Autor eigentlich hieß, und daneben der bedeutende Roman vom abentheuerlichen Simplicissimus nebst sei¬ nen zahlreichen Anhangschriften in ähnlichem Sinn oder von demselben Verfasser, der noch jetzt seinem wahren Namen nach nicht bekannt ist, denn daß Samuel Grei¬ fenson von Hirschfeld nicht der wahre Name, sondern nur wieder ein erdichteter sey, war mir sogleich un¬ zweifelhaft. Die schreckliche Verwilderung in den deut¬ schen Zuständen jener Zeit hielt den Zeiten, die wir selbst erlebten, einen noch tröstlichen Spiegel vor. Die Lebhaftigkeit und völlig ungehinderte Derbheit der Dar¬ stellung that einer Stimmung wohl, die auch aus argen Wirklichkeiten hervorgetrieben war, und Sprache und Schreibart des Buches reizten ein starkes philologisches Interesse auf. Feiner, höher, und auch etwas alter¬ thümlicher, sprach und schilderte Philander; die großen Vorzüge dieses Prosaisten ruhten auf gelehrtem Ertrag und frischem Leben zugleich. Ueber den Simplicissimus gedacht' ich eine litterarische Untersuchung auszuarbeiten; sie unterblieb wie so vieles andre, was im Augenblick versäumt wird, und wozu später die Gelegenheit sich nicht wieder findet. Aber ich hatte die Freunde und Bekannte so viel und oft von den Eigenheiten und Ergötzlichkeiten dieser Autoren unterhalten, sie mit so häufigen Anführungen und Redensarten von dort ge¬ quält, daß endlich beschlossen wurde, man wolle ein¬ für allemal sehen, was an der Sache sei. Es wurde
Autor eigentlich hieß, und daneben der bedeutende Roman vom abentheuerlichen Simpliciſſimus nebſt ſei¬ nen zahlreichen Anhangſchriften in aͤhnlichem Sinn oder von demſelben Verfaſſer, der noch jetzt ſeinem wahren Namen nach nicht bekannt iſt, denn daß Samuel Grei¬ fenſon von Hirſchfeld nicht der wahre Name, ſondern nur wieder ein erdichteter ſey, war mir ſogleich un¬ zweifelhaft. Die ſchreckliche Verwilderung in den deut¬ ſchen Zuſtaͤnden jener Zeit hielt den Zeiten, die wir ſelbſt erlebten, einen noch troͤſtlichen Spiegel vor. Die Lebhaftigkeit und voͤllig ungehinderte Derbheit der Dar¬ ſtellung that einer Stimmung wohl, die auch aus argen Wirklichkeiten hervorgetrieben war, und Sprache und Schreibart des Buches reizten ein ſtarkes philologiſches Intereſſe auf. Feiner, hoͤher, und auch etwas alter¬ thuͤmlicher, ſprach und ſchilderte Philander; die großen Vorzuͤge dieſes Proſaiſten ruhten auf gelehrtem Ertrag und friſchem Leben zugleich. Ueber den Simpliciſſimus gedacht' ich eine litterariſche Unterſuchung auszuarbeiten; ſie unterblieb wie ſo vieles andre, was im Augenblick verſaͤumt wird, und wozu ſpaͤter die Gelegenheit ſich nicht wieder findet. Aber ich hatte die Freunde und Bekannte ſo viel und oft von den Eigenheiten und Ergoͤtzlichkeiten dieſer Autoren unterhalten, ſie mit ſo haͤufigen Anfuͤhrungen und Redensarten von dort ge¬ quaͤlt, daß endlich beſchloſſen wurde, man wolle ein¬ fuͤr allemal ſehen, was an der Sache ſei. Es wurde
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Autor eigentlich hieß, und daneben der bedeutende
Roman vom abentheuerlichen Simpliciſſimus nebſt ſei¬
nen zahlreichen Anhangſchriften in aͤhnlichem Sinn oder
von demſelben Verfaſſer, der noch jetzt ſeinem wahren
Namen nach nicht bekannt iſt, denn daß Samuel Grei¬
fenſon von Hirſchfeld nicht der wahre Name, ſondern
nur wieder ein erdichteter ſey, war mir ſogleich un¬
zweifelhaft. Die ſchreckliche Verwilderung in den deut¬
ſchen Zuſtaͤnden jener Zeit hielt den Zeiten, die wir
ſelbſt erlebten, einen noch troͤſtlichen Spiegel vor. Die
Lebhaftigkeit und voͤllig ungehinderte Derbheit der Dar¬
ſtellung that einer Stimmung wohl, die auch aus argen
Wirklichkeiten hervorgetrieben war, und Sprache und
Schreibart des Buches reizten ein ſtarkes philologiſches
Intereſſe auf. Feiner, hoͤher, und auch etwas alter¬
thuͤmlicher, ſprach und ſchilderte Philander; die großen
Vorzuͤge dieſes Proſaiſten ruhten auf gelehrtem Ertrag
und friſchem Leben zugleich. Ueber den Simpliciſſimus
gedacht' ich eine litterariſche Unterſuchung auszuarbeiten;
ſie unterblieb wie ſo vieles andre, was im Augenblick
verſaͤumt wird, und wozu ſpaͤter die Gelegenheit ſich
nicht wieder findet. Aber ich hatte die Freunde und
Bekannte ſo viel und oft von den Eigenheiten und
Ergoͤtzlichkeiten dieſer Autoren unterhalten, ſie mit ſo
haͤufigen Anfuͤhrungen und Redensarten von dort ge¬
quaͤlt, daß endlich beſchloſſen wurde, man wolle ein¬
fuͤr allemal ſehen, was an der Sache ſei. Es wurde
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/33>, abgerufen am 24.11.2024.
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