Leben Sie herzlich wohl! ich glaube stark, auf dem Wege zur zeitlichen Ruhe zu sein! Mein nächster Brief soll Sie hoffent¬ lich mit angenehmen Nachrichten überraschen! Ich bin sehr eilig!
I. E. Bollmann.
N. S. Mein Bruder Ludwig ist, durch meine Bemühungen, vom Onkel weg, und zu einem Manne, einem sehr ansehnlichen Kaufmann in London, gekommen, den ich genau kenne, den ich als vortrefflichen Menschen und erfahrenen Geschäftsmann hochschätze und liebe. Er bekömmt hundert Pfund Sterling Gehalt.
8.
Wien, den 9. August 1794.
Ich habe den lieben Rosenfels hier gefunden! Sie erfahren also, daß ich hier bin -- das wird der Fortsetzung meines Romans um eine Ueberraschung Schaden thun -- aber, nun dem so ist, warum erführen Sie's nicht eben so gut auch durch mich selbst?
Nicht viel diesmal! Nur blos, daß ich wohl bin und daß mir's gut geht! Freilich bleibt da noch immer viel zu wünschen, aber wer möchte auch schon am Ende sein? Vor mir wird die Aussicht immer schöner, weiter, heller; hinter mir der Rückblick immer interessanter. Ich bin mit der Gegenwart zufrieden; mein Wirkungskreis wird größer! Kleine Successe spannen meine Thätigkeit! Ich bin in den letzten Jahren sehr viel reicher ge¬ worden an Leuten, die mich lieben, und habe keinen von denen, die mich schon vorher liebten, verloren. Der Fonds angenehmer, wohlthätiger Rückerinnerungen, den ich mir sammle, ist so groß, daß ich meine innerliche Unabhängigkeit zunehmen fühle, und überzeugt bin, auch unglücklich wenigstens Jahre lang in der Vergangenheit Entschädigung und Freude finden zu können!
Leben Sie herzlich wohl! ich glaube ſtark, auf dem Wege zur zeitlichen Ruhe zu ſein! Mein naͤchſter Brief ſoll Sie hoffent¬ lich mit angenehmen Nachrichten uͤberraſchen! Ich bin ſehr eilig!
I. E. Bollmann.
N. S. Mein Bruder Ludwig iſt, durch meine Bemuͤhungen, vom Onkel weg, und zu einem Manne, einem ſehr anſehnlichen Kaufmann in London, gekommen, den ich genau kenne, den ich als vortrefflichen Menſchen und erfahrenen Geſchaͤftsmann hochſchaͤtze und liebe. Er bekoͤmmt hundert Pfund Sterling Gehalt.
8.
Wien, den 9. Auguſt 1794.
Ich habe den lieben Roſenfels hier gefunden! Sie erfahren alſo, daß ich hier bin — das wird der Fortſetzung meines Romans um eine Ueberraſchung Schaden thun — aber, nun dem ſo iſt, warum erfuͤhren Sie's nicht eben ſo gut auch durch mich ſelbſt?
Nicht viel diesmal! Nur blos, daß ich wohl bin und daß mir's gut geht! Freilich bleibt da noch immer viel zu wuͤnſchen, aber wer moͤchte auch ſchon am Ende ſein? Vor mir wird die Ausſicht immer ſchoͤner, weiter, heller; hinter mir der Ruͤckblick immer intereſſanter. Ich bin mit der Gegenwart zufrieden; mein Wirkungskreis wird groͤßer! Kleine Succeſſe ſpannen meine Thaͤtigkeit! Ich bin in den letzten Jahren ſehr viel reicher ge¬ worden an Leuten, die mich lieben, und habe keinen von denen, die mich ſchon vorher liebten, verloren. Der Fonds angenehmer, wohlthaͤtiger Ruͤckerinnerungen, den ich mir ſammle, iſt ſo groß, daß ich meine innerliche Unabhaͤngigkeit zunehmen fuͤhle, und uͤberzeugt bin, auch ungluͤcklich wenigſtens Jahre lang in der Vergangenheit Entſchaͤdigung und Freude finden zu koͤnnen!
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0085"n="71"/><p>Leben Sie herzlich wohl! ich glaube ſtark, auf dem Wege<lb/>
zur zeitlichen Ruhe zu ſein! Mein naͤchſter Brief ſoll Sie hoffent¬<lb/>
lich mit angenehmen Nachrichten uͤberraſchen! Ich bin ſehr eilig!</p><lb/><prendition="#right">I. E. Bollmann.</p><lb/><p>N. S. Mein Bruder Ludwig iſt, durch meine Bemuͤhungen,<lb/>
vom Onkel weg, und zu einem Manne, einem ſehr anſehnlichen<lb/>
Kaufmann in London, gekommen, den ich genau kenne, den<lb/>
ich als vortrefflichen Menſchen und erfahrenen Geſchaͤftsmann<lb/>
hochſchaͤtze und liebe. Er bekoͤmmt hundert Pfund Sterling<lb/>
Gehalt.</p><lb/></div><divn="4"><head><hirendition="#b">8</hi>.<lb/></head><datelinerendition="#right">Wien, den <hirendition="#b">9</hi>. Auguſt <hirendition="#b">1794</hi>.</dateline><lb/><p>Ich habe den lieben Roſenfels hier gefunden! Sie erfahren<lb/>
alſo, daß ich hier bin — das wird der Fortſetzung meines Romans<lb/>
um <hirendition="#g">eine</hi> Ueberraſchung Schaden thun — aber, nun dem ſo iſt,<lb/>
warum erfuͤhren Sie's nicht eben ſo gut auch durch mich ſelbſt?</p><lb/><p>Nicht viel diesmal! Nur blos, daß ich wohl bin und daß<lb/>
mir's gut geht! Freilich bleibt da noch immer viel zu wuͤnſchen,<lb/>
aber wer moͤchte auch ſchon am Ende ſein? Vor mir wird die<lb/>
Ausſicht immer ſchoͤner, weiter, heller; hinter mir der Ruͤckblick<lb/>
immer intereſſanter. Ich bin mit der Gegenwart zufrieden; mein<lb/>
Wirkungskreis wird groͤßer! Kleine Succeſſe ſpannen meine<lb/>
Thaͤtigkeit! Ich bin in den letzten Jahren ſehr viel reicher ge¬<lb/>
worden an Leuten, die mich lieben, und habe keinen von denen,<lb/>
die mich ſchon vorher liebten, verloren. Der Fonds angenehmer,<lb/>
wohlthaͤtiger Ruͤckerinnerungen, den ich mir ſammle, iſt ſo groß,<lb/>
daß ich meine innerliche Unabhaͤngigkeit zunehmen fuͤhle, und<lb/>
uͤberzeugt bin, auch ungluͤcklich wenigſtens Jahre lang in der<lb/>
Vergangenheit Entſchaͤdigung und Freude finden zu koͤnnen!</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[71/0085]
Leben Sie herzlich wohl! ich glaube ſtark, auf dem Wege
zur zeitlichen Ruhe zu ſein! Mein naͤchſter Brief ſoll Sie hoffent¬
lich mit angenehmen Nachrichten uͤberraſchen! Ich bin ſehr eilig!
I. E. Bollmann.
N. S. Mein Bruder Ludwig iſt, durch meine Bemuͤhungen,
vom Onkel weg, und zu einem Manne, einem ſehr anſehnlichen
Kaufmann in London, gekommen, den ich genau kenne, den
ich als vortrefflichen Menſchen und erfahrenen Geſchaͤftsmann
hochſchaͤtze und liebe. Er bekoͤmmt hundert Pfund Sterling
Gehalt.
8.
Wien, den 9. Auguſt 1794.
Ich habe den lieben Roſenfels hier gefunden! Sie erfahren
alſo, daß ich hier bin — das wird der Fortſetzung meines Romans
um eine Ueberraſchung Schaden thun — aber, nun dem ſo iſt,
warum erfuͤhren Sie's nicht eben ſo gut auch durch mich ſelbſt?
Nicht viel diesmal! Nur blos, daß ich wohl bin und daß
mir's gut geht! Freilich bleibt da noch immer viel zu wuͤnſchen,
aber wer moͤchte auch ſchon am Ende ſein? Vor mir wird die
Ausſicht immer ſchoͤner, weiter, heller; hinter mir der Ruͤckblick
immer intereſſanter. Ich bin mit der Gegenwart zufrieden; mein
Wirkungskreis wird groͤßer! Kleine Succeſſe ſpannen meine
Thaͤtigkeit! Ich bin in den letzten Jahren ſehr viel reicher ge¬
worden an Leuten, die mich lieben, und habe keinen von denen,
die mich ſchon vorher liebten, verloren. Der Fonds angenehmer,
wohlthaͤtiger Ruͤckerinnerungen, den ich mir ſammle, iſt ſo groß,
daß ich meine innerliche Unabhaͤngigkeit zunehmen fuͤhle, und
uͤberzeugt bin, auch ungluͤcklich wenigſtens Jahre lang in der
Vergangenheit Entſchaͤdigung und Freude finden zu koͤnnen!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/85>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.