auf die Feddel zurückziehen, und seinen eigentlichen Widerstand dort erst anheben. Allein der Feind hatte unglücklicherweise die äußersten Feldwachen in sträflicher Ruhe überrascht, und war deßhalb schneller herange¬ kommen, als man von seiner Landung benachrichtigt war. Die Unordnung und Verwirrung, welche dadurch unter den jungen und unerfahrnen Truppen entstand, und bald, nach einigem vergeblichen Schießen, in über¬ eilte Flucht überging, konnte den Verlust der ganzen Insel nach sich ziehen, da eine geraume Zeit das Be¬ mühen der wenigen Offiziere, die für solche Fälle Er¬ fahrung und Kenntniß hatten, vergeblich blieb, und in dem wirren Getümmel hätte selbst die Feddel von dem Feinde genommen werden können. Doch wagten die Franzosen nicht, so rasch vorzugehen. Tettenborn, der sein Hauptquartier auf dem Grasbrook hatte, sandte nach Wilhelmsburg 2 Kompanieen Mecklenburger zur Unterstützung, und den Rittmeister von Canitz, der die Leitung der Sachen übernahm; dieser sammelte die zer¬ streute Mannschaft, stellte ihre Reihen her, und flößte ihnen durch seine eigne Festigkeit neues Vertrauen und neuen Muth ein; dann setzte er sich an die Spitze der Mecklenburger, ermahnte sie mit kurzen, scharfen Wor¬ ten, und führte sie voran zum Angriff, die Hanseaten folgten. Alles rückte im Sturmschritt vor, und ehe man zum Handgemenge kam, warf sich der Feind eiligst in die Flucht, die er durch Anzünden einiger
22 *
auf die Feddel zuruͤckziehen, und ſeinen eigentlichen Widerſtand dort erſt anheben. Allein der Feind hatte ungluͤcklicherweiſe die aͤußerſten Feldwachen in ſtraͤflicher Ruhe uͤberraſcht, und war deßhalb ſchneller herange¬ kommen, als man von ſeiner Landung benachrichtigt war. Die Unordnung und Verwirrung, welche dadurch unter den jungen und unerfahrnen Truppen entſtand, und bald, nach einigem vergeblichen Schießen, in uͤber¬ eilte Flucht uͤberging, konnte den Verluſt der ganzen Inſel nach ſich ziehen, da eine geraume Zeit das Be¬ muͤhen der wenigen Offiziere, die fuͤr ſolche Faͤlle Er¬ fahrung und Kenntniß hatten, vergeblich blieb, und in dem wirren Getuͤmmel haͤtte ſelbſt die Feddel von dem Feinde genommen werden koͤnnen. Doch wagten die Franzoſen nicht, ſo raſch vorzugehen. Tettenborn, der ſein Hauptquartier auf dem Grasbrook hatte, ſandte nach Wilhelmsburg 2 Kompanieen Mecklenburger zur Unterſtuͤtzung, und den Rittmeiſter von Canitz, der die Leitung der Sachen uͤbernahm; dieſer ſammelte die zer¬ ſtreute Mannſchaft, ſtellte ihre Reihen her, und floͤßte ihnen durch ſeine eigne Feſtigkeit neues Vertrauen und neuen Muth ein; dann ſetzte er ſich an die Spitze der Mecklenburger, ermahnte ſie mit kurzen, ſcharfen Wor¬ ten, und fuͤhrte ſie voran zum Angriff, die Hanſeaten folgten. Alles ruͤckte im Sturmſchritt vor, und ehe man zum Handgemenge kam, warf ſich der Feind eiligſt in die Flucht, die er durch Anzuͤnden einiger
22 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0351"n="339"/>
auf die Feddel zuruͤckziehen, und ſeinen eigentlichen<lb/>
Widerſtand dort erſt anheben. Allein der Feind hatte<lb/>
ungluͤcklicherweiſe die aͤußerſten Feldwachen in ſtraͤflicher<lb/>
Ruhe uͤberraſcht, und war deßhalb ſchneller herange¬<lb/>
kommen, als man von ſeiner Landung benachrichtigt<lb/>
war. Die Unordnung und Verwirrung, welche dadurch<lb/>
unter den jungen und unerfahrnen Truppen entſtand,<lb/>
und bald, nach einigem vergeblichen Schießen, in uͤber¬<lb/>
eilte Flucht uͤberging, konnte den Verluſt der ganzen<lb/>
Inſel nach ſich ziehen, da eine geraume Zeit das Be¬<lb/>
muͤhen der wenigen Offiziere, die fuͤr ſolche Faͤlle Er¬<lb/>
fahrung und Kenntniß hatten, vergeblich blieb, und in<lb/>
dem wirren Getuͤmmel haͤtte ſelbſt die Feddel von dem<lb/>
Feinde genommen werden koͤnnen. Doch wagten die<lb/>
Franzoſen nicht, ſo raſch vorzugehen. Tettenborn, der<lb/>ſein Hauptquartier auf dem Grasbrook hatte, ſandte<lb/>
nach Wilhelmsburg <hirendition="#b">2</hi> Kompanieen Mecklenburger zur<lb/>
Unterſtuͤtzung, und den Rittmeiſter von Canitz, der die<lb/>
Leitung der Sachen uͤbernahm; dieſer ſammelte die zer¬<lb/>ſtreute Mannſchaft, ſtellte ihre Reihen her, und floͤßte<lb/>
ihnen durch ſeine eigne Feſtigkeit neues Vertrauen und<lb/>
neuen Muth ein; dann ſetzte er ſich an die Spitze der<lb/>
Mecklenburger, ermahnte ſie mit kurzen, ſcharfen Wor¬<lb/>
ten, und fuͤhrte ſie voran zum Angriff, die Hanſeaten<lb/>
folgten. Alles ruͤckte im Sturmſchritt vor, und ehe<lb/>
man zum Handgemenge kam, warf ſich der Feind<lb/>
eiligſt in die Flucht, die er durch Anzuͤnden einiger<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#b">22</hi> *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[339/0351]
auf die Feddel zuruͤckziehen, und ſeinen eigentlichen
Widerſtand dort erſt anheben. Allein der Feind hatte
ungluͤcklicherweiſe die aͤußerſten Feldwachen in ſtraͤflicher
Ruhe uͤberraſcht, und war deßhalb ſchneller herange¬
kommen, als man von ſeiner Landung benachrichtigt
war. Die Unordnung und Verwirrung, welche dadurch
unter den jungen und unerfahrnen Truppen entſtand,
und bald, nach einigem vergeblichen Schießen, in uͤber¬
eilte Flucht uͤberging, konnte den Verluſt der ganzen
Inſel nach ſich ziehen, da eine geraume Zeit das Be¬
muͤhen der wenigen Offiziere, die fuͤr ſolche Faͤlle Er¬
fahrung und Kenntniß hatten, vergeblich blieb, und in
dem wirren Getuͤmmel haͤtte ſelbſt die Feddel von dem
Feinde genommen werden koͤnnen. Doch wagten die
Franzoſen nicht, ſo raſch vorzugehen. Tettenborn, der
ſein Hauptquartier auf dem Grasbrook hatte, ſandte
nach Wilhelmsburg 2 Kompanieen Mecklenburger zur
Unterſtuͤtzung, und den Rittmeiſter von Canitz, der die
Leitung der Sachen uͤbernahm; dieſer ſammelte die zer¬
ſtreute Mannſchaft, ſtellte ihre Reihen her, und floͤßte
ihnen durch ſeine eigne Feſtigkeit neues Vertrauen und
neuen Muth ein; dann ſetzte er ſich an die Spitze der
Mecklenburger, ermahnte ſie mit kurzen, ſcharfen Wor¬
ten, und fuͤhrte ſie voran zum Angriff, die Hanſeaten
folgten. Alles ruͤckte im Sturmſchritt vor, und ehe
man zum Handgemenge kam, warf ſich der Feind
eiligſt in die Flucht, die er durch Anzuͤnden einiger
22 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/351>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.