Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

zu sehn, um sie aus dem ungewissen Schwanken zu
reißen, in welches die Unwissenheit über das, was zu
thun sei, und wie man sich in eintretenden Fällen zu
benehmen habe, sie immer auf's neue versetzen mußte.
Friedrich Perthes war hiezu besonders thätig, und in¬
dem er kräftig zur Einigkeit rieth und wirkte, und
seinen Freund Heß auf alle Weise unterstützte, war er
zugleich bedacht, von einer andern Seite zu ersetzen,
was diesem fehlte. Man bedurfte eines einsichtsvollen,
kriegserfahrenen und dienstkundigen Offiziers, der mit
Heß gemeinschaftlich an der Spitze stehen, und die
Formen, die zu militairischer Brauchbarkeit unentbehr¬
lich sind, nach und nach einführen sollte. Tettenborn
konnte keinen seiner Offiziere diesem Geschäft ganz hin¬
geben, dem nur wenige im Stande waren vorzustehen,
und das auch niemanden anlocken konnte, der schon
an seinem militairischen Platze stand. Um so glücklicher
war es, daß grade derjenige, welcher durch Herz und
Geist und Kenntniß dazu am meisten erwünscht sein
mußte, wenigstens zum Theil diesen Auftrag erhielt.
Der Hauptmann von Canitz wurde bestimmt, Heß mit
Rath und That an die Hand zu gehen. Dies geschah
mit dem besten Erfolg, und es wurde geleistet, was
nur immer in der kurzen Zeit und unter diesen Um¬
ständen möglich war. Freilich wäre zu wünschen ge¬
wesen, daß er ganz und gar den Oberbefehl über diese
Bürgergarde übernommen hätte, allein eben so sehr

zu ſehn, um ſie aus dem ungewiſſen Schwanken zu
reißen, in welches die Unwiſſenheit uͤber das, was zu
thun ſei, und wie man ſich in eintretenden Faͤllen zu
benehmen habe, ſie immer auf's neue verſetzen mußte.
Friedrich Perthes war hiezu beſonders thaͤtig, und in¬
dem er kraͤftig zur Einigkeit rieth und wirkte, und
ſeinen Freund Heß auf alle Weiſe unterſtuͤtzte, war er
zugleich bedacht, von einer andern Seite zu erſetzen,
was dieſem fehlte. Man bedurfte eines einſichtsvollen,
kriegserfahrenen und dienſtkundigen Offiziers, der mit
Heß gemeinſchaftlich an der Spitze ſtehen, und die
Formen, die zu militairiſcher Brauchbarkeit unentbehr¬
lich ſind, nach und nach einfuͤhren ſollte. Tettenborn
konnte keinen ſeiner Offiziere dieſem Geſchaͤft ganz hin¬
geben, dem nur wenige im Stande waren vorzuſtehen,
und das auch niemanden anlocken konnte, der ſchon
an ſeinem militairiſchen Platze ſtand. Um ſo gluͤcklicher
war es, daß grade derjenige, welcher durch Herz und
Geiſt und Kenntniß dazu am meiſten erwuͤnſcht ſein
mußte, wenigſtens zum Theil dieſen Auftrag erhielt.
Der Hauptmann von Canitz wurde beſtimmt, Heß mit
Rath und That an die Hand zu gehen. Dies geſchah
mit dem beſten Erfolg, und es wurde geleiſtet, was
nur immer in der kurzen Zeit und unter dieſen Um¬
ſtaͤnden moͤglich war. Freilich waͤre zu wuͤnſchen ge¬
weſen, daß er ganz und gar den Oberbefehl uͤber dieſe
Buͤrgergarde uͤbernommen haͤtte, allein eben ſo ſehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0321" n="309"/>
zu &#x017F;ehn, um &#x017F;ie aus dem ungewi&#x017F;&#x017F;en Schwanken zu<lb/>
reißen, in welches die Unwi&#x017F;&#x017F;enheit u&#x0364;ber das, was zu<lb/>
thun &#x017F;ei, und wie man &#x017F;ich in eintretenden Fa&#x0364;llen zu<lb/>
benehmen habe, &#x017F;ie immer auf's neue ver&#x017F;etzen mußte.<lb/>
Friedrich Perthes war hiezu be&#x017F;onders tha&#x0364;tig, und in¬<lb/>
dem er kra&#x0364;ftig zur Einigkeit rieth und wirkte, und<lb/>
&#x017F;einen Freund Heß auf alle Wei&#x017F;e unter&#x017F;tu&#x0364;tzte, war er<lb/>
zugleich bedacht, von einer andern Seite zu er&#x017F;etzen,<lb/>
was die&#x017F;em fehlte. Man bedurfte eines ein&#x017F;ichtsvollen,<lb/>
kriegserfahrenen und dien&#x017F;tkundigen Offiziers, der mit<lb/>
Heß gemein&#x017F;chaftlich an der Spitze &#x017F;tehen, und die<lb/>
Formen, die zu militairi&#x017F;cher Brauchbarkeit unentbehr¬<lb/>
lich &#x017F;ind, nach und nach einfu&#x0364;hren &#x017F;ollte. Tettenborn<lb/>
konnte keinen &#x017F;einer Offiziere die&#x017F;em Ge&#x017F;cha&#x0364;ft ganz hin¬<lb/>
geben, dem nur wenige im Stande waren vorzu&#x017F;tehen,<lb/>
und das auch niemanden anlocken konnte, der &#x017F;chon<lb/>
an &#x017F;einem militairi&#x017F;chen Platze &#x017F;tand. Um &#x017F;o glu&#x0364;cklicher<lb/>
war es, daß grade derjenige, welcher durch Herz und<lb/>
Gei&#x017F;t und Kenntniß dazu am mei&#x017F;ten erwu&#x0364;n&#x017F;cht &#x017F;ein<lb/>
mußte, wenig&#x017F;tens zum Theil die&#x017F;en Auftrag erhielt.<lb/>
Der Hauptmann von Canitz wurde be&#x017F;timmt, Heß mit<lb/>
Rath und That an die Hand zu gehen. Dies ge&#x017F;chah<lb/>
mit dem be&#x017F;ten Erfolg, und es wurde gelei&#x017F;tet, was<lb/>
nur immer in der kurzen Zeit und unter die&#x017F;en Um¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nden mo&#x0364;glich war. Freilich wa&#x0364;re zu wu&#x0364;n&#x017F;chen ge¬<lb/>
we&#x017F;en, daß er ganz und gar den Oberbefehl u&#x0364;ber die&#x017F;e<lb/>
Bu&#x0364;rgergarde u&#x0364;bernommen ha&#x0364;tte, allein eben &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0321] zu ſehn, um ſie aus dem ungewiſſen Schwanken zu reißen, in welches die Unwiſſenheit uͤber das, was zu thun ſei, und wie man ſich in eintretenden Faͤllen zu benehmen habe, ſie immer auf's neue verſetzen mußte. Friedrich Perthes war hiezu beſonders thaͤtig, und in¬ dem er kraͤftig zur Einigkeit rieth und wirkte, und ſeinen Freund Heß auf alle Weiſe unterſtuͤtzte, war er zugleich bedacht, von einer andern Seite zu erſetzen, was dieſem fehlte. Man bedurfte eines einſichtsvollen, kriegserfahrenen und dienſtkundigen Offiziers, der mit Heß gemeinſchaftlich an der Spitze ſtehen, und die Formen, die zu militairiſcher Brauchbarkeit unentbehr¬ lich ſind, nach und nach einfuͤhren ſollte. Tettenborn konnte keinen ſeiner Offiziere dieſem Geſchaͤft ganz hin¬ geben, dem nur wenige im Stande waren vorzuſtehen, und das auch niemanden anlocken konnte, der ſchon an ſeinem militairiſchen Platze ſtand. Um ſo gluͤcklicher war es, daß grade derjenige, welcher durch Herz und Geiſt und Kenntniß dazu am meiſten erwuͤnſcht ſein mußte, wenigſtens zum Theil dieſen Auftrag erhielt. Der Hauptmann von Canitz wurde beſtimmt, Heß mit Rath und That an die Hand zu gehen. Dies geſchah mit dem beſten Erfolg, und es wurde geleiſtet, was nur immer in der kurzen Zeit und unter dieſen Um¬ ſtaͤnden moͤglich war. Freilich waͤre zu wuͤnſchen ge¬ weſen, daß er ganz und gar den Oberbefehl uͤber dieſe Buͤrgergarde uͤbernommen haͤtte, allein eben ſo ſehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/321
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/321>, abgerufen am 26.11.2024.