Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

führt ihn mit leichter Wendung aus den dunkeln und
schauerlichen Tiefen wieder auf die heitre Bahn seines
dichterischen Treibens, wo sich aber auch sogleich, durch
fremdes Eingreifen in sein Autorrecht, durch unbefugtes
Herausgeben und Nachdrucken seiner Schriften, ein wider¬
wärtiger Zwiespalt öffnet, den er zwar für diesmal
durch ein lieblich-kräftiges Gedicht wohlgemuth abthut,
dessen Grund aber auch in der Folgezeit noch oft in
wechselnden Mißverhältnissen störend fortgewirkt hat.

Nach Erwähnung von ein paar muntern, den Geist
und Anblick Goethischer Jugend leicht und lebhaft bezeich¬
nenden Vorgängen, finden wir uns zu glänzender Ge¬
sellschaft eingeführt, und hier einem holden Wesen gegen¬
über gestellt, dessen Lieblichkeit uns fesselnd anleuchtet,
noch ehe wir durch den Namen Lilli erfahren, welch
schon bekanntes Gebiet anmuthiger Bezauberung uns
aufgenommen. Nun kann wohl von höchstem Lebens¬
gefühl, von reichstem Gewinn der Tage, von Glück
und Segen die Rede sein, aber an jenen äußeren und
inneren Frieden, welcher sich anfangs verkündigen wollte,
ist nicht mehr zu denken, und an seiner Statt waltet
die erregteste Leidenschaft, von allem Wechsel begleitet,
den sie erst im innern Leben entzündet, und dann unauf¬
haltsam auch in das äußere hinaustreibt. Bevor wir
aber in diesen Zauberkreis völlig eingehen, doch schon
mit dem ersten guten Eindruck desselben, läßt uns der
Autor noch schnell die düstern und sehr betrübenden

fuͤhrt ihn mit leichter Wendung aus den dunkeln und
ſchauerlichen Tiefen wieder auf die heitre Bahn ſeines
dichteriſchen Treibens, wo ſich aber auch ſogleich, durch
fremdes Eingreifen in ſein Autorrecht, durch unbefugtes
Herausgeben und Nachdrucken ſeiner Schriften, ein wider¬
waͤrtiger Zwieſpalt oͤffnet, den er zwar fuͤr diesmal
durch ein lieblich-kraͤftiges Gedicht wohlgemuth abthut,
deſſen Grund aber auch in der Folgezeit noch oft in
wechſelnden Mißverhaͤltniſſen ſtoͤrend fortgewirkt hat.

Nach Erwaͤhnung von ein paar muntern, den Geiſt
und Anblick Goethiſcher Jugend leicht und lebhaft bezeich¬
nenden Vorgaͤngen, finden wir uns zu glaͤnzender Ge¬
ſellſchaft eingefuͤhrt, und hier einem holden Weſen gegen¬
uͤber geſtellt, deſſen Lieblichkeit uns feſſelnd anleuchtet,
noch ehe wir durch den Namen Lilli erfahren, welch
ſchon bekanntes Gebiet anmuthiger Bezauberung uns
aufgenommen. Nun kann wohl von hoͤchſtem Lebens¬
gefuͤhl, von reichſtem Gewinn der Tage, von Gluͤck
und Segen die Rede ſein, aber an jenen aͤußeren und
inneren Frieden, welcher ſich anfangs verkuͤndigen wollte,
iſt nicht mehr zu denken, und an ſeiner Statt waltet
die erregteſte Leidenſchaft, von allem Wechſel begleitet,
den ſie erſt im innern Leben entzuͤndet, und dann unauf¬
haltſam auch in das aͤußere hinaustreibt. Bevor wir
aber in dieſen Zauberkreis voͤllig eingehen, doch ſchon
mit dem erſten guten Eindruck deſſelben, laͤßt uns der
Autor noch ſchnell die duͤſtern und ſehr betruͤbenden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0328" n="314"/>
fu&#x0364;hrt ihn mit leichter Wendung aus den dunkeln und<lb/>
&#x017F;chauerlichen Tiefen wieder auf die heitre Bahn &#x017F;eines<lb/>
dichteri&#x017F;chen Treibens, wo &#x017F;ich aber auch &#x017F;ogleich, durch<lb/>
fremdes Eingreifen in &#x017F;ein Autorrecht, durch unbefugtes<lb/>
Herausgeben und Nachdrucken &#x017F;einer Schriften, ein wider¬<lb/>
wa&#x0364;rtiger Zwie&#x017F;palt o&#x0364;ffnet, den er zwar fu&#x0364;r diesmal<lb/>
durch ein lieblich-kra&#x0364;ftiges Gedicht wohlgemuth abthut,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Grund aber auch in der Folgezeit noch oft in<lb/>
wech&#x017F;elnden Mißverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en &#x017F;to&#x0364;rend fortgewirkt hat.</p><lb/>
          <p>Nach Erwa&#x0364;hnung von ein paar muntern, den Gei&#x017F;t<lb/>
und Anblick Goethi&#x017F;cher Jugend leicht und lebhaft bezeich¬<lb/>
nenden Vorga&#x0364;ngen, finden wir uns zu gla&#x0364;nzender Ge¬<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft eingefu&#x0364;hrt, und hier einem holden We&#x017F;en gegen¬<lb/>
u&#x0364;ber ge&#x017F;tellt, de&#x017F;&#x017F;en Lieblichkeit uns fe&#x017F;&#x017F;elnd anleuchtet,<lb/>
noch ehe wir durch den Namen Lilli erfahren, welch<lb/>
&#x017F;chon bekanntes Gebiet anmuthiger Bezauberung uns<lb/>
aufgenommen. Nun kann wohl von ho&#x0364;ch&#x017F;tem Lebens¬<lb/>
gefu&#x0364;hl, von reich&#x017F;tem Gewinn der Tage, von Glu&#x0364;ck<lb/>
und Segen die Rede &#x017F;ein, aber an jenen a&#x0364;ußeren und<lb/>
inneren Frieden, welcher &#x017F;ich anfangs verku&#x0364;ndigen wollte,<lb/>
i&#x017F;t nicht mehr zu denken, und an &#x017F;einer Statt waltet<lb/>
die erregte&#x017F;te Leiden&#x017F;chaft, von allem Wech&#x017F;el begleitet,<lb/>
den &#x017F;ie er&#x017F;t im innern Leben entzu&#x0364;ndet, und dann unauf¬<lb/>
halt&#x017F;am auch in das a&#x0364;ußere hinaustreibt. Bevor wir<lb/>
aber in die&#x017F;en Zauberkreis vo&#x0364;llig eingehen, doch &#x017F;chon<lb/>
mit dem er&#x017F;ten guten Eindruck de&#x017F;&#x017F;elben, la&#x0364;ßt uns der<lb/>
Autor noch &#x017F;chnell die du&#x0364;&#x017F;tern und &#x017F;ehr betru&#x0364;benden<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0328] fuͤhrt ihn mit leichter Wendung aus den dunkeln und ſchauerlichen Tiefen wieder auf die heitre Bahn ſeines dichteriſchen Treibens, wo ſich aber auch ſogleich, durch fremdes Eingreifen in ſein Autorrecht, durch unbefugtes Herausgeben und Nachdrucken ſeiner Schriften, ein wider¬ waͤrtiger Zwieſpalt oͤffnet, den er zwar fuͤr diesmal durch ein lieblich-kraͤftiges Gedicht wohlgemuth abthut, deſſen Grund aber auch in der Folgezeit noch oft in wechſelnden Mißverhaͤltniſſen ſtoͤrend fortgewirkt hat. Nach Erwaͤhnung von ein paar muntern, den Geiſt und Anblick Goethiſcher Jugend leicht und lebhaft bezeich¬ nenden Vorgaͤngen, finden wir uns zu glaͤnzender Ge¬ ſellſchaft eingefuͤhrt, und hier einem holden Weſen gegen¬ uͤber geſtellt, deſſen Lieblichkeit uns feſſelnd anleuchtet, noch ehe wir durch den Namen Lilli erfahren, welch ſchon bekanntes Gebiet anmuthiger Bezauberung uns aufgenommen. Nun kann wohl von hoͤchſtem Lebens¬ gefuͤhl, von reichſtem Gewinn der Tage, von Gluͤck und Segen die Rede ſein, aber an jenen aͤußeren und inneren Frieden, welcher ſich anfangs verkuͤndigen wollte, iſt nicht mehr zu denken, und an ſeiner Statt waltet die erregteſte Leidenſchaft, von allem Wechſel begleitet, den ſie erſt im innern Leben entzuͤndet, und dann unauf¬ haltſam auch in das aͤußere hinaustreibt. Bevor wir aber in dieſen Zauberkreis voͤllig eingehen, doch ſchon mit dem erſten guten Eindruck deſſelben, laͤßt uns der Autor noch ſchnell die duͤſtern und ſehr betruͤbenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/328
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/328>, abgerufen am 22.11.2024.