Ein andrer Gegenstand, der uns viel und ernsthaft beschäftigte, war Bernhardi's Angelegenheit. Der be¬ deutende Kreis, in welchem er seine schönsten Jahre gelebt, hatte sich allmählig aufgelöst, Friedrich Schlegel war nach Paris gezogen, Wilhelm Schlegel lebte bei Frau von Stael in der Schweiz, Ludwig Tieck in Mün¬ chen, aber schlimmer, als äußere Trennung hatte Zwie¬ spalt hier die scheinbar so tiefen Bande der Vereinigung zerstört. --
Kaum waren wir von Nennhausen in Berlin zurück, so ergab sich daselbst für uns die Gelegenheit eines schönen Festes. Wolf konnte nicht in Berlin sein, ohne daß seine ehemaligen Zuhörer aus allen Kreisen der Hauptstadt ihn eifrig begrüßten, und die eigentlichen Philologen sich fortwährend um ihn sammelten. Die verschiedenen Generationen seiner Schüler lagen zum Theil weit auseinander, Heindorf und Ideler zum Bei¬ spiel standen gegen uns Jüngste selbst wieder als Leh¬ rer da. Unsre gemeinsame Huldigung ihm aber in dieser Mannigfaltigkeit vereinigt darzubringen, verabredeten wir ein Mittagsmahl im Thiergarten; Wolf wurde hinge¬ führt, wie zu einem gelegentlichen Mittagessen von vier oder fünf Personen, und der treffliche Mann war so überrascht als gerührt, eine so stattliche Versammlung von mehr als dreißig Gästen zu finden, worunter nur zwei oder drei, wie z. B. Buttmann, nicht seine halli¬ schen Schüler waren. Eine geistreiche Munterkeit, fern
III. 2
Ein andrer Gegenſtand, der uns viel und ernſthaft beſchaͤftigte, war Bernhardi's Angelegenheit. Der be¬ deutende Kreis, in welchem er ſeine ſchoͤnſten Jahre gelebt, hatte ſich allmaͤhlig aufgeloͤſt, Friedrich Schlegel war nach Paris gezogen, Wilhelm Schlegel lebte bei Frau von Stael in der Schweiz, Ludwig Tieck in Muͤn¬ chen, aber ſchlimmer, als aͤußere Trennung hatte Zwie¬ ſpalt hier die ſcheinbar ſo tiefen Bande der Vereinigung zerſtoͤrt. —
Kaum waren wir von Nennhauſen in Berlin zuruͤck, ſo ergab ſich daſelbſt fuͤr uns die Gelegenheit eines ſchoͤnen Feſtes. Wolf konnte nicht in Berlin ſein, ohne daß ſeine ehemaligen Zuhoͤrer aus allen Kreiſen der Hauptſtadt ihn eifrig begruͤßten, und die eigentlichen Philologen ſich fortwaͤhrend um ihn ſammelten. Die verſchiedenen Generationen ſeiner Schuͤler lagen zum Theil weit auseinander, Heindorf und Ideler zum Bei¬ ſpiel ſtanden gegen uns Juͤngſte ſelbſt wieder als Leh¬ rer da. Unſre gemeinſame Huldigung ihm aber in dieſer Mannigfaltigkeit vereinigt darzubringen, verabredeten wir ein Mittagsmahl im Thiergarten; Wolf wurde hinge¬ fuͤhrt, wie zu einem gelegentlichen Mittageſſen von vier oder fuͤnf Perſonen, und der treffliche Mann war ſo uͤberraſcht als geruͤhrt, eine ſo ſtattliche Verſammlung von mehr als dreißig Gaͤſten zu finden, worunter nur zwei oder drei, wie z. B. Buttmann, nicht ſeine halli¬ ſchen Schuͤler waren. Eine geiſtreiche Munterkeit, fern
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Ein andrer Gegenſtand, der uns viel und ernſthaft
beſchaͤftigte, war Bernhardi's Angelegenheit. Der be¬
deutende Kreis, in welchem er ſeine ſchoͤnſten Jahre
gelebt, hatte ſich allmaͤhlig aufgeloͤſt, Friedrich Schlegel
war nach Paris gezogen, Wilhelm Schlegel lebte bei
Frau von Stael in der Schweiz, Ludwig Tieck in Muͤn¬
chen, aber ſchlimmer, als aͤußere Trennung hatte Zwie¬
ſpalt hier die ſcheinbar ſo tiefen Bande der Vereinigung
zerſtoͤrt. —
Kaum waren wir von Nennhauſen in Berlin zuruͤck,
ſo ergab ſich daſelbſt fuͤr uns die Gelegenheit eines
ſchoͤnen Feſtes. Wolf konnte nicht in Berlin ſein, ohne
daß ſeine ehemaligen Zuhoͤrer aus allen Kreiſen der
Hauptſtadt ihn eifrig begruͤßten, und die eigentlichen
Philologen ſich fortwaͤhrend um ihn ſammelten. Die
verſchiedenen Generationen ſeiner Schuͤler lagen zum
Theil weit auseinander, Heindorf und Ideler zum Bei¬
ſpiel ſtanden gegen uns Juͤngſte ſelbſt wieder als Leh¬
rer da. Unſre gemeinſame Huldigung ihm aber in dieſer
Mannigfaltigkeit vereinigt darzubringen, verabredeten wir
ein Mittagsmahl im Thiergarten; Wolf wurde hinge¬
fuͤhrt, wie zu einem gelegentlichen Mittageſſen von vier
oder fuͤnf Perſonen, und der treffliche Mann war ſo
uͤberraſcht als geruͤhrt, eine ſo ſtattliche Verſammlung
von mehr als dreißig Gaͤſten zu finden, worunter nur
zwei oder drei, wie z. B. Buttmann, nicht ſeine halli¬
ſchen Schuͤler waren. Eine geiſtreiche Munterkeit, fern
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/29>, abgerufen am 24.11.2024.
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