Wilna fort, wo er spät am Abend mit ermüdeten Rei¬ tern anlangte, aber dennoch sogleich die Vorstadt weg¬ nahm, und daselbst über 3000 Franzosen gefangen nahm.
Wilna war der Hauptort für die Franzosen gewor¬ den, wohin die ganze Rückzugsmasse des Heeres sich drängte, und daselbst, in Hoffnung vorhandener Hülfs¬ truppen und großer Vertheidigungsanstalten, das er¬ sehnte Ziel zu finden wähnte, wo dem schrecklichen, durch Kälte, Hunger und Schwert rastlos andringen¬ den Verderben endlich Einhalt geschehen würde. Doch diese Hoffnung war eitel; auch hier war keine Rettung bereitet, und an dauernden Widerstand gegen die ver¬ folgenden Russen nicht zu denken; der Rückzug mußte, unter fast ebenso verzweiflungsvollen Umständen wie bisher, immer fortgesetzt werden, und kaum, daß die Weichsel noch eine Schutzwehr scheinen konnte. Aber wenn auch auf keine Weise Wilna gegen russisches Fu߬ volk lange haltbar war, so fanden sich doch für den Augenblick so zahlreiche französische Truppen, wenn gleich in Unordnung, dort zusammen, so große Hülfs¬ mittel und Vorräthe dort angehäuft, daß der Feind, bis das russische Fußvolk herankam, leicht Zeit gewin¬ nen konnte, sich in bessern Stand zu setzen, die nicht zu rettenden Vorräthe zu zerstören, und besonders die Truppenmenge, jetzt fast nur aufgelöste Haufen, aber doch immer herstellbar in geordnete Kriegerschaaren, an die Weichsel zurückzuschaffen. Daher war es für den
Wilna fort, wo er ſpaͤt am Abend mit ermuͤdeten Rei¬ tern anlangte, aber dennoch ſogleich die Vorſtadt weg¬ nahm, und daſelbſt uͤber 3000 Franzoſen gefangen nahm.
Wilna war der Hauptort fuͤr die Franzoſen gewor¬ den, wohin die ganze Ruͤckzugsmaſſe des Heeres ſich draͤngte, und daſelbſt, in Hoffnung vorhandener Huͤlfs¬ truppen und großer Vertheidigungsanſtalten, das er¬ ſehnte Ziel zu finden waͤhnte, wo dem ſchrecklichen, durch Kaͤlte, Hunger und Schwert raſtlos andringen¬ den Verderben endlich Einhalt geſchehen wuͤrde. Doch dieſe Hoffnung war eitel; auch hier war keine Rettung bereitet, und an dauernden Widerſtand gegen die ver¬ folgenden Ruſſen nicht zu denken; der Ruͤckzug mußte, unter faſt ebenſo verzweiflungsvollen Umſtaͤnden wie bisher, immer fortgeſetzt werden, und kaum, daß die Weichſel noch eine Schutzwehr ſcheinen konnte. Aber wenn auch auf keine Weiſe Wilna gegen ruſſiſches Fu߬ volk lange haltbar war, ſo fanden ſich doch fuͤr den Augenblick ſo zahlreiche franzoͤſiſche Truppen, wenn gleich in Unordnung, dort zuſammen, ſo große Huͤlfs¬ mittel und Vorraͤthe dort angehaͤuft, daß der Feind, bis das ruſſiſche Fußvolk herankam, leicht Zeit gewin¬ nen konnte, ſich in beſſern Stand zu ſetzen, die nicht zu rettenden Vorraͤthe zu zerſtoͤren, und beſonders die Truppenmenge, jetzt faſt nur aufgeloͤſte Haufen, aber doch immer herſtellbar in geordnete Kriegerſchaaren, an die Weichſel zuruͤckzuſchaffen. Daher war es fuͤr den
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Wilna fort, wo er ſpaͤt am Abend mit ermuͤdeten Rei¬
tern anlangte, aber dennoch ſogleich die Vorſtadt weg¬
nahm, und daſelbſt uͤber 3000 Franzoſen gefangen nahm.
Wilna war der Hauptort fuͤr die Franzoſen gewor¬
den, wohin die ganze Ruͤckzugsmaſſe des Heeres ſich
draͤngte, und daſelbſt, in Hoffnung vorhandener Huͤlfs¬
truppen und großer Vertheidigungsanſtalten, das er¬
ſehnte Ziel zu finden waͤhnte, wo dem ſchrecklichen,
durch Kaͤlte, Hunger und Schwert raſtlos andringen¬
den Verderben endlich Einhalt geſchehen wuͤrde. Doch
dieſe Hoffnung war eitel; auch hier war keine Rettung
bereitet, und an dauernden Widerſtand gegen die ver¬
folgenden Ruſſen nicht zu denken; der Ruͤckzug mußte,
unter faſt ebenſo verzweiflungsvollen Umſtaͤnden wie
bisher, immer fortgeſetzt werden, und kaum, daß die
Weichſel noch eine Schutzwehr ſcheinen konnte. Aber
wenn auch auf keine Weiſe Wilna gegen ruſſiſches Fu߬
volk lange haltbar war, ſo fanden ſich doch fuͤr den
Augenblick ſo zahlreiche franzoͤſiſche Truppen, wenn
gleich in Unordnung, dort zuſammen, ſo große Huͤlfs¬
mittel und Vorraͤthe dort angehaͤuft, daß der Feind,
bis das ruſſiſche Fußvolk herankam, leicht Zeit gewin¬
nen konnte, ſich in beſſern Stand zu ſetzen, die nicht
zu rettenden Vorraͤthe zu zerſtoͤren, und beſonders die
Truppenmenge, jetzt faſt nur aufgeloͤſte Haufen, aber
doch immer herſtellbar in geordnete Kriegerſchaaren, an
die Weichſel zuruͤckzuſchaffen. Daher war es fuͤr den
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/249>, abgerufen am 24.11.2024.
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