Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Posten des lauenburgischen Bataillons daselbst überall
zurückgedrängt, und sich bereits in dieser Insel sehr
ausgedehnt und theilweise festgesetzt, ehe die Meldung
davon an Tettenborn gelangte. Dieser eilte sogleich
dorthin, und führte die zurückgewichenen, aber durch
sein Erscheinen gleich ermuthigten Truppen persönlich
gegen den Feind vor, und ließ sie eine günstige Stel¬
lung nehmen, wobei er sich lange Zeit dem heftigen
Kugelregen der feindlichen Plänkler aussetzte. Da je¬
doch die Franzosen hier mit Macht übergegangen wa¬
ren, und weiter vordringen zu wollen schienen, um die
Russen von dieser Seite abzuschneiden, so ließ er schleu¬
nig das Bataillon Preußen aus der Stadt in die wich¬
tige Stellung beim Eichbaum marschiren, um diese so
lange zu behaupten, bis der von Wallmoden auszu¬
führende Angriff den Feind von selbst hier wieder zum
Rückwege nöthigen würde; er selbst nahm sein Haupt¬
quartier bei der Billkirche.

Die Lage war mißlicher als je; um dem Angriff
im Ochsenwärder zu begegnen war die Stadt entblößt
worden; wurde diese angegriffen, so konnte man nichts
dahinschicken, was nicht anderswo eine Lücke gelassen
hätte, und so blieb nur auf die ungewisse Hoffnung
zu rechnen, daß die Franzosen ihren Angriff auf die
Stadt selbst noch nicht machen würden. Mit Ungeduld
erwartete man die Ankunft der Schweden und die ver¬
langte Zusicherung der Dänen; von beiden Seiten er¬

Poſten des lauenburgiſchen Bataillons daſelbſt uͤberall
zuruͤckgedraͤngt, und ſich bereits in dieſer Inſel ſehr
ausgedehnt und theilweiſe feſtgeſetzt, ehe die Meldung
davon an Tettenborn gelangte. Dieſer eilte ſogleich
dorthin, und fuͤhrte die zuruͤckgewichenen, aber durch
ſein Erſcheinen gleich ermuthigten Truppen perſoͤnlich
gegen den Feind vor, und ließ ſie eine guͤnſtige Stel¬
lung nehmen, wobei er ſich lange Zeit dem heftigen
Kugelregen der feindlichen Plaͤnkler ausſetzte. Da je¬
doch die Franzoſen hier mit Macht uͤbergegangen wa¬
ren, und weiter vordringen zu wollen ſchienen, um die
Ruſſen von dieſer Seite abzuſchneiden, ſo ließ er ſchleu¬
nig das Bataillon Preußen aus der Stadt in die wich¬
tige Stellung beim Eichbaum marſchiren, um dieſe ſo
lange zu behaupten, bis der von Wallmoden auszu¬
fuͤhrende Angriff den Feind von ſelbſt hier wieder zum
Ruͤckwege noͤthigen wuͤrde; er ſelbſt nahm ſein Haupt¬
quartier bei der Billkirche.

Die Lage war mißlicher als je; um dem Angriff
im Ochſenwaͤrder zu begegnen war die Stadt entbloͤßt
worden; wurde dieſe angegriffen, ſo konnte man nichts
dahinſchicken, was nicht anderswo eine Luͤcke gelaſſen
haͤtte, und ſo blieb nur auf die ungewiſſe Hoffnung
zu rechnen, daß die Franzoſen ihren Angriff auf die
Stadt ſelbſt noch nicht machen wuͤrden. Mit Ungeduld
erwartete man die Ankunft der Schweden und die ver¬
langte Zuſicherung der Daͤnen; von beiden Seiten er¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0389" n="377"/>
Po&#x017F;ten des lauenburgi&#x017F;chen Bataillons da&#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;berall<lb/>
zuru&#x0364;ckgedra&#x0364;ngt, und &#x017F;ich bereits in die&#x017F;er In&#x017F;el &#x017F;ehr<lb/>
ausgedehnt und theilwei&#x017F;e fe&#x017F;tge&#x017F;etzt, ehe die Meldung<lb/>
davon an Tettenborn gelangte. Die&#x017F;er eilte &#x017F;ogleich<lb/>
dorthin, und fu&#x0364;hrte die zuru&#x0364;ckgewichenen, aber durch<lb/>
&#x017F;ein Er&#x017F;cheinen gleich ermuthigten Truppen per&#x017F;o&#x0364;nlich<lb/>
gegen den Feind vor, und ließ &#x017F;ie eine gu&#x0364;n&#x017F;tige Stel¬<lb/>
lung nehmen, wobei er &#x017F;ich lange Zeit dem heftigen<lb/>
Kugelregen der feindlichen Pla&#x0364;nkler aus&#x017F;etzte. Da je¬<lb/>
doch die Franzo&#x017F;en hier mit Macht u&#x0364;bergegangen wa¬<lb/>
ren, und weiter vordringen zu wollen &#x017F;chienen, um die<lb/>
Ru&#x017F;&#x017F;en von die&#x017F;er Seite abzu&#x017F;chneiden, &#x017F;o ließ er &#x017F;chleu¬<lb/>
nig das Bataillon Preußen aus der Stadt in die wich¬<lb/>
tige Stellung beim Eichbaum mar&#x017F;chiren, um die&#x017F;e &#x017F;o<lb/>
lange zu behaupten, bis der von Wallmoden auszu¬<lb/>
fu&#x0364;hrende Angriff den Feind von &#x017F;elb&#x017F;t hier wieder zum<lb/>
Ru&#x0364;ckwege no&#x0364;thigen wu&#x0364;rde; er &#x017F;elb&#x017F;t nahm &#x017F;ein Haupt¬<lb/>
quartier bei der Billkirche.</p><lb/>
        <p>Die Lage war mißlicher als je; um dem Angriff<lb/>
im Och&#x017F;enwa&#x0364;rder zu begegnen war die Stadt entblo&#x0364;ßt<lb/>
worden; wurde die&#x017F;e angegriffen, &#x017F;o konnte man nichts<lb/>
dahin&#x017F;chicken, was nicht anderswo eine Lu&#x0364;cke gela&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ha&#x0364;tte, und &#x017F;o blieb nur auf die ungewi&#x017F;&#x017F;e Hoffnung<lb/>
zu rechnen, daß die Franzo&#x017F;en ihren Angriff auf die<lb/>
Stadt &#x017F;elb&#x017F;t noch nicht machen wu&#x0364;rden. Mit Ungeduld<lb/>
erwartete man die Ankunft der Schweden und die ver¬<lb/>
langte Zu&#x017F;icherung der Da&#x0364;nen; von beiden Seiten er¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0389] Poſten des lauenburgiſchen Bataillons daſelbſt uͤberall zuruͤckgedraͤngt, und ſich bereits in dieſer Inſel ſehr ausgedehnt und theilweiſe feſtgeſetzt, ehe die Meldung davon an Tettenborn gelangte. Dieſer eilte ſogleich dorthin, und fuͤhrte die zuruͤckgewichenen, aber durch ſein Erſcheinen gleich ermuthigten Truppen perſoͤnlich gegen den Feind vor, und ließ ſie eine guͤnſtige Stel¬ lung nehmen, wobei er ſich lange Zeit dem heftigen Kugelregen der feindlichen Plaͤnkler ausſetzte. Da je¬ doch die Franzoſen hier mit Macht uͤbergegangen wa¬ ren, und weiter vordringen zu wollen ſchienen, um die Ruſſen von dieſer Seite abzuſchneiden, ſo ließ er ſchleu¬ nig das Bataillon Preußen aus der Stadt in die wich¬ tige Stellung beim Eichbaum marſchiren, um dieſe ſo lange zu behaupten, bis der von Wallmoden auszu¬ fuͤhrende Angriff den Feind von ſelbſt hier wieder zum Ruͤckwege noͤthigen wuͤrde; er ſelbſt nahm ſein Haupt¬ quartier bei der Billkirche. Die Lage war mißlicher als je; um dem Angriff im Ochſenwaͤrder zu begegnen war die Stadt entbloͤßt worden; wurde dieſe angegriffen, ſo konnte man nichts dahinſchicken, was nicht anderswo eine Luͤcke gelaſſen haͤtte, und ſo blieb nur auf die ungewiſſe Hoffnung zu rechnen, daß die Franzoſen ihren Angriff auf die Stadt ſelbſt noch nicht machen wuͤrden. Mit Ungeduld erwartete man die Ankunft der Schweden und die ver¬ langte Zuſicherung der Daͤnen; von beiden Seiten er¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/389
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/389>, abgerufen am 26.06.2024.