Zeiten ist wohl selten eine Botschaft von solchem Glanze, solch reicher Zurüstung und bedeutendem Ansehn, und zugleich von so ruhiger Würde und großartiger Einfach¬ heit gesehen worden. Alle Deutschen fanden in dem Schwarzenbergischen Hause ihren sichern Anhalt, ihr vertrautestes Zusammensein, während zugleich das aus¬ gesuchteste Prachtleben hier den Preis vor allen fran¬ zösischen und fremden Häusern behauptete. Mit wel¬ cher Weltkunde, Klugheit und Anmuth sich Tettenborn in diesen Verhältnissen bewegte, kann schon aus dem bisher Mitgetheilten ermessen werden; er war in dem tiefsten Vertrauen des Fürsten, und wurde zu den in¬ nersten Geschäften zugezogen, außerdem aber lag ihm ein großer Theil der äußern Darstellung und des man¬ nigfachen persönlichen Hervortretens ob, zu welchem diese großen Verhältnisse unaufhörlich Anlaß gaben. Mit Gewandtheit löste er die schwierige Aufgabe des fortgesetzten Umgangs mit den Franzosen; er hatte äu¬ ßerlich das beste Vernehmen mit den Großen des Ho¬ fes, den anspruchsvollen Frauen und eitlen Günstlin¬ gen, ohne daß er jemals zu Schmeicheleien seine Zu¬ flucht genommen, oder die deutschen Gesinnungen, die ihn beseelten, durch Verläugnung beleidigt hätte. Die¬ sen Leuten durch trotzige Festigkeit Achtung und Scheu einzuflößen, war die einzige Art mit ihnen fertig zu werden. Sie versuchten einigemal, die schroffe Selbst¬ ständigkeit zu beugen, doch da dies nicht gelingen wollte,
Zeiten iſt wohl ſelten eine Botſchaft von ſolchem Glanze, ſolch reicher Zuruͤſtung und bedeutendem Anſehn, und zugleich von ſo ruhiger Wuͤrde und großartiger Einfach¬ heit geſehen worden. Alle Deutſchen fanden in dem Schwarzenbergiſchen Hauſe ihren ſichern Anhalt, ihr vertrauteſtes Zuſammenſein, waͤhrend zugleich das aus¬ geſuchteſte Prachtleben hier den Preis vor allen fran¬ zoͤſiſchen und fremden Haͤuſern behauptete. Mit wel¬ cher Weltkunde, Klugheit und Anmuth ſich Tettenborn in dieſen Verhaͤltniſſen bewegte, kann ſchon aus dem bisher Mitgetheilten ermeſſen werden; er war in dem tiefſten Vertrauen des Fuͤrſten, und wurde zu den in¬ nerſten Geſchaͤften zugezogen, außerdem aber lag ihm ein großer Theil der aͤußern Darſtellung und des man¬ nigfachen perſoͤnlichen Hervortretens ob, zu welchem dieſe großen Verhaͤltniſſe unaufhoͤrlich Anlaß gaben. Mit Gewandtheit loͤſte er die ſchwierige Aufgabe des fortgeſetzten Umgangs mit den Franzoſen; er hatte aͤu¬ ßerlich das beſte Vernehmen mit den Großen des Ho¬ fes, den anſpruchsvollen Frauen und eitlen Guͤnſtlin¬ gen, ohne daß er jemals zu Schmeicheleien ſeine Zu¬ flucht genommen, oder die deutſchen Geſinnungen, die ihn beſeelten, durch Verlaͤugnung beleidigt haͤtte. Die¬ ſen Leuten durch trotzige Feſtigkeit Achtung und Scheu einzufloͤßen, war die einzige Art mit ihnen fertig zu werden. Sie verſuchten einigemal, die ſchroffe Selbſt¬ ſtaͤndigkeit zu beugen, doch da dies nicht gelingen wollte,
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Zeiten iſt wohl ſelten eine Botſchaft von ſolchem Glanze,
ſolch reicher Zuruͤſtung und bedeutendem Anſehn, und
zugleich von ſo ruhiger Wuͤrde und großartiger Einfach¬
heit geſehen worden. Alle Deutſchen fanden in dem
Schwarzenbergiſchen Hauſe ihren ſichern Anhalt, ihr
vertrauteſtes Zuſammenſein, waͤhrend zugleich das aus¬
geſuchteſte Prachtleben hier den Preis vor allen fran¬
zoͤſiſchen und fremden Haͤuſern behauptete. Mit wel¬
cher Weltkunde, Klugheit und Anmuth ſich Tettenborn
in dieſen Verhaͤltniſſen bewegte, kann ſchon aus dem
bisher Mitgetheilten ermeſſen werden; er war in dem
tiefſten Vertrauen des Fuͤrſten, und wurde zu den in¬
nerſten Geſchaͤften zugezogen, außerdem aber lag ihm
ein großer Theil der aͤußern Darſtellung und des man¬
nigfachen perſoͤnlichen Hervortretens ob, zu welchem
dieſe großen Verhaͤltniſſe unaufhoͤrlich Anlaß gaben.
Mit Gewandtheit loͤſte er die ſchwierige Aufgabe des
fortgeſetzten Umgangs mit den Franzoſen; er hatte aͤu¬
ßerlich das beſte Vernehmen mit den Großen des Ho¬
fes, den anſpruchsvollen Frauen und eitlen Guͤnſtlin¬
gen, ohne daß er jemals zu Schmeicheleien ſeine Zu¬
flucht genommen, oder die deutſchen Geſinnungen, die
ihn beſeelten, durch Verlaͤugnung beleidigt haͤtte. Die¬
ſen Leuten durch trotzige Feſtigkeit Achtung und Scheu
einzufloͤßen, war die einzige Art mit ihnen fertig zu
werden. Sie verſuchten einigemal, die ſchroffe Selbſt¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 3. Mannheim, 1838, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten03_1838/243>, abgerufen am 24.11.2024.
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