Ton und Ausdruck ungleich ist. Ein hoher edler Fluß der Rede ist bei ihm oft durch beißende Scherze, durch flüchtige Wendungen unterbrochen. Es ist ein König, der schreibt, nach Trieb und Laune, der im Schreiben zugleich sich selber giebt und geben darf, nicht ein Schrift¬ steller, der sich ängstlich einer Regel fügt, und sich selbst verläugnen oder in angenommener Haltung zeigen muß. Doch darf der König nichtsdestoweniger auch durch Stil und Vortrag, im Ganzen betrachtet, noch immer den besten Geschichtschreibern nicht blos seiner Zeit, sondern aller Zeiten, beigezählt werden, und in einzelnen Schil¬ derungen verdient er, wie hier mit Recht behauptet wird, den größten Meistern des Alterthums, einem Thukydides und Polybios, einem Sallustius und Tacitus, ehrenvoll zur Seite zu stehen. Wir danken es unserm Verfasser, daß er diese gerechte Anerkennung auszuspre¬ chen sich nicht gescheut, die aus eines Andern Munde leicht als enthusiastische Vorliebe gelten könnte, aus dem seinen aber sich als eine auf Kenntniß und Einsicht gegründete Ueberzeugung verbürgt. --
Erinnerungen an Winckelmann. Abhandlung von A. Krech. Berlin, 1835. 4.
Wenn bisweilen bändereiche Schriften in unsern An¬ zeigen ohne Nachtheil für die Wissenschaften übergangen
Ton und Ausdruck ungleich iſt. Ein hoher edler Fluß der Rede iſt bei ihm oft durch beißende Scherze, durch fluͤchtige Wendungen unterbrochen. Es iſt ein Koͤnig, der ſchreibt, nach Trieb und Laune, der im Schreiben zugleich ſich ſelber giebt und geben darf, nicht ein Schrift¬ ſteller, der ſich aͤngſtlich einer Regel fuͤgt, und ſich ſelbſt verlaͤugnen oder in angenommener Haltung zeigen muß. Doch darf der Koͤnig nichtsdeſtoweniger auch durch Stil und Vortrag, im Ganzen betrachtet, noch immer den beſten Geſchichtſchreibern nicht blos ſeiner Zeit, ſondern aller Zeiten, beigezaͤhlt werden, und in einzelnen Schil¬ derungen verdient er, wie hier mit Recht behauptet wird, den groͤßten Meiſtern des Alterthums, einem Thukydides und Polybios, einem Salluſtius und Tacitus, ehrenvoll zur Seite zu ſtehen. Wir danken es unſerm Verfaſſer, daß er dieſe gerechte Anerkennung auszuſpre¬ chen ſich nicht geſcheut, die aus eines Andern Munde leicht als enthuſiaſtiſche Vorliebe gelten koͤnnte, aus dem ſeinen aber ſich als eine auf Kenntniß und Einſicht gegruͤndete Ueberzeugung verbuͤrgt. —
Erinnerungen an Winckelmann. Abhandlung von A. Krech. Berlin, 1835. 4.
Wenn bisweilen baͤndereiche Schriften in unſern An¬ zeigen ohne Nachtheil fuͤr die Wiſſenſchaften uͤbergangen
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Ton und Ausdruck ungleich iſt. Ein hoher edler Fluß
der Rede iſt bei ihm oft durch beißende Scherze, durch
fluͤchtige Wendungen unterbrochen. Es iſt ein Koͤnig,
der ſchreibt, nach Trieb und Laune, der im Schreiben
zugleich ſich ſelber giebt und geben darf, nicht ein Schrift¬
ſteller, der ſich aͤngſtlich einer Regel fuͤgt, und ſich ſelbſt
verlaͤugnen oder in angenommener Haltung zeigen muß.
Doch darf der Koͤnig nichtsdeſtoweniger auch durch Stil
und Vortrag, im Ganzen betrachtet, noch immer den
beſten Geſchichtſchreibern nicht blos ſeiner Zeit, ſondern
aller Zeiten, beigezaͤhlt werden, und in einzelnen Schil¬
derungen verdient er, wie hier mit Recht behauptet
wird, den groͤßten Meiſtern des Alterthums, einem
Thukydides und Polybios, einem Salluſtius und Tacitus,
ehrenvoll zur Seite zu ſtehen. Wir danken es unſerm
Verfaſſer, daß er dieſe gerechte Anerkennung auszuſpre¬
chen ſich nicht geſcheut, die aus eines Andern Munde
leicht als enthuſiaſtiſche Vorliebe gelten koͤnnte, aus dem
ſeinen aber ſich als eine auf Kenntniß und Einſicht
gegruͤndete Ueberzeugung verbuͤrgt. —
Erinnerungen an Winckelmann. Abhandlung von
A. Krech. Berlin, 1835. 4.
Wenn bisweilen baͤndereiche Schriften in unſern An¬
zeigen ohne Nachtheil fuͤr die Wiſſenſchaften uͤbergangen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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