Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Posten zog er aus Vorsicht alle ein, damit dieselben
nicht aufgehoben würden. Tettenborn ließ nunmehr
mit den Kosaken Jäger zu Fuß ausrücken, damit der
Feind auf den Vorposten Fußvolk sähe, und ließ jede
Nacht die feindlichen Lager alarmiren. Die Jäger
schlichen bis auf dreißig Schritt zu den Wachtfeuern
hinan, durch Dunkelheit und Gebüsch gedeckt, und
schossen ihre Büchsen ab, der Lärm durchdrang sogleich
das ganze Lager, und mitten durch hörte man das
Gewimmer der Verwundeten. Die Unsern streuten die
Zeitungsblätter mit den Nachrichten von den glücklichen
Fortschritten der verbündeten Heere auf den feindlichen
Wachtplätzen aus, und zogen sich vor Tag wieder auf
ihre Posten. Der Major von Lützow wurde mit einer
Parthei nach Boitzenburg gesandt, welchen Ort aber
noch vor seiner Ankunft der Feind in eiliger Flucht
verließ. Der Major von Arnim hatte mit der han¬
seatischen Reiterei bei Vicheln einen guten Angriff ge¬
macht, und den Feind geworfen. Durch alle diese
glücklichen, zwar kleinen, aber durch ihre Menge zu
bedeutendem Vortheil anwachsenden Unternehmungen,
wurde der Feind immer mehr und mehr eingeschüchtert,
und wagte zuletzt aus Zaghaftigkeit sich zu keinem Ge¬
fecht mehr hervor. Seine Lage wurde noch bedenkli¬
cher durch den Mangel an Nachrichten, der so groß
und so peinlich war, daß der Marschall Davoust sogar
ein Kind aus Schwerin nach der Berliner Zeitung

27*

Poſten zog er aus Vorſicht alle ein, damit dieſelben
nicht aufgehoben wuͤrden. Tettenborn ließ nunmehr
mit den Koſaken Jaͤger zu Fuß ausruͤcken, damit der
Feind auf den Vorpoſten Fußvolk ſaͤhe, und ließ jede
Nacht die feindlichen Lager alarmiren. Die Jaͤger
ſchlichen bis auf dreißig Schritt zu den Wachtfeuern
hinan, durch Dunkelheit und Gebuͤſch gedeckt, und
ſchoſſen ihre Buͤchſen ab, der Laͤrm durchdrang ſogleich
das ganze Lager, und mitten durch hoͤrte man das
Gewimmer der Verwundeten. Die Unſern ſtreuten die
Zeitungsblaͤtter mit den Nachrichten von den gluͤcklichen
Fortſchritten der verbuͤndeten Heere auf den feindlichen
Wachtplaͤtzen aus, und zogen ſich vor Tag wieder auf
ihre Poſten. Der Major von Luͤtzow wurde mit einer
Parthei nach Boitzenburg geſandt, welchen Ort aber
noch vor ſeiner Ankunft der Feind in eiliger Flucht
verließ. Der Major von Arnim hatte mit der han¬
ſeatiſchen Reiterei bei Vicheln einen guten Angriff ge¬
macht, und den Feind geworfen. Durch alle dieſe
gluͤcklichen, zwar kleinen, aber durch ihre Menge zu
bedeutendem Vortheil anwachſenden Unternehmungen,
wurde der Feind immer mehr und mehr eingeſchuͤchtert,
und wagte zuletzt aus Zaghaftigkeit ſich zu keinem Ge¬
fecht mehr hervor. Seine Lage wurde noch bedenkli¬
cher durch den Mangel an Nachrichten, der ſo groß
und ſo peinlich war, daß der Marſchall Davouſt ſogar
ein Kind aus Schwerin nach der Berliner Zeitung

27*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0431" n="419"/>
Po&#x017F;ten zog er aus Vor&#x017F;icht alle ein, damit die&#x017F;elben<lb/>
nicht aufgehoben wu&#x0364;rden. Tettenborn ließ nunmehr<lb/>
mit den Ko&#x017F;aken Ja&#x0364;ger zu Fuß ausru&#x0364;cken, damit der<lb/>
Feind auf den Vorpo&#x017F;ten Fußvolk &#x017F;a&#x0364;he, und ließ jede<lb/>
Nacht die feindlichen Lager alarmiren. Die Ja&#x0364;ger<lb/>
&#x017F;chlichen bis auf dreißig Schritt zu den Wachtfeuern<lb/>
hinan, durch Dunkelheit und Gebu&#x0364;&#x017F;ch gedeckt, und<lb/>
&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en ihre Bu&#x0364;ch&#x017F;en ab, der La&#x0364;rm durchdrang &#x017F;ogleich<lb/>
das ganze Lager, und mitten durch ho&#x0364;rte man das<lb/>
Gewimmer der Verwundeten. Die Un&#x017F;ern &#x017F;treuten die<lb/>
Zeitungsbla&#x0364;tter mit den Nachrichten von den glu&#x0364;cklichen<lb/>
Fort&#x017F;chritten der verbu&#x0364;ndeten Heere auf den feindlichen<lb/>
Wachtpla&#x0364;tzen aus, und zogen &#x017F;ich vor Tag wieder auf<lb/>
ihre Po&#x017F;ten. Der Major von Lu&#x0364;tzow wurde mit einer<lb/>
Parthei nach Boitzenburg ge&#x017F;andt, welchen Ort aber<lb/>
noch vor &#x017F;einer Ankunft der Feind in eiliger Flucht<lb/>
verließ. Der Major von Arnim hatte mit der han¬<lb/>
&#x017F;eati&#x017F;chen Reiterei bei Vicheln einen guten Angriff ge¬<lb/>
macht, und den Feind geworfen. Durch alle die&#x017F;e<lb/>
glu&#x0364;cklichen, zwar kleinen, aber durch ihre Menge zu<lb/>
bedeutendem Vortheil anwach&#x017F;enden Unternehmungen,<lb/>
wurde der Feind immer mehr und mehr einge&#x017F;chu&#x0364;chtert,<lb/>
und wagte zuletzt aus Zaghaftigkeit &#x017F;ich zu keinem Ge¬<lb/>
fecht mehr hervor. Seine Lage wurde noch bedenkli¬<lb/>
cher durch den Mangel an Nachrichten, der &#x017F;o groß<lb/>
und &#x017F;o peinlich war, daß der Mar&#x017F;chall Davou&#x017F;t &#x017F;ogar<lb/>
ein Kind aus Schwerin nach der Berliner Zeitung<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#b">27</hi>*<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[419/0431] Poſten zog er aus Vorſicht alle ein, damit dieſelben nicht aufgehoben wuͤrden. Tettenborn ließ nunmehr mit den Koſaken Jaͤger zu Fuß ausruͤcken, damit der Feind auf den Vorpoſten Fußvolk ſaͤhe, und ließ jede Nacht die feindlichen Lager alarmiren. Die Jaͤger ſchlichen bis auf dreißig Schritt zu den Wachtfeuern hinan, durch Dunkelheit und Gebuͤſch gedeckt, und ſchoſſen ihre Buͤchſen ab, der Laͤrm durchdrang ſogleich das ganze Lager, und mitten durch hoͤrte man das Gewimmer der Verwundeten. Die Unſern ſtreuten die Zeitungsblaͤtter mit den Nachrichten von den gluͤcklichen Fortſchritten der verbuͤndeten Heere auf den feindlichen Wachtplaͤtzen aus, und zogen ſich vor Tag wieder auf ihre Poſten. Der Major von Luͤtzow wurde mit einer Parthei nach Boitzenburg geſandt, welchen Ort aber noch vor ſeiner Ankunft der Feind in eiliger Flucht verließ. Der Major von Arnim hatte mit der han¬ ſeatiſchen Reiterei bei Vicheln einen guten Angriff ge¬ macht, und den Feind geworfen. Durch alle dieſe gluͤcklichen, zwar kleinen, aber durch ihre Menge zu bedeutendem Vortheil anwachſenden Unternehmungen, wurde der Feind immer mehr und mehr eingeſchuͤchtert, und wagte zuletzt aus Zaghaftigkeit ſich zu keinem Ge¬ fecht mehr hervor. Seine Lage wurde noch bedenkli¬ cher durch den Mangel an Nachrichten, der ſo groß und ſo peinlich war, daß der Marſchall Davouſt ſogar ein Kind aus Schwerin nach der Berliner Zeitung 27*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/431
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/431>, abgerufen am 06.06.2024.