Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

verkrochen hatten. Tettenborn ließ bestens für die Ver¬
wundeten sorgen und durch den verdienten hanseatischen
Stabsarzt Doktor Redlich ihnen alle ärztliche Hülfe
zukommen, welche die Umstände gestatteten. Unter den
Gefangenen befand sich ein polnischer General, ein
französischer Oberst, die beiden Adjutanten des Generals
Pecheux, und viele Offiziere, die größtentheils in Spa¬
nien gedient hatten, und zu den Truppen in Deutsch¬
land versetzt worden waren. Ein sehr ausgezeichneter
französischer Offizier, Major Ville, war auf dem Schlacht¬
felde an seinen Wunden gestorben. Wir verloren in
diesem Treffen an Todten und Verwundeten gegen
1000 Mann. Wallmoden hatte durch eine Kanonen¬
kugel ein Pferd unter dem Leibe verloren, Tettenborn
das seinige zweimal wechseln müssen; diese beiden Gene¬
rale nebst dem General von Dörnberg hatten die Gefahr
vielleicht begieriger aufgesucht und verwegener heraus¬
gefordert, als man den Feldherrn gewöhnlich erlauben
will; zwar haben die Gründe, welche man anzuführen
pflegt, um die Anführer in der Schlacht unnöthiger
Gefahr zu entrücken, vieles für sich, allein wir geste¬
hen offen, daß die ausgezeichnete persönliche Tapferkeit
ein zu schöner und edler Theil des Kriegsruhms ist,
als daß ihn selbst der oberste Anführer dem gemeinen
Soldaten ganz überlassen dürfte; und alle ächte Feld¬
herren haben wenigstens nicht verschmäht, immer mit
Lust und Eifer den Ruhm zu erneuern, den zu erwer¬

verkrochen hatten. Tettenborn ließ beſtens fuͤr die Ver¬
wundeten ſorgen und durch den verdienten hanſeatiſchen
Stabsarzt Doktor Redlich ihnen alle aͤrztliche Huͤlfe
zukommen, welche die Umſtaͤnde geſtatteten. Unter den
Gefangenen befand ſich ein polniſcher General, ein
franzoͤſiſcher Oberſt, die beiden Adjutanten des Generals
Pecheux, und viele Offiziere, die groͤßtentheils in Spa¬
nien gedient hatten, und zu den Truppen in Deutſch¬
land verſetzt worden waren. Ein ſehr ausgezeichneter
franzoͤſiſcher Offizier, Major Ville, war auf dem Schlacht¬
felde an ſeinen Wunden geſtorben. Wir verloren in
dieſem Treffen an Todten und Verwundeten gegen
1000 Mann. Wallmoden hatte durch eine Kanonen¬
kugel ein Pferd unter dem Leibe verloren, Tettenborn
das ſeinige zweimal wechſeln muͤſſen; dieſe beiden Gene¬
rale nebſt dem General von Doͤrnberg hatten die Gefahr
vielleicht begieriger aufgeſucht und verwegener heraus¬
gefordert, als man den Feldherrn gewoͤhnlich erlauben
will; zwar haben die Gruͤnde, welche man anzufuͤhren
pflegt, um die Anfuͤhrer in der Schlacht unnoͤthiger
Gefahr zu entruͤcken, vieles fuͤr ſich, allein wir geſte¬
hen offen, daß die ausgezeichnete perſoͤnliche Tapferkeit
ein zu ſchoͤner und edler Theil des Kriegsruhms iſt,
als daß ihn ſelbſt der oberſte Anfuͤhrer dem gemeinen
Soldaten ganz uͤberlaſſen duͤrfte; und alle aͤchte Feld¬
herren haben wenigſtens nicht verſchmaͤht, immer mit
Luſt und Eifer den Ruhm zu erneuern, den zu erwer¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0455" n="443"/>
verkrochen hatten. Tettenborn ließ be&#x017F;tens fu&#x0364;r die Ver¬<lb/>
wundeten &#x017F;orgen und durch den verdienten han&#x017F;eati&#x017F;chen<lb/>
Stabsarzt Doktor Redlich ihnen alle a&#x0364;rztliche Hu&#x0364;lfe<lb/>
zukommen, welche die Um&#x017F;ta&#x0364;nde ge&#x017F;tatteten. Unter den<lb/>
Gefangenen befand &#x017F;ich ein polni&#x017F;cher General, ein<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Ober&#x017F;t, die beiden Adjutanten des Generals<lb/>
Pecheux, und viele Offiziere, die gro&#x0364;ßtentheils in Spa¬<lb/>
nien gedient hatten, und zu den Truppen in Deut&#x017F;ch¬<lb/>
land ver&#x017F;etzt worden waren. Ein &#x017F;ehr ausgezeichneter<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Offizier, Major Ville, war auf dem Schlacht¬<lb/>
felde an &#x017F;einen Wunden ge&#x017F;torben. Wir verloren in<lb/>
die&#x017F;em Treffen an Todten und Verwundeten gegen<lb/><hi rendition="#b">1000</hi> Mann. Wallmoden hatte durch eine Kanonen¬<lb/>
kugel ein Pferd unter dem Leibe verloren, Tettenborn<lb/>
das &#x017F;einige zweimal wech&#x017F;eln mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; die&#x017F;e beiden Gene¬<lb/>
rale neb&#x017F;t dem General von Do&#x0364;rnberg hatten die Gefahr<lb/>
vielleicht begieriger aufge&#x017F;ucht und verwegener heraus¬<lb/>
gefordert, als man den Feldherrn gewo&#x0364;hnlich erlauben<lb/>
will; zwar haben die Gru&#x0364;nde, welche man anzufu&#x0364;hren<lb/>
pflegt, um die Anfu&#x0364;hrer in der Schlacht unno&#x0364;thiger<lb/>
Gefahr zu entru&#x0364;cken, vieles fu&#x0364;r &#x017F;ich, allein wir ge&#x017F;te¬<lb/>
hen offen, daß die ausgezeichnete per&#x017F;o&#x0364;nliche Tapferkeit<lb/>
ein zu &#x017F;cho&#x0364;ner und edler Theil des Kriegsruhms i&#x017F;t,<lb/>
als daß ihn &#x017F;elb&#x017F;t der ober&#x017F;te Anfu&#x0364;hrer dem gemeinen<lb/>
Soldaten ganz u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en du&#x0364;rfte; und alle a&#x0364;chte Feld¬<lb/>
herren haben wenig&#x017F;tens nicht ver&#x017F;chma&#x0364;ht, immer mit<lb/>
Lu&#x017F;t und Eifer den Ruhm zu erneuern, den zu erwer¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[443/0455] verkrochen hatten. Tettenborn ließ beſtens fuͤr die Ver¬ wundeten ſorgen und durch den verdienten hanſeatiſchen Stabsarzt Doktor Redlich ihnen alle aͤrztliche Huͤlfe zukommen, welche die Umſtaͤnde geſtatteten. Unter den Gefangenen befand ſich ein polniſcher General, ein franzoͤſiſcher Oberſt, die beiden Adjutanten des Generals Pecheux, und viele Offiziere, die groͤßtentheils in Spa¬ nien gedient hatten, und zu den Truppen in Deutſch¬ land verſetzt worden waren. Ein ſehr ausgezeichneter franzoͤſiſcher Offizier, Major Ville, war auf dem Schlacht¬ felde an ſeinen Wunden geſtorben. Wir verloren in dieſem Treffen an Todten und Verwundeten gegen 1000 Mann. Wallmoden hatte durch eine Kanonen¬ kugel ein Pferd unter dem Leibe verloren, Tettenborn das ſeinige zweimal wechſeln muͤſſen; dieſe beiden Gene¬ rale nebſt dem General von Doͤrnberg hatten die Gefahr vielleicht begieriger aufgeſucht und verwegener heraus¬ gefordert, als man den Feldherrn gewoͤhnlich erlauben will; zwar haben die Gruͤnde, welche man anzufuͤhren pflegt, um die Anfuͤhrer in der Schlacht unnoͤthiger Gefahr zu entruͤcken, vieles fuͤr ſich, allein wir geſte¬ hen offen, daß die ausgezeichnete perſoͤnliche Tapferkeit ein zu ſchoͤner und edler Theil des Kriegsruhms iſt, als daß ihn ſelbſt der oberſte Anfuͤhrer dem gemeinen Soldaten ganz uͤberlaſſen duͤrfte; und alle aͤchte Feld¬ herren haben wenigſtens nicht verſchmaͤht, immer mit Luſt und Eifer den Ruhm zu erneuern, den zu erwer¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/455
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/455>, abgerufen am 22.11.2024.