Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

senden Anregen lässiger Behörden, mit Verhören, Ver¬
abredungen und Berichten, in unaufhörlichem Wechsel
und Drang der Arbeit verbinden mußte. In seinem
Hauptquartier arbeitete vom frühen Morgen bis in die
späte Nacht die rastloseste Thätigkeit, und er selbst war
stets das Vorbild unermüdlichen Eifers und angestreng¬
ter Hingebung. Er entzog sich den Huldigungen, die
ihm von allen Seiten entgegenkamen, den begeisterten
Ehrenbezeigungen des dankbaren Volkes, das auf den
Wegen, wo man ihn zu sehen hoffte, ungeduldig und
meist vergebens harrte; ihn beschäftigten ausschließlich
die ernsten Aufgaben, welche sich hier überreich zusam¬
mendrängten. Mit treffender Urtheilskraft und schneller
Findung wußte er das Nothwendige einzusehen und
herbeizuführen, die Umstände zu benutzen, Hindernisse
zu entfernen, das Unerwartete zu verarbeiten. Die
reifste Ueberlegung konnte selten Treffenderes liefern,
als die erste Eingebung des Augenblicks gewöhnlich
schon dargeboten hatte.

Eine große Anzahl ausgezeichneter Offiziere hatten
sich bei Tettenborn eingefunden, theils durch seine Per¬
sönlichkeit und den Ruf seines Namens angezogen,
theils durch die Sache selbst, welche er unternommen
hatte, ihm zugeführt. Sein Kriegsgefolge vergegen¬
wärtigte die ältesten deutschen Zeiten, wo freiwillige
Anschließung mehr als verpflichteter Dienst die Trup¬
pen ihrem Anführer verband. Außer den russischen

ſenden Anregen laͤſſiger Behoͤrden, mit Verhoͤren, Ver¬
abredungen und Berichten, in unaufhoͤrlichem Wechſel
und Drang der Arbeit verbinden mußte. In ſeinem
Hauptquartier arbeitete vom fruͤhen Morgen bis in die
ſpaͤte Nacht die raſtloſeſte Thaͤtigkeit, und er ſelbſt war
ſtets das Vorbild unermuͤdlichen Eifers und angeſtreng¬
ter Hingebung. Er entzog ſich den Huldigungen, die
ihm von allen Seiten entgegenkamen, den begeiſterten
Ehrenbezeigungen des dankbaren Volkes, das auf den
Wegen, wo man ihn zu ſehen hoffte, ungeduldig und
meiſt vergebens harrte; ihn beſchaͤftigten ausſchließlich
die ernſten Aufgaben, welche ſich hier uͤberreich zuſam¬
mendraͤngten. Mit treffender Urtheilskraft und ſchneller
Findung wußte er das Nothwendige einzuſehen und
herbeizufuͤhren, die Umſtaͤnde zu benutzen, Hinderniſſe
zu entfernen, das Unerwartete zu verarbeiten. Die
reifſte Ueberlegung konnte ſelten Treffenderes liefern,
als die erſte Eingebung des Augenblicks gewoͤhnlich
ſchon dargeboten hatte.

Eine große Anzahl ausgezeichneter Offiziere hatten
ſich bei Tettenborn eingefunden, theils durch ſeine Per¬
ſoͤnlichkeit und den Ruf ſeines Namens angezogen,
theils durch die Sache ſelbſt, welche er unternommen
hatte, ihm zugefuͤhrt. Sein Kriegsgefolge vergegen¬
waͤrtigte die aͤlteſten deutſchen Zeiten, wo freiwillige
Anſchließung mehr als verpflichteter Dienſt die Trup¬
pen ihrem Anfuͤhrer verband. Außer den ruſſiſchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0297" n="285"/>
&#x017F;enden Anregen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Beho&#x0364;rden, mit Verho&#x0364;ren, Ver¬<lb/>
abredungen und Berichten, in unaufho&#x0364;rlichem Wech&#x017F;el<lb/>
und Drang der Arbeit verbinden mußte. In &#x017F;einem<lb/>
Hauptquartier arbeitete vom fru&#x0364;hen Morgen bis in die<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;te Nacht die ra&#x017F;tlo&#x017F;e&#x017F;te Tha&#x0364;tigkeit, und er &#x017F;elb&#x017F;t war<lb/>
&#x017F;tets das Vorbild unermu&#x0364;dlichen Eifers und ange&#x017F;treng¬<lb/>
ter Hingebung. Er entzog &#x017F;ich den Huldigungen, die<lb/>
ihm von allen Seiten entgegenkamen, den begei&#x017F;terten<lb/>
Ehrenbezeigungen des dankbaren Volkes, das auf den<lb/>
Wegen, wo man ihn zu &#x017F;ehen hoffte, ungeduldig und<lb/>
mei&#x017F;t vergebens harrte; ihn be&#x017F;cha&#x0364;ftigten aus&#x017F;chließlich<lb/>
die ern&#x017F;ten Aufgaben, welche &#x017F;ich hier u&#x0364;berreich zu&#x017F;am¬<lb/>
mendra&#x0364;ngten. Mit treffender Urtheilskraft und &#x017F;chneller<lb/>
Findung wußte er das Nothwendige einzu&#x017F;ehen und<lb/>
herbeizufu&#x0364;hren, die Um&#x017F;ta&#x0364;nde zu benutzen, Hinderni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
zu entfernen, das Unerwartete zu verarbeiten. Die<lb/>
reif&#x017F;te Ueberlegung konnte &#x017F;elten Treffenderes liefern,<lb/>
als die er&#x017F;te Eingebung des Augenblicks gewo&#x0364;hnlich<lb/>
&#x017F;chon dargeboten hatte.</p><lb/>
        <p>Eine große Anzahl ausgezeichneter Offiziere hatten<lb/>
&#x017F;ich bei Tettenborn eingefunden, theils durch &#x017F;eine Per¬<lb/>
&#x017F;o&#x0364;nlichkeit und den Ruf &#x017F;eines Namens angezogen,<lb/>
theils durch die Sache &#x017F;elb&#x017F;t, welche er unternommen<lb/>
hatte, ihm zugefu&#x0364;hrt. Sein Kriegsgefolge vergegen¬<lb/>
wa&#x0364;rtigte die a&#x0364;lte&#x017F;ten deut&#x017F;chen Zeiten, wo freiwillige<lb/>
An&#x017F;chließung mehr als verpflichteter Dien&#x017F;t die Trup¬<lb/>
pen ihrem Anfu&#x0364;hrer verband. Außer den ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0297] ſenden Anregen laͤſſiger Behoͤrden, mit Verhoͤren, Ver¬ abredungen und Berichten, in unaufhoͤrlichem Wechſel und Drang der Arbeit verbinden mußte. In ſeinem Hauptquartier arbeitete vom fruͤhen Morgen bis in die ſpaͤte Nacht die raſtloſeſte Thaͤtigkeit, und er ſelbſt war ſtets das Vorbild unermuͤdlichen Eifers und angeſtreng¬ ter Hingebung. Er entzog ſich den Huldigungen, die ihm von allen Seiten entgegenkamen, den begeiſterten Ehrenbezeigungen des dankbaren Volkes, das auf den Wegen, wo man ihn zu ſehen hoffte, ungeduldig und meiſt vergebens harrte; ihn beſchaͤftigten ausſchließlich die ernſten Aufgaben, welche ſich hier uͤberreich zuſam¬ mendraͤngten. Mit treffender Urtheilskraft und ſchneller Findung wußte er das Nothwendige einzuſehen und herbeizufuͤhren, die Umſtaͤnde zu benutzen, Hinderniſſe zu entfernen, das Unerwartete zu verarbeiten. Die reifſte Ueberlegung konnte ſelten Treffenderes liefern, als die erſte Eingebung des Augenblicks gewoͤhnlich ſchon dargeboten hatte. Eine große Anzahl ausgezeichneter Offiziere hatten ſich bei Tettenborn eingefunden, theils durch ſeine Per¬ ſoͤnlichkeit und den Ruf ſeines Namens angezogen, theils durch die Sache ſelbſt, welche er unternommen hatte, ihm zugefuͤhrt. Sein Kriegsgefolge vergegen¬ waͤrtigte die aͤlteſten deutſchen Zeiten, wo freiwillige Anſchließung mehr als verpflichteter Dienſt die Trup¬ pen ihrem Anfuͤhrer verband. Außer den ruſſiſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/297
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/297>, abgerufen am 24.11.2024.