allein im Garten wandelten, wir vereinigten uns auf der Stelle zu gemeinsamer Ausführung, zu welcher die Herausgabe eines Musenalmanachs so bequem als anständig erschien. Wir theilten die Sache Neumann mit, der voll Eifer beitrat. Als wir aber unsre Vor¬ räthe näher untersuchten, fanden wir das Meiste wegen persönlicher Rücksichten kaum mittheilbar, und da wir überhaupt nur das Beste liefern wollten, so fiel die Auswahl so klein aus, daß wir uns nach andern Zu¬ schüssen umsehen mußten. Chamisso unternahm es auf Werbung auszugehen, und einige Freunde anzusprechen, von deren poetischen Liebhabereien er schon Kenntniß hatte. Allein, noch ehe wir selbst gedruckt waren, sahen wir uns gleich zuerst in Stolz und Macht des Richter¬ amts versetzt, und mußten die ersten Beiträge, die uns angeboten wurden, des Druckes unwerth erklären. Besser gelang es mit andern. Der damalige Referendarius beim Kammergericht, jetzige Kriminaldirektor Hitzig, übergab willkommene Uebersetzungen aus dem Spanischen, Engli¬ schen und Italiänischen nebst ein paar eignen Stücken unter seinem Vornamen Eduard; Ludwig Robert, Bruder von Rahel Levin, steuerte aus seinem Schatze reichlich bei; und Franz Theremin, Kandidat des Predigtamtes von der französischen Kolonie, beglückte uns mit einigen Blättern. Durch eine unglückliche Nachgiebigkeit kam auch ein Gedicht von dem sogenannten Naturdichter Gott¬ lieb Hiller hinein, das wir nachher hundertmal weg¬
allein im Garten wandelten, wir vereinigten uns auf der Stelle zu gemeinſamer Ausfuͤhrung, zu welcher die Herausgabe eines Muſenalmanachs ſo bequem als anſtaͤndig erſchien. Wir theilten die Sache Neumann mit, der voll Eifer beitrat. Als wir aber unſre Vor¬ raͤthe naͤher unterſuchten, fanden wir das Meiſte wegen perſoͤnlicher Ruͤckſichten kaum mittheilbar, und da wir uͤberhaupt nur das Beſte liefern wollten, ſo fiel die Auswahl ſo klein aus, daß wir uns nach andern Zu¬ ſchuͤſſen umſehen mußten. Chamiſſo unternahm es auf Werbung auszugehen, und einige Freunde anzuſprechen, von deren poetiſchen Liebhabereien er ſchon Kenntniß hatte. Allein, noch ehe wir ſelbſt gedruckt waren, ſahen wir uns gleich zuerſt in Stolz und Macht des Richter¬ amts verſetzt, und mußten die erſten Beitraͤge, die uns angeboten wurden, des Druckes unwerth erklaͤren. Beſſer gelang es mit andern. Der damalige Referendarius beim Kammergericht, jetzige Kriminaldirektor Hitzig, uͤbergab willkommene Ueberſetzungen aus dem Spaniſchen, Engli¬ ſchen und Italiaͤniſchen nebſt ein paar eignen Stuͤcken unter ſeinem Vornamen Eduard; Ludwig Robert, Bruder von Rahel Levin, ſteuerte aus ſeinem Schatze reichlich bei; und Franz Theremin, Kandidat des Predigtamtes von der franzoͤſiſchen Kolonie, begluͤckte uns mit einigen Blaͤttern. Durch eine ungluͤckliche Nachgiebigkeit kam auch ein Gedicht von dem ſogenannten Naturdichter Gott¬ lieb Hiller hinein, das wir nachher hundertmal weg¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0064"n="50"/>
allein im Garten wandelten, wir vereinigten uns auf<lb/>
der Stelle zu gemeinſamer Ausfuͤhrung, zu welcher<lb/>
die Herausgabe eines Muſenalmanachs ſo bequem als<lb/>
anſtaͤndig erſchien. Wir theilten die Sache Neumann<lb/>
mit, der voll Eifer beitrat. Als wir aber unſre Vor¬<lb/>
raͤthe naͤher unterſuchten, fanden wir das Meiſte wegen<lb/>
perſoͤnlicher Ruͤckſichten kaum mittheilbar, und da wir<lb/>
uͤberhaupt nur das Beſte liefern wollten, ſo fiel die<lb/>
Auswahl ſo klein aus, daß wir uns nach andern Zu¬<lb/>ſchuͤſſen umſehen mußten. Chamiſſo unternahm es auf<lb/>
Werbung auszugehen, und einige Freunde anzuſprechen,<lb/>
von deren poetiſchen Liebhabereien er ſchon Kenntniß<lb/>
hatte. Allein, noch ehe wir ſelbſt gedruckt waren, ſahen<lb/>
wir uns gleich zuerſt in Stolz und Macht des Richter¬<lb/>
amts verſetzt, und mußten die erſten Beitraͤge, die uns<lb/>
angeboten wurden, des Druckes unwerth erklaͤren. Beſſer<lb/>
gelang es mit andern. Der damalige Referendarius beim<lb/>
Kammergericht, jetzige Kriminaldirektor Hitzig, uͤbergab<lb/>
willkommene Ueberſetzungen aus dem Spaniſchen, Engli¬<lb/>ſchen und Italiaͤniſchen nebſt ein paar eignen Stuͤcken<lb/>
unter ſeinem Vornamen Eduard; Ludwig Robert, Bruder<lb/>
von Rahel Levin, ſteuerte aus ſeinem Schatze reichlich bei;<lb/>
und Franz Theremin, Kandidat des Predigtamtes von<lb/>
der franzoͤſiſchen Kolonie, begluͤckte uns mit einigen<lb/>
Blaͤttern. Durch eine ungluͤckliche Nachgiebigkeit kam<lb/>
auch ein Gedicht von dem ſogenannten Naturdichter Gott¬<lb/>
lieb Hiller hinein, das wir nachher hundertmal weg¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[50/0064]
allein im Garten wandelten, wir vereinigten uns auf
der Stelle zu gemeinſamer Ausfuͤhrung, zu welcher
die Herausgabe eines Muſenalmanachs ſo bequem als
anſtaͤndig erſchien. Wir theilten die Sache Neumann
mit, der voll Eifer beitrat. Als wir aber unſre Vor¬
raͤthe naͤher unterſuchten, fanden wir das Meiſte wegen
perſoͤnlicher Ruͤckſichten kaum mittheilbar, und da wir
uͤberhaupt nur das Beſte liefern wollten, ſo fiel die
Auswahl ſo klein aus, daß wir uns nach andern Zu¬
ſchuͤſſen umſehen mußten. Chamiſſo unternahm es auf
Werbung auszugehen, und einige Freunde anzuſprechen,
von deren poetiſchen Liebhabereien er ſchon Kenntniß
hatte. Allein, noch ehe wir ſelbſt gedruckt waren, ſahen
wir uns gleich zuerſt in Stolz und Macht des Richter¬
amts verſetzt, und mußten die erſten Beitraͤge, die uns
angeboten wurden, des Druckes unwerth erklaͤren. Beſſer
gelang es mit andern. Der damalige Referendarius beim
Kammergericht, jetzige Kriminaldirektor Hitzig, uͤbergab
willkommene Ueberſetzungen aus dem Spaniſchen, Engli¬
ſchen und Italiaͤniſchen nebſt ein paar eignen Stuͤcken
unter ſeinem Vornamen Eduard; Ludwig Robert, Bruder
von Rahel Levin, ſteuerte aus ſeinem Schatze reichlich bei;
und Franz Theremin, Kandidat des Predigtamtes von
der franzoͤſiſchen Kolonie, begluͤckte uns mit einigen
Blaͤttern. Durch eine ungluͤckliche Nachgiebigkeit kam
auch ein Gedicht von dem ſogenannten Naturdichter Gott¬
lieb Hiller hinein, das wir nachher hundertmal weg¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/64>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.