brief hat mich recht gefreut! Weil er mit Trieb
geſchrieben war; das kann ich gleich ſehen. Roſe! Scholz iſt
im Haag Chargé d’affaires; und außer ſich, dich zu ſehen.
Fahre alſo um Gottes willen hin. Und laß ihn gleich holen!
ich verſichere dich, er iſt brav. Schicke Karl gleich hin.
Zeigt ihm dieſen Brief. Antworten kann ich nicht gleich. Ich
bin bos — nicht bös — mit der Welt. Was machen denn
deine olle Underbrucks, Luitzi? „In einem Thal, wo junge
Hirreten!“ du Eſel! Liebe Erdbeere, red’ ihm meine Worte
vor! Scholz ſoll den Jungen küſſen. Kinder ſchreibt mir von
Dedem, was er für Hoffnungen, für ein Schickſal hat, und
ob er „bos“ mit euch iſt. Sag Scholz, ich dank’ ihm für
den Brief, weil er mir Freude macht. Gott, wie kann er nicht
wiſſen, daß er in Paris an mich denken muß. Kommt nicht
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/284>, abgerufen am 27.11.2024.
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