das Anwenden dieser höllischen Erfindung. Uns jedoch schien die Wirkung der Kanonen noch größer und siche¬ rer. Der Einbruch der Nacht nahm die geringen Reste des Feindes in schützendes Dunkel; und in wegloser Waldung, die unsere ohnehin ermüdete Reiterei endlich vom Verfolgen abhielt, setzte er die Flucht fort. Der General Pecheux selbst und 600 Mann waren entkom¬ men, und gewannen noch in selbiger Nacht Lüneburg, wo sie nur kurze Zeit ruhten und dann nach Ham¬ burg aufbrachen. Die ganze Division von 7000 Mann war vernichtet, alle Kanonen, 8 an der Zahl, genom¬ men, alles Gepäck in unsere Hände gefallen. Die Niederlage konnte, außer daß der oberste Befehlshaber entkommen war, nicht größer sein. Der General Pecheux verzweifelte, und vergoß auf der Straße in Lüneburg Thränen über sein schmachvolles Unglück, das wegen des großen Heldenmuthes, mit welchem die Schuld des gewarnten, aber starrsinnig beharrenden Vorgesetzten durch den Tod so vieler Tapfern gebüßt worden, in wirklich tragischer Gestalt erschien, und dem unglückli¬ chen Feind unsere Hochachtung und unser Mitgefühl zu Begleitern gab. An Todten und Verwundeten verlo¬ ren die Franzosen in diesem Treffen bei der Görde über 2500 Mann, die übrige Mannschaft war gefangen oder zerstreut, noch nach vier Tagen schleppten die Bauern aus dem Walde viele Versprengte herbei, die theils dort verwundet liegen geblieben, theils sich dahin
das Anwenden dieſer hoͤlliſchen Erfindung. Uns jedoch ſchien die Wirkung der Kanonen noch groͤßer und ſiche¬ rer. Der Einbruch der Nacht nahm die geringen Reſte des Feindes in ſchuͤtzendes Dunkel; und in wegloſer Waldung, die unſere ohnehin ermuͤdete Reiterei endlich vom Verfolgen abhielt, ſetzte er die Flucht fort. Der General Pecheux ſelbſt und 600 Mann waren entkom¬ men, und gewannen noch in ſelbiger Nacht Luͤneburg, wo ſie nur kurze Zeit ruhten und dann nach Ham¬ burg aufbrachen. Die ganze Diviſion von 7000 Mann war vernichtet, alle Kanonen, 8 an der Zahl, genom¬ men, alles Gepaͤck in unſere Haͤnde gefallen. Die Niederlage konnte, außer daß der oberſte Befehlshaber entkommen war, nicht groͤßer ſein. Der General Pecheux verzweifelte, und vergoß auf der Straße in Luͤneburg Thraͤnen uͤber ſein ſchmachvolles Ungluͤck, das wegen des großen Heldenmuthes, mit welchem die Schuld des gewarnten, aber ſtarrſinnig beharrenden Vorgeſetzten durch den Tod ſo vieler Tapfern gebuͤßt worden, in wirklich tragiſcher Geſtalt erſchien, und dem ungluͤckli¬ chen Feind unſere Hochachtung und unſer Mitgefuͤhl zu Begleitern gab. An Todten und Verwundeten verlo¬ ren die Franzoſen in dieſem Treffen bei der Goͤrde uͤber 2500 Mann, die uͤbrige Mannſchaft war gefangen oder zerſtreut, noch nach vier Tagen ſchleppten die Bauern aus dem Walde viele Verſprengte herbei, die theils dort verwundet liegen geblieben, theils ſich dahin
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das Anwenden dieſer hoͤlliſchen Erfindung. Uns jedoch
ſchien die Wirkung der Kanonen noch groͤßer und ſiche¬
rer. Der Einbruch der Nacht nahm die geringen Reſte
des Feindes in ſchuͤtzendes Dunkel; und in wegloſer
Waldung, die unſere ohnehin ermuͤdete Reiterei endlich
vom Verfolgen abhielt, ſetzte er die Flucht fort. Der
General Pecheux ſelbſt und 600 Mann waren entkom¬
men, und gewannen noch in ſelbiger Nacht Luͤneburg,
wo ſie nur kurze Zeit ruhten und dann nach Ham¬
burg aufbrachen. Die ganze Diviſion von 7000 Mann
war vernichtet, alle Kanonen, 8 an der Zahl, genom¬
men, alles Gepaͤck in unſere Haͤnde gefallen. Die
Niederlage konnte, außer daß der oberſte Befehlshaber
entkommen war, nicht groͤßer ſein. Der General Pecheux
verzweifelte, und vergoß auf der Straße in Luͤneburg
Thraͤnen uͤber ſein ſchmachvolles Ungluͤck, das wegen
des großen Heldenmuthes, mit welchem die Schuld des
gewarnten, aber ſtarrſinnig beharrenden Vorgeſetzten
durch den Tod ſo vieler Tapfern gebuͤßt worden, in
wirklich tragiſcher Geſtalt erſchien, und dem ungluͤckli¬
chen Feind unſere Hochachtung und unſer Mitgefuͤhl zu
Begleitern gab. An Todten und Verwundeten verlo¬
ren die Franzoſen in dieſem Treffen bei der Goͤrde
uͤber 2500 Mann, die uͤbrige Mannſchaft war gefangen
oder zerſtreut, noch nach vier Tagen ſchleppten die
Bauern aus dem Walde viele Verſprengte herbei, die
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/454>, abgerufen am 22.11.2024.
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