lichen Anschein, der ihm desto unangenehmer war, als eine große schwedische Parthei nur ungern die Bezie¬ hungen zu Frankreich aufgegeben sah, und sich zu einem Mißtrauen berechtigt glaubte, das erst durch den Er¬ folg widerlegt werden sollte. Die Blüthe der schwedi¬ schen Kriegsmacht war nach einer stürmischen Ueber¬ fahrt in Pommern gelandet, zu einem Kriege bestimmt, in welchem Schweden nur auf Kosten Dänemarks ge¬ winnen konnte; die Aussicht, durch das geringste Ver¬ sehen jene, für Schweden nicht wie für andere Länder ersetzliche, Schutzwehr des Landes verlieren zu können, ohne Norwegen zu gewinnen, forderte zu einer Sorg¬ falt auf, die allerdings verbot sich in rasche Thätigkeit vorschnell einzulassen. Die Truppen, welche schon auf dem Meere gelitten hatten, beisammen zu halten und das Weitere abzuwarten, schien unerläßlich, wenn nicht Schwedens eigne Sicherheit gegen Dänemark auf's Spiel gesetzt werden sollte. Der Kronprinz stand in doppelter Eigenschaft da, als schwedischer Thronfolger und als Feldherr; als jener sah er sich wegen des Vor¬ theils seines Landes wenig beruhigt, als dieser seinen Erwartungen wegen des Bundesheeres, dessen Ober¬ befehl ihm zugesagt war, nicht entsprochen. Schweden sah sich aller seiner Hoffnungen beraubt, seine ganze Bedeutung in diesem Kriege verloren, wenn nicht Dä¬ nemark der Feind der Verbündeten blieb, sondern mit diesen und also auch mit Schweden in friedliche Ver¬
lichen Anſchein, der ihm deſto unangenehmer war, als eine große ſchwediſche Parthei nur ungern die Bezie¬ hungen zu Frankreich aufgegeben ſah, und ſich zu einem Mißtrauen berechtigt glaubte, das erſt durch den Er¬ folg widerlegt werden ſollte. Die Bluͤthe der ſchwedi¬ ſchen Kriegsmacht war nach einer ſtuͤrmiſchen Ueber¬ fahrt in Pommern gelandet, zu einem Kriege beſtimmt, in welchem Schweden nur auf Koſten Daͤnemarks ge¬ winnen konnte; die Ausſicht, durch das geringſte Ver¬ ſehen jene, fuͤr Schweden nicht wie fuͤr andere Laͤnder erſetzliche, Schutzwehr des Landes verlieren zu koͤnnen, ohne Norwegen zu gewinnen, forderte zu einer Sorg¬ falt auf, die allerdings verbot ſich in raſche Thaͤtigkeit vorſchnell einzulaſſen. Die Truppen, welche ſchon auf dem Meere gelitten hatten, beiſammen zu halten und das Weitere abzuwarten, ſchien unerlaͤßlich, wenn nicht Schwedens eigne Sicherheit gegen Daͤnemark auf's Spiel geſetzt werden ſollte. Der Kronprinz ſtand in doppelter Eigenſchaft da, als ſchwediſcher Thronfolger und als Feldherr; als jener ſah er ſich wegen des Vor¬ theils ſeines Landes wenig beruhigt, als dieſer ſeinen Erwartungen wegen des Bundesheeres, deſſen Ober¬ befehl ihm zugeſagt war, nicht entſprochen. Schweden ſah ſich aller ſeiner Hoffnungen beraubt, ſeine ganze Bedeutung in dieſem Kriege verloren, wenn nicht Daͤ¬ nemark der Feind der Verbuͤndeten blieb, ſondern mit dieſen und alſo auch mit Schweden in friedliche Ver¬
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lichen Anſchein, der ihm deſto unangenehmer war, als
eine große ſchwediſche Parthei nur ungern die Bezie¬
hungen zu Frankreich aufgegeben ſah, und ſich zu einem
Mißtrauen berechtigt glaubte, das erſt durch den Er¬
folg widerlegt werden ſollte. Die Bluͤthe der ſchwedi¬
ſchen Kriegsmacht war nach einer ſtuͤrmiſchen Ueber¬
fahrt in Pommern gelandet, zu einem Kriege beſtimmt,
in welchem Schweden nur auf Koſten Daͤnemarks ge¬
winnen konnte; die Ausſicht, durch das geringſte Ver¬
ſehen jene, fuͤr Schweden nicht wie fuͤr andere Laͤnder
erſetzliche, Schutzwehr des Landes verlieren zu koͤnnen,
ohne Norwegen zu gewinnen, forderte zu einer Sorg¬
falt auf, die allerdings verbot ſich in raſche Thaͤtigkeit
vorſchnell einzulaſſen. Die Truppen, welche ſchon auf
dem Meere gelitten hatten, beiſammen zu halten und
das Weitere abzuwarten, ſchien unerlaͤßlich, wenn nicht
Schwedens eigne Sicherheit gegen Daͤnemark auf's
Spiel geſetzt werden ſollte. Der Kronprinz ſtand in
doppelter Eigenſchaft da, als ſchwediſcher Thronfolger
und als Feldherr; als jener ſah er ſich wegen des Vor¬
theils ſeines Landes wenig beruhigt, als dieſer ſeinen
Erwartungen wegen des Bundesheeres, deſſen Ober¬
befehl ihm zugeſagt war, nicht entſprochen. Schweden
ſah ſich aller ſeiner Hoffnungen beraubt, ſeine ganze
Bedeutung in dieſem Kriege verloren, wenn nicht Daͤ¬
nemark der Feind der Verbuͤndeten blieb, ſondern mit
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/408>, abgerufen am 24.11.2024.
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