nie des richtigen Scharfblicks, der besonnenen Vorsicht und des persönlichen Muthes bei irgend einer Gelegen¬ heit entbehrt habe; seine theilweisen Anordnungen aber weckten oft Unzufriedenheit und Widerspruch, denen nicht immer durch die That zu begegnen war. Seine Betheiligung in diesem Kriege überhaupt zeigte sich allerdings sehr verschieden von derjenigen, zu welcher die deutschen Gemüther aufgefordert waren; allein seine Freiheisgesinnung und sein Haß gegen Napoleon ver¬ banden ihn der deutschen Sache dennoch nahe genug.
In diesen Tagen hatten wir die umständlichen Nach¬ richten von den an der Katzbach, bei Kulm und bei Dennewitz erfochtenen Siegen empfangen, und die un¬ beschreibliche Freude, welche sie erregten, wurde uns nur dadurch verbittert, daß wir uns gegen die siegrei¬ chen Waffenbrüder noch so sehr zurück fühlten, und der traurige Beobachtungskrieg uns wenig Aussicht zeigte, gleich ihnen dem Feind entscheidende Schläge beizubringen. Zwar konnte die Lähmung und Festhal¬ tung des Marschalls Davoust und seiner überlegenen Macht leicht ein eben so großes Verdienst und ein nicht geringerer Vortheil für das Ganze dünken, als irgend einem andern Heertheil von gleicher Truppenstärke zu erwerben vergönnt gewesen war, und in der That empfingen Wallmoden und Tettenborn aus der Nähe und Ferne die Glückwünsche aller Kriegskundigen über die bisherigen Leistungen, welche auf dieser so sehr
nie des richtigen Scharfblicks, der beſonnenen Vorſicht und des perſoͤnlichen Muthes bei irgend einer Gelegen¬ heit entbehrt habe; ſeine theilweiſen Anordnungen aber weckten oft Unzufriedenheit und Widerſpruch, denen nicht immer durch die That zu begegnen war. Seine Betheiligung in dieſem Kriege uͤberhaupt zeigte ſich allerdings ſehr verſchieden von derjenigen, zu welcher die deutſchen Gemuͤther aufgefordert waren; allein ſeine Freiheisgeſinnung und ſein Haß gegen Napoleon ver¬ banden ihn der deutſchen Sache dennoch nahe genug.
In dieſen Tagen hatten wir die umſtaͤndlichen Nach¬ richten von den an der Katzbach, bei Kulm und bei Dennewitz erfochtenen Siegen empfangen, und die un¬ beſchreibliche Freude, welche ſie erregten, wurde uns nur dadurch verbittert, daß wir uns gegen die ſiegrei¬ chen Waffenbruͤder noch ſo ſehr zuruͤck fuͤhlten, und der traurige Beobachtungskrieg uns wenig Ausſicht zeigte, gleich ihnen dem Feind entſcheidende Schlaͤge beizubringen. Zwar konnte die Laͤhmung und Feſthal¬ tung des Marſchalls Davouſt und ſeiner uͤberlegenen Macht leicht ein eben ſo großes Verdienſt und ein nicht geringerer Vortheil fuͤr das Ganze duͤnken, als irgend einem andern Heertheil von gleicher Truppenſtaͤrke zu erwerben vergoͤnnt geweſen war, und in der That empfingen Wallmoden und Tettenborn aus der Naͤhe und Ferne die Gluͤckwuͤnſche aller Kriegskundigen uͤber die bisherigen Leiſtungen, welche auf dieſer ſo ſehr
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nie des richtigen Scharfblicks, der beſonnenen Vorſicht
und des perſoͤnlichen Muthes bei irgend einer Gelegen¬
heit entbehrt habe; ſeine theilweiſen Anordnungen aber
weckten oft Unzufriedenheit und Widerſpruch, denen
nicht immer durch die That zu begegnen war. Seine
Betheiligung in dieſem Kriege uͤberhaupt zeigte ſich
allerdings ſehr verſchieden von derjenigen, zu welcher
die deutſchen Gemuͤther aufgefordert waren; allein ſeine
Freiheisgeſinnung und ſein Haß gegen Napoleon ver¬
banden ihn der deutſchen Sache dennoch nahe genug.
In dieſen Tagen hatten wir die umſtaͤndlichen Nach¬
richten von den an der Katzbach, bei Kulm und bei
Dennewitz erfochtenen Siegen empfangen, und die un¬
beſchreibliche Freude, welche ſie erregten, wurde uns
nur dadurch verbittert, daß wir uns gegen die ſiegrei¬
chen Waffenbruͤder noch ſo ſehr zuruͤck fuͤhlten, und
der traurige Beobachtungskrieg uns wenig Ausſicht
zeigte, gleich ihnen dem Feind entſcheidende Schlaͤge
beizubringen. Zwar konnte die Laͤhmung und Feſthal¬
tung des Marſchalls Davouſt und ſeiner uͤberlegenen
Macht leicht ein eben ſo großes Verdienſt und ein nicht
geringerer Vortheil fuͤr das Ganze duͤnken, als irgend
einem andern Heertheil von gleicher Truppenſtaͤrke zu
erwerben vergoͤnnt geweſen war, und in der That
empfingen Wallmoden und Tettenborn aus der Naͤhe
und Ferne die Gluͤckwuͤnſche aller Kriegskundigen uͤber
die bisherigen Leiſtungen, welche auf dieſer ſo ſehr
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/444>, abgerufen am 23.11.2024.
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