Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Unternehmungen, zu denen Tettenborn, jetzt nicht mehr
hinter Wällen und Gräben eingeengt, sondern mit sei¬
ner Reiterei wieder im freien Felde, und seinem eigent¬
lichen Elemente zurückgegeben, sich entschlossen anschickte.

Er hatte in den nächsten Tagen nach der Räumung
Hamburgs seine Truppen bei Lauenburg zusammenge¬
zogen, und seine Vorposten gegen Bergedorf und die
Gränze von Holstein vorgedrängt. In Boitzenburg
standen die wenig zahlreichen Truppen Wallmoden's.
Der Feind hatte eine große Ueberlegenheit an Mann¬
schaft und Geschütz, denn obwohl die Angaben in der
wieder französischen hamburgischen Zeitung die Anzahl
der eingerückten Franzosen prahlerisch übertrieben, so
befanden sich doch in Hamburg, nach sichern Nachrich¬
ten, die uns von dorther nie fehlten, wenigstens
10,000 Mann, gewiß das Vierfache der Unsrigen, und
was in diesen der entschlossene Eifer, das konnte in
jenen für den Augenblick der Uebermuth des gelunge¬
nen Erfolgs wirken. Die Beihülfe der Dänen ver¬
mehrte die Zahl des Feindes ins Unbestimmte, und
verlieh ihm zugleich Reiterei, an der es ihm bis dahin
gefehlt hatte. Wir sahen in der That auch alsbald
dänische Husaren gegen uns erscheinen, und mit den
Kosaken und hanseatischen Reitern plänkeln, und ob¬
wohl die dänischen Truppen überhaupt nur mit Wider¬
willen sich den französischen verbündet sahen, so machte
doch das, nach alter Erfahrung, in dem strengen Gange

25*

Unternehmungen, zu denen Tettenborn, jetzt nicht mehr
hinter Waͤllen und Graͤben eingeengt, ſondern mit ſei¬
ner Reiterei wieder im freien Felde, und ſeinem eigent¬
lichen Elemente zuruͤckgegeben, ſich entſchloſſen anſchickte.

Er hatte in den naͤchſten Tagen nach der Raͤumung
Hamburgs ſeine Truppen bei Lauenburg zuſammenge¬
zogen, und ſeine Vorpoſten gegen Bergedorf und die
Graͤnze von Holſtein vorgedraͤngt. In Boitzenburg
ſtanden die wenig zahlreichen Truppen Wallmoden's.
Der Feind hatte eine große Ueberlegenheit an Mann¬
ſchaft und Geſchuͤtz, denn obwohl die Angaben in der
wieder franzoͤſiſchen hamburgiſchen Zeitung die Anzahl
der eingeruͤckten Franzoſen prahleriſch uͤbertrieben, ſo
befanden ſich doch in Hamburg, nach ſichern Nachrich¬
ten, die uns von dorther nie fehlten, wenigſtens
10,000 Mann, gewiß das Vierfache der Unſrigen, und
was in dieſen der entſchloſſene Eifer, das konnte in
jenen fuͤr den Augenblick der Uebermuth des gelunge¬
nen Erfolgs wirken. Die Beihuͤlfe der Daͤnen ver¬
mehrte die Zahl des Feindes ins Unbeſtimmte, und
verlieh ihm zugleich Reiterei, an der es ihm bis dahin
gefehlt hatte. Wir ſahen in der That auch alsbald
daͤniſche Huſaren gegen uns erſcheinen, und mit den
Koſaken und hanſeatiſchen Reitern plaͤnkeln, und ob¬
wohl die daͤniſchen Truppen uͤberhaupt nur mit Wider¬
willen ſich den franzoͤſiſchen verbuͤndet ſahen, ſo machte
doch das, nach alter Erfahrung, in dem ſtrengen Gange

25*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0399" n="387"/>
Unternehmungen, zu denen Tettenborn, jetzt nicht mehr<lb/>
hinter Wa&#x0364;llen und Gra&#x0364;ben eingeengt, &#x017F;ondern mit &#x017F;ei¬<lb/>
ner Reiterei wieder im freien Felde, und &#x017F;einem eigent¬<lb/>
lichen Elemente zuru&#x0364;ckgegeben, &#x017F;ich ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en an&#x017F;chickte.</p><lb/>
        <p>Er hatte in den na&#x0364;ch&#x017F;ten Tagen nach der Ra&#x0364;umung<lb/>
Hamburgs &#x017F;eine Truppen bei Lauenburg zu&#x017F;ammenge¬<lb/>
zogen, und &#x017F;eine Vorpo&#x017F;ten gegen Bergedorf und die<lb/>
Gra&#x0364;nze von Hol&#x017F;tein vorgedra&#x0364;ngt. In Boitzenburg<lb/>
&#x017F;tanden die wenig zahlreichen Truppen Wallmoden's.<lb/>
Der Feind hatte eine große Ueberlegenheit an Mann¬<lb/>
&#x017F;chaft und Ge&#x017F;chu&#x0364;tz, denn obwohl die Angaben in der<lb/>
wieder franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen hamburgi&#x017F;chen Zeitung die Anzahl<lb/>
der eingeru&#x0364;ckten Franzo&#x017F;en prahleri&#x017F;ch u&#x0364;bertrieben, &#x017F;o<lb/>
befanden &#x017F;ich doch in Hamburg, nach &#x017F;ichern Nachrich¬<lb/>
ten, die uns von dorther nie fehlten, wenig&#x017F;tens<lb/><hi rendition="#b">10,000</hi> Mann, gewiß das Vierfache der Un&#x017F;rigen, und<lb/>
was in die&#x017F;en der ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Eifer, das konnte in<lb/>
jenen fu&#x0364;r den Augenblick der Uebermuth des gelunge¬<lb/>
nen Erfolgs wirken. Die Beihu&#x0364;lfe der Da&#x0364;nen ver¬<lb/>
mehrte die Zahl des Feindes ins Unbe&#x017F;timmte, und<lb/>
verlieh ihm zugleich Reiterei, an der es ihm bis dahin<lb/>
gefehlt hatte. Wir &#x017F;ahen in der That auch alsbald<lb/>
da&#x0364;ni&#x017F;che Hu&#x017F;aren gegen uns er&#x017F;cheinen, und mit den<lb/>
Ko&#x017F;aken und han&#x017F;eati&#x017F;chen Reitern pla&#x0364;nkeln, und ob¬<lb/>
wohl die da&#x0364;ni&#x017F;chen Truppen u&#x0364;berhaupt nur mit Wider¬<lb/>
willen &#x017F;ich den franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen verbu&#x0364;ndet &#x017F;ahen, &#x017F;o machte<lb/>
doch das, nach alter Erfahrung, in dem &#x017F;trengen Gange<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#b">25</hi>*<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0399] Unternehmungen, zu denen Tettenborn, jetzt nicht mehr hinter Waͤllen und Graͤben eingeengt, ſondern mit ſei¬ ner Reiterei wieder im freien Felde, und ſeinem eigent¬ lichen Elemente zuruͤckgegeben, ſich entſchloſſen anſchickte. Er hatte in den naͤchſten Tagen nach der Raͤumung Hamburgs ſeine Truppen bei Lauenburg zuſammenge¬ zogen, und ſeine Vorpoſten gegen Bergedorf und die Graͤnze von Holſtein vorgedraͤngt. In Boitzenburg ſtanden die wenig zahlreichen Truppen Wallmoden's. Der Feind hatte eine große Ueberlegenheit an Mann¬ ſchaft und Geſchuͤtz, denn obwohl die Angaben in der wieder franzoͤſiſchen hamburgiſchen Zeitung die Anzahl der eingeruͤckten Franzoſen prahleriſch uͤbertrieben, ſo befanden ſich doch in Hamburg, nach ſichern Nachrich¬ ten, die uns von dorther nie fehlten, wenigſtens 10,000 Mann, gewiß das Vierfache der Unſrigen, und was in dieſen der entſchloſſene Eifer, das konnte in jenen fuͤr den Augenblick der Uebermuth des gelunge¬ nen Erfolgs wirken. Die Beihuͤlfe der Daͤnen ver¬ mehrte die Zahl des Feindes ins Unbeſtimmte, und verlieh ihm zugleich Reiterei, an der es ihm bis dahin gefehlt hatte. Wir ſahen in der That auch alsbald daͤniſche Huſaren gegen uns erſcheinen, und mit den Koſaken und hanſeatiſchen Reitern plaͤnkeln, und ob¬ wohl die daͤniſchen Truppen uͤberhaupt nur mit Wider¬ willen ſich den franzoͤſiſchen verbuͤndet ſahen, ſo machte doch das, nach alter Erfahrung, in dem ſtrengen Gange 25*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/399
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/399>, abgerufen am 22.11.2024.