selbst und andre lebende Personen, mehr oder minder deutlich, und nicht grade geschmeichelt, darin abgebildet hatten, war dem Buche, hauptsächlich durch Neumanns Einfall und Talent, noch ein besondrer Gewinn der wirksamsten Figuren geworden. Gleich im zweiten Ka¬ pitel parodirte er vortrefflich des Geschichtsschreibers Johann von Müller schwungvollen und knappen Stil, dann kam Jean Paul Richter in komischem Abbild, ich brachte ein solches von Johann Heinrich Voß in schwer¬ fälligsten Hexametern aus, endlich ließen wir gar, die Wanderjahre Wilhelm Meisters vorwegnehmend, diesen Helden mit dem Markese umherreisen und gar üble Begegnisse erleben; später zogen wir die Vorfälle des letzten Krieges herbei, wo denn einige Deutschheit und einiges Preußenthum mit einfloß, und wenigstens an gedrängter Fülle des mannigfachsten Inhalts und In¬ teresse's hat es diesem Buche nicht gefehlt. Ich fürchte nicht, daß Freundschaft oder Eigenliebe mein Urtheil hier bestechen, wenn ich sage, daß einige Parthieen des Buches, namentlich aber das Bruchstück aus Hans Striezelmeiers eigner Lebensbeschreibung in Johann von Müllers Manier und der Steckbrief Jean Paul Richters auf sich selbst, beides von Neumann, zu den köstlichsten Scherzen unsrer Litteratur gehören, und durchaus werth sind erhalten zu werden.
Um hier gleich alles abzuschließen, was diesen Roman betrifft, so führ' ich noch an, daß wir uns mit dem
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ſelbſt und andre lebende Perſonen, mehr oder minder deutlich, und nicht grade geſchmeichelt, darin abgebildet hatten, war dem Buche, hauptſaͤchlich durch Neumanns Einfall und Talent, noch ein beſondrer Gewinn der wirkſamſten Figuren geworden. Gleich im zweiten Ka¬ pitel parodirte er vortrefflich des Geſchichtsſchreibers Johann von Muͤller ſchwungvollen und knappen Stil, dann kam Jean Paul Richter in komiſchem Abbild, ich brachte ein ſolches von Johann Heinrich Voß in ſchwer¬ faͤlligſten Hexametern aus, endlich ließen wir gar, die Wanderjahre Wilhelm Meiſters vorwegnehmend, dieſen Helden mit dem Markeſe umherreiſen und gar uͤble Begegniſſe erleben; ſpaͤter zogen wir die Vorfaͤlle des letzten Krieges herbei, wo denn einige Deutſchheit und einiges Preußenthum mit einfloß, und wenigſtens an gedraͤngter Fuͤlle des mannigfachſten Inhalts und In¬ tereſſe's hat es dieſem Buche nicht gefehlt. Ich fuͤrchte nicht, daß Freundſchaft oder Eigenliebe mein Urtheil hier beſtechen, wenn ich ſage, daß einige Parthieen des Buches, namentlich aber das Bruchſtuͤck aus Hans Striezelmeiers eigner Lebensbeſchreibung in Johann von Muͤllers Manier und der Steckbrief Jean Paul Richters auf ſich ſelbſt, beides von Neumann, zu den koͤſtlichſten Scherzen unſrer Litteratur gehoͤren, und durchaus werth ſind erhalten zu werden.
Um hier gleich alles abzuſchließen, was dieſen Roman betrifft, ſo fuͤhr' ich noch an, daß wir uns mit dem
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ſelbſt und andre lebende Perſonen, mehr oder minder
deutlich, und nicht grade geſchmeichelt, darin abgebildet
hatten, war dem Buche, hauptſaͤchlich durch Neumanns
Einfall und Talent, noch ein beſondrer Gewinn der
wirkſamſten Figuren geworden. Gleich im zweiten Ka¬
pitel parodirte er vortrefflich des Geſchichtsſchreibers
Johann von Muͤller ſchwungvollen und knappen Stil,
dann kam Jean Paul Richter in komiſchem Abbild, ich
brachte ein ſolches von Johann Heinrich Voß in ſchwer¬
faͤlligſten Hexametern aus, endlich ließen wir gar, die
Wanderjahre Wilhelm Meiſters vorwegnehmend, dieſen
Helden mit dem Markeſe umherreiſen und gar uͤble
Begegniſſe erleben; ſpaͤter zogen wir die Vorfaͤlle des
letzten Krieges herbei, wo denn einige Deutſchheit und
einiges Preußenthum mit einfloß, und wenigſtens an
gedraͤngter Fuͤlle des mannigfachſten Inhalts und In¬
tereſſe's hat es dieſem Buche nicht gefehlt. Ich fuͤrchte
nicht, daß Freundſchaft oder Eigenliebe mein Urtheil
hier beſtechen, wenn ich ſage, daß einige Parthieen des
Buches, namentlich aber das Bruchſtuͤck aus Hans
Striezelmeiers eigner Lebensbeſchreibung in Johann von
Muͤllers Manier und der Steckbrief Jean Paul Richters
auf ſich ſelbſt, beides von Neumann, zu den koͤſtlichſten
Scherzen unſrer Litteratur gehoͤren, und durchaus werth
ſind erhalten zu werden.
Um hier gleich alles abzuſchließen, was dieſen Roman
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/161>, abgerufen am 16.02.2025.
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