sprachen neulich, so hob er an, von der Freimaurerei, und wünschten von ihren Geheimnissen näher unterrichtet zu sein. Ich kann Ihre förmliche Aufnahme in den Orden nicht bewirken, weil hier das obrigkeitliche Verbot nicht zu umgehen ist, und dann bin ich auch selbst ohne Einfluß und Verbindung mit den hiesigen Logen, seit¬ dem die Feßler'sche Spaltung, von der neulich die Rede war, sein und mein Ausscheiden zur Folge hatte. Allein ich kann dennoch Ihren Wunsch erfüllen. Hören Sie mir zu! Seit langer Zeit schon fühlen wir, die wir höher im Orden stehen und tiefer eingeweiht sind, daß seine Grundlagen verändert werden müssen. Die großen Geheimnisse und der furchtbare Eid, sie zu verschweigen, kamen uns längst als veraltet vor, wir entbanden uns dieser Fesseln, und berechtigten uns gegenseitig, mit dem Inhalte wie mit der Form der Sache im Interesse derselben nach eignem freien Urtheil zu schalten. Was als wesentlich der Maurerei noch inwohnt oder mit Wahrheit ihr beigelegt werden kann, hat mit ihrer jetzigen Beschaffenheit nur noch schwachen Zusammen¬ hang. Man ist nicht Maurer, weil man in die Loge aufgenommen worden, man kann es in höherem, und selbst von der Loge anerkannten Sinne, auch außerhalb derselben sein. Ich finde bei Ihnen alle Eigenschaften, die Ihnen Anspruch geben, dem Orden anzugehören, und ich will, wenn es Ihnen genehm ist, Sie in den¬ selben vollständig einweihen." Dieser Rede, die ich
ſprachen neulich, ſo hob er an, von der Freimaurerei, und wuͤnſchten von ihren Geheimniſſen naͤher unterrichtet zu ſein. Ich kann Ihre foͤrmliche Aufnahme in den Orden nicht bewirken, weil hier das obrigkeitliche Verbot nicht zu umgehen iſt, und dann bin ich auch ſelbſt ohne Einfluß und Verbindung mit den hieſigen Logen, ſeit¬ dem die Feßler’ſche Spaltung, von der neulich die Rede war, ſein und mein Ausſcheiden zur Folge hatte. Allein ich kann dennoch Ihren Wunſch erfuͤllen. Hoͤren Sie mir zu! Seit langer Zeit ſchon fuͤhlen wir, die wir hoͤher im Orden ſtehen und tiefer eingeweiht ſind, daß ſeine Grundlagen veraͤndert werden muͤſſen. Die großen Geheimniſſe und der furchtbare Eid, ſie zu verſchweigen, kamen uns laͤngſt als veraltet vor, wir entbanden uns dieſer Feſſeln, und berechtigten uns gegenſeitig, mit dem Inhalte wie mit der Form der Sache im Intereſſe derſelben nach eignem freien Urtheil zu ſchalten. Was als weſentlich der Maurerei noch inwohnt oder mit Wahrheit ihr beigelegt werden kann, hat mit ihrer jetzigen Beſchaffenheit nur noch ſchwachen Zuſammen¬ hang. Man iſt nicht Maurer, weil man in die Loge aufgenommen worden, man kann es in hoͤherem, und ſelbſt von der Loge anerkannten Sinne, auch außerhalb derſelben ſein. Ich finde bei Ihnen alle Eigenſchaften, die Ihnen Anſpruch geben, dem Orden anzugehoͤren, und ich will, wenn es Ihnen genehm iſt, Sie in den¬ ſelben vollſtaͤndig einweihen.“ Dieſer Rede, die ich
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ſprachen neulich, ſo hob er an, von der Freimaurerei,
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zu ſein. Ich kann Ihre foͤrmliche Aufnahme in den
Orden nicht bewirken, weil hier das obrigkeitliche Verbot
nicht zu umgehen iſt, und dann bin ich auch ſelbſt ohne
Einfluß und Verbindung mit den hieſigen Logen, ſeit¬
dem die Feßler’ſche Spaltung, von der neulich die Rede
war, ſein und mein Ausſcheiden zur Folge hatte. Allein
ich kann dennoch Ihren Wunſch erfuͤllen. Hoͤren Sie
mir zu! Seit langer Zeit ſchon fuͤhlen wir, die wir
hoͤher im Orden ſtehen und tiefer eingeweiht ſind, daß
ſeine Grundlagen veraͤndert werden muͤſſen. Die großen
Geheimniſſe und der furchtbare Eid, ſie zu verſchweigen,
kamen uns laͤngſt als veraltet vor, wir entbanden uns
dieſer Feſſeln, und berechtigten uns gegenſeitig, mit
dem Inhalte wie mit der Form der Sache im Intereſſe
derſelben nach eignem freien Urtheil zu ſchalten. Was
als weſentlich der Maurerei noch inwohnt oder mit
Wahrheit ihr beigelegt werden kann, hat mit ihrer
jetzigen Beſchaffenheit nur noch ſchwachen Zuſammen¬
hang. Man iſt nicht Maurer, weil man in die Loge
aufgenommen worden, man kann es in hoͤherem, und
ſelbſt von der Loge anerkannten Sinne, auch außerhalb
derſelben ſein. Ich finde bei Ihnen alle Eigenſchaften,
die Ihnen Anſpruch geben, dem Orden anzugehoͤren,
und ich will, wenn es Ihnen genehm iſt, Sie in den¬
ſelben vollſtaͤndig einweihen.“ Dieſer Rede, die ich
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/55>, abgerufen am 23.11.2024.
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