In diesem Sinne wurden ungesäumt die nöthigen Schritte gethan. Der Graf Karl von Moltke wurde an den russischen Kaiser, der Graf Joachim von Bernstorff mit umfassenden Vollmachten nach London abgefertigt, um Dänemarks Beitritt zu dem Bunde gegen Frank¬ reich anzubieten, und auf möglichst vortheilhafte Be¬ dingungen abzuschließen. Tettenborn empfing von bei¬ den Unterhändlern auf ihrer Durchreise durch Hamburg die besten Zusicherungen über die Entschiedenheit jenes Beitritts, und über den Nachdruck, mit welchem der¬ selbe ausgeführt werden würde; sie wiederholten eifrigst das Anerbieten dänischer Hülfstruppen, und in gleichem Sinne lauteten die fernern Briefe des Fürsten Dolgo¬ ruky aus Kopenhagen, so wie die Erklärungen des Generals von Wegener und des Oberstlieutenants von Haffner, welche wiederholt versicherten, sie hätten Be¬ fehl, ihre Truppen auf das Verlangen Tettenborn's vorrücken zu lassen. Einen unangenehmen Eindruck machten neben diesen Versicherungen einige freilich aus untergeordnetem Betrieb hervorgegangene Versuche, un¬ ter den Einwohnern von Hamburg den Wunsch anzu¬ regen, daß die Stadt sich in den Schutz und die Ob¬ hut Dänemarks begeben möchte, wobei denn die Ge¬ sinnungen und Absichten der Russen mehrfach verdäch¬ tigt, und auch die Verhandlungen des Fürsten Dolgo¬ ruky in mancherlei Entstellungen absichtlich verbreitet wurden. Es war nicht zu verwundern, wenn aller¬
In dieſem Sinne wurden ungeſaͤumt die noͤthigen Schritte gethan. Der Graf Karl von Moltke wurde an den ruſſiſchen Kaiſer, der Graf Joachim von Bernſtorff mit umfaſſenden Vollmachten nach London abgefertigt, um Daͤnemarks Beitritt zu dem Bunde gegen Frank¬ reich anzubieten, und auf moͤglichſt vortheilhafte Be¬ dingungen abzuſchließen. Tettenborn empfing von bei¬ den Unterhaͤndlern auf ihrer Durchreiſe durch Hamburg die beſten Zuſicherungen uͤber die Entſchiedenheit jenes Beitritts, und uͤber den Nachdruck, mit welchem der¬ ſelbe ausgefuͤhrt werden wuͤrde; ſie wiederholten eifrigſt das Anerbieten daͤniſcher Huͤlfstruppen, und in gleichem Sinne lauteten die fernern Briefe des Fuͤrſten Dolgo¬ ruky aus Kopenhagen, ſo wie die Erklaͤrungen des Generals von Wegener und des Oberſtlieutenants von Haffner, welche wiederholt verſicherten, ſie haͤtten Be¬ fehl, ihre Truppen auf das Verlangen Tettenborn's vorruͤcken zu laſſen. Einen unangenehmen Eindruck machten neben dieſen Verſicherungen einige freilich aus untergeordnetem Betrieb hervorgegangene Verſuche, un¬ ter den Einwohnern von Hamburg den Wunſch anzu¬ regen, daß die Stadt ſich in den Schutz und die Ob¬ hut Daͤnemarks begeben moͤchte, wobei denn die Ge¬ ſinnungen und Abſichten der Ruſſen mehrfach verdaͤch¬ tigt, und auch die Verhandlungen des Fuͤrſten Dolgo¬ ruky in mancherlei Entſtellungen abſichtlich verbreitet wurden. Es war nicht zu verwundern, wenn aller¬
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In dieſem Sinne wurden ungeſaͤumt die noͤthigen
Schritte gethan. Der Graf Karl von Moltke wurde an
den ruſſiſchen Kaiſer, der Graf Joachim von Bernſtorff
mit umfaſſenden Vollmachten nach London abgefertigt,
um Daͤnemarks Beitritt zu dem Bunde gegen Frank¬
reich anzubieten, und auf moͤglichſt vortheilhafte Be¬
dingungen abzuſchließen. Tettenborn empfing von bei¬
den Unterhaͤndlern auf ihrer Durchreiſe durch Hamburg
die beſten Zuſicherungen uͤber die Entſchiedenheit jenes
Beitritts, und uͤber den Nachdruck, mit welchem der¬
ſelbe ausgefuͤhrt werden wuͤrde; ſie wiederholten eifrigſt
das Anerbieten daͤniſcher Huͤlfstruppen, und in gleichem
Sinne lauteten die fernern Briefe des Fuͤrſten Dolgo¬
ruky aus Kopenhagen, ſo wie die Erklaͤrungen des
Generals von Wegener und des Oberſtlieutenants von
Haffner, welche wiederholt verſicherten, ſie haͤtten Be¬
fehl, ihre Truppen auf das Verlangen Tettenborn's
vorruͤcken zu laſſen. Einen unangenehmen Eindruck
machten neben dieſen Verſicherungen einige freilich aus
untergeordnetem Betrieb hervorgegangene Verſuche, un¬
ter den Einwohnern von Hamburg den Wunſch anzu¬
regen, daß die Stadt ſich in den Schutz und die Ob¬
hut Daͤnemarks begeben moͤchte, wobei denn die Ge¬
ſinnungen und Abſichten der Ruſſen mehrfach verdaͤch¬
tigt, und auch die Verhandlungen des Fuͤrſten Dolgo¬
ruky in mancherlei Entſtellungen abſichtlich verbreitet
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/329>, abgerufen am 26.11.2024.
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