aber den Hof, wie er sich gestaltet hat, giebt er preis; die katholische Religion ist ihm heilig, aber in dem fal¬ schen Treiben ihrer unredlichen Diener sieht er nicht das Priesterthum; ebensowenig will er die beschränkte Gemeinheit des Volks und die Aristokratie in ihrer Ent¬ artung vertheidigen. Mit großer Geistesfreiheit sondert er die falschen und verdorbenen Formen von dem Wesen der Dinge, und hält sich an dies, indem er fallen läßt, was nicht bestehen kann. Er gewinnt auf diese Weise wirklich ein höheres Positive, das über den Trümmern der Lebenswirren siegreich schwebt. Das Höchste dieses Positiven ist ihm die katholische Kirche, seine letzte Zu¬ flucht und Tröstung der katholische Priester, dessen Auftreten und Wirken allein die Stürme der Welt zu beruhigen vermag. Zwar in dem Verlaufe des Romans selber hat dieses Element keine Stelle gefunden, die Geschichtserzählung führt alles dem Verderben zu, und ohne die Lehre und Warnung, welche der Verfasser als solcher eigends hinzugesellt, wäre der Ausgang einer der verzweiflungsvollsten. Auf diese Weise jedoch, indem der Autor gleichsam neben seiner Darstellung mitwan¬ delt, und durch persönliche Meinung ergänzt, was er als Dichter unvollständig läßt, nimmt das Buch eine seltsame Gestalt; es ist weniger als ein Kunstwerk, und mehr; es ist ein Buch voll wahren Lebensgehaltes, in¬ dem es die Erfahrungen, Gefühlsweisen, Ansichten und Hoffnungen eines eigenthümlichen, reichbegabten, in der
aber den Hof, wie er ſich geſtaltet hat, giebt er preis; die katholiſche Religion iſt ihm heilig, aber in dem fal¬ ſchen Treiben ihrer unredlichen Diener ſieht er nicht das Prieſterthum; ebenſowenig will er die beſchraͤnkte Gemeinheit des Volks und die Ariſtokratie in ihrer Ent¬ artung vertheidigen. Mit großer Geiſtesfreiheit ſondert er die falſchen und verdorbenen Formen von dem Weſen der Dinge, und haͤlt ſich an dies, indem er fallen laͤßt, was nicht beſtehen kann. Er gewinnt auf dieſe Weiſe wirklich ein hoͤheres Poſitive, das uͤber den Truͤmmern der Lebenswirren ſiegreich ſchwebt. Das Hoͤchſte dieſes Poſitiven iſt ihm die katholiſche Kirche, ſeine letzte Zu¬ flucht und Troͤſtung der katholiſche Prieſter, deſſen Auftreten und Wirken allein die Stuͤrme der Welt zu beruhigen vermag. Zwar in dem Verlaufe des Romans ſelber hat dieſes Element keine Stelle gefunden, die Geſchichtserzaͤhlung fuͤhrt alles dem Verderben zu, und ohne die Lehre und Warnung, welche der Verfaſſer als ſolcher eigends hinzugeſellt, waͤre der Ausgang einer der verzweiflungsvollſten. Auf dieſe Weiſe jedoch, indem der Autor gleichſam neben ſeiner Darſtellung mitwan¬ delt, und durch perſoͤnliche Meinung ergaͤnzt, was er als Dichter unvollſtaͤndig laͤßt, nimmt das Buch eine ſeltſame Geſtalt; es iſt weniger als ein Kunſtwerk, und mehr; es iſt ein Buch voll wahren Lebensgehaltes, in¬ dem es die Erfahrungen, Gefuͤhlsweiſen, Anſichten und Hoffnungen eines eigenthuͤmlichen, reichbegabten, in der
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aber den Hof, wie er ſich geſtaltet hat, giebt er preis;
die katholiſche Religion iſt ihm heilig, aber in dem fal¬
ſchen Treiben ihrer unredlichen Diener ſieht er nicht
das Prieſterthum; ebenſowenig will er die beſchraͤnkte
Gemeinheit des Volks und die Ariſtokratie in ihrer Ent¬
artung vertheidigen. Mit großer Geiſtesfreiheit ſondert
er die falſchen und verdorbenen Formen von dem Weſen
der Dinge, und haͤlt ſich an dies, indem er fallen laͤßt,
was nicht beſtehen kann. Er gewinnt auf dieſe Weiſe
wirklich ein hoͤheres Poſitive, das uͤber den Truͤmmern
der Lebenswirren ſiegreich ſchwebt. Das Hoͤchſte dieſes
Poſitiven iſt ihm die katholiſche Kirche, ſeine letzte Zu¬
flucht und Troͤſtung der katholiſche Prieſter, deſſen
Auftreten und Wirken allein die Stuͤrme der Welt zu
beruhigen vermag. Zwar in dem Verlaufe des Romans
ſelber hat dieſes Element keine Stelle gefunden, die
Geſchichtserzaͤhlung fuͤhrt alles dem Verderben zu, und
ohne die Lehre und Warnung, welche der Verfaſſer als
ſolcher eigends hinzugeſellt, waͤre der Ausgang einer
der verzweiflungsvollſten. Auf dieſe Weiſe jedoch, indem
der Autor gleichſam neben ſeiner Darſtellung mitwan¬
delt, und durch perſoͤnliche Meinung ergaͤnzt, was er
als Dichter unvollſtaͤndig laͤßt, nimmt das Buch eine
ſeltſame Geſtalt; es iſt weniger als ein Kunſtwerk, und
mehr; es iſt ein Buch voll wahren Lebensgehaltes, in¬
dem es die Erfahrungen, Gefuͤhlsweiſen, Anſichten und
Hoffnungen eines eigenthuͤmlichen, reichbegabten, in der
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/467>, abgerufen am 22.11.2024.
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