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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

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die seinigen waren. Ein Aufsatz von ihm über Pascal,
auch manche mündliche Erörterungen, gaben mir einen
hohen Begriff von seiner Einsicht, desgleichen mußte
ich in ihm den Arzt dankbar verehren; gleichwohl ermaß
ich seinen vollen Werth damals nicht, woran zum Theil
seine scherzhafte und etwas mephistophelische Manier
Schuld war, die ihn als Hausarzt am wenigsten kleidete,
und ihm auch oft genug völlig verunglückte. Daß ich
in ihm einen Jugendfreund Rahel's zu schätzen, und
seine gehaltreichen, mit ihr gewechselten Briefe einst
kennen lernen würde, lag in jener Zeit ungeahnet ver¬
borgen.

Ein helleres Licht strahlte mir auf, als Friedrich
Heinrich Jacobi im Februar 1805 zum Besuch von
Eutin nach Hamburg kam. Er stand im Begriff Hol¬
stein zu verlassen und sich nach München zu begeben,
wohin er als Mitglied der Akademie der Wissenschaften
mit ansehnlicher Besoldung berufen war. Wollte ich
den berühmten Landsmann noch sehen, der, schon ein
Dreiundsechziger, aus dem nördlichen Deutschland sich
für immer entfernte, so durfte ich diese Gelegenheit
nicht versäumen. Mehr aber, als der Landsmann,
reizte mich in ihm der mit Fichte in Verkehr stehende,
der von Fichte im Leben Nicolai's hoch anerkannte
Geistgenosse, der Freund von Goethe, von Voß, von
Jean Paul Richter und so vielen Andern. Ich faßte
mir ein Herz und ging zu ihm. Mit ungemeiner Lie¬

die ſeinigen waren. Ein Aufſatz von ihm uͤber Pascal,
auch manche muͤndliche Eroͤrterungen, gaben mir einen
hohen Begriff von ſeiner Einſicht, desgleichen mußte
ich in ihm den Arzt dankbar verehren; gleichwohl ermaß
ich ſeinen vollen Werth damals nicht, woran zum Theil
ſeine ſcherzhafte und etwas mephiſtopheliſche Manier
Schuld war, die ihn als Hausarzt am wenigſten kleidete,
und ihm auch oft genug voͤllig verungluͤckte. Daß ich
in ihm einen Jugendfreund Rahel’s zu ſchaͤtzen, und
ſeine gehaltreichen, mit ihr gewechſelten Briefe einſt
kennen lernen wuͤrde, lag in jener Zeit ungeahnet ver¬
borgen.

Ein helleres Licht ſtrahlte mir auf, als Friedrich
Heinrich Jacobi im Februar 1805 zum Beſuch von
Eutin nach Hamburg kam. Er ſtand im Begriff Hol¬
ſtein zu verlaſſen und ſich nach Muͤnchen zu begeben,
wohin er als Mitglied der Akademie der Wiſſenſchaften
mit anſehnlicher Beſoldung berufen war. Wollte ich
den beruͤhmten Landsmann noch ſehen, der, ſchon ein
Dreiundſechziger, aus dem noͤrdlichen Deutſchland ſich
fuͤr immer entfernte, ſo durfte ich dieſe Gelegenheit
nicht verſaͤumen. Mehr aber, als der Landsmann,
reizte mich in ihm der mit Fichte in Verkehr ſtehende,
der von Fichte im Leben Nicolai’s hoch anerkannte
Geiſtgenoſſe, der Freund von Goethe, von Voß, von
Jean Paul Richter und ſo vielen Andern. Ich faßte
mir ein Herz und ging zu ihm. Mit ungemeiner Lie¬

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[71/0085] die ſeinigen waren. Ein Aufſatz von ihm uͤber Pascal, auch manche muͤndliche Eroͤrterungen, gaben mir einen hohen Begriff von ſeiner Einſicht, desgleichen mußte ich in ihm den Arzt dankbar verehren; gleichwohl ermaß ich ſeinen vollen Werth damals nicht, woran zum Theil ſeine ſcherzhafte und etwas mephiſtopheliſche Manier Schuld war, die ihn als Hausarzt am wenigſten kleidete, und ihm auch oft genug voͤllig verungluͤckte. Daß ich in ihm einen Jugendfreund Rahel’s zu ſchaͤtzen, und ſeine gehaltreichen, mit ihr gewechſelten Briefe einſt kennen lernen wuͤrde, lag in jener Zeit ungeahnet ver¬ borgen. Ein helleres Licht ſtrahlte mir auf, als Friedrich Heinrich Jacobi im Februar 1805 zum Beſuch von Eutin nach Hamburg kam. Er ſtand im Begriff Hol¬ ſtein zu verlaſſen und ſich nach Muͤnchen zu begeben, wohin er als Mitglied der Akademie der Wiſſenſchaften mit anſehnlicher Beſoldung berufen war. Wollte ich den beruͤhmten Landsmann noch ſehen, der, ſchon ein Dreiundſechziger, aus dem noͤrdlichen Deutſchland ſich fuͤr immer entfernte, ſo durfte ich dieſe Gelegenheit nicht verſaͤumen. Mehr aber, als der Landsmann, reizte mich in ihm der mit Fichte in Verkehr ſtehende, der von Fichte im Leben Nicolai’s hoch anerkannte Geiſtgenoſſe, der Freund von Goethe, von Voß, von Jean Paul Richter und ſo vielen Andern. Ich faßte mir ein Herz und ging zu ihm. Mit ungemeiner Lie¬

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/85>, abgerufen am 23.11.2024.