eines besondern Schlüssels zu bedürfen, der das Innre eröffnete, so war hier der Leser bei unserm Autor doch nur in ähnlichem Falle, wie bei allen Schriftstellern dieser Art, und selbst bei den eigentlichen Philosophen, deren nothwendigste und ergiebigste Bezeichnungen von jeher den Schein der Unverständlichkeit und selbst des Widersinns tragen mußten. Aber auch genug allgemein Verständliches ist hier vorhanden, und dem Ganzen darf mit größtem Recht ein ähnliches Vorurtheil zu Gute kommen, wie jenen Schriften des Herakleitos, bei denen der weise Leser aus der Vortrefflichkeit des ihm Einleuch¬ tenden auf eine nicht geringere des annoch Dunklen schloß.
Wünschenswerth erschiene nun allerdings, daß über das Leben und die Schriften des Angelus Silesius eine umfassende kritische Arbeit geliefert würde. Die Be¬ zeichnung seines Geistes, seiner Stellung in Zeit und Leben, insbesondere seines Standpunktes in der Reihe früherer und späterer Gleichgesinnten, endlich eine Wür¬ digung seiner Eigenschaften als deutscher Schriftsteller und Dichter, wäre ein reicher Gegenstand der Unter¬ suchung und Darstellung. Derselben hätte sodann eine neue vollständige Ausgabe des cherubinischen Wanders¬ mannes zu folgen, ferner eine gute Auswahl geistlicher Lieder und sonstigen Gedichte, endlich von den prosaischen Schriften das Wichtigste in Bruchstücken, Auszügen oder Berichten, und wir besäßen, in wenigen Bändchen, würdig und wohlbewahrt einen Schriftsteller, der in der Reihe unsrer bedeutendsten nie mehr auszulassen ist.
eines beſondern Schluͤſſels zu beduͤrfen, der das Innre eroͤffnete, ſo war hier der Leſer bei unſerm Autor doch nur in aͤhnlichem Falle, wie bei allen Schriftſtellern dieſer Art, und ſelbſt bei den eigentlichen Philoſophen, deren nothwendigſte und ergiebigſte Bezeichnungen von jeher den Schein der Unverſtaͤndlichkeit und ſelbſt des Widerſinns tragen mußten. Aber auch genug allgemein Verſtaͤndliches iſt hier vorhanden, und dem Ganzen darf mit groͤßtem Recht ein aͤhnliches Vorurtheil zu Gute kommen, wie jenen Schriften des Herakleitos, bei denen der weiſe Leſer aus der Vortrefflichkeit des ihm Einleuch¬ tenden auf eine nicht geringere des annoch Dunklen ſchloß.
Wuͤnſchenswerth erſchiene nun allerdings, daß uͤber das Leben und die Schriften des Angelus Sileſius eine umfaſſende kritiſche Arbeit geliefert wuͤrde. Die Be¬ zeichnung ſeines Geiſtes, ſeiner Stellung in Zeit und Leben, insbeſondere ſeines Standpunktes in der Reihe fruͤherer und ſpaͤterer Gleichgeſinnten, endlich eine Wuͤr¬ digung ſeiner Eigenſchaften als deutſcher Schriftſteller und Dichter, waͤre ein reicher Gegenſtand der Unter¬ ſuchung und Darſtellung. Derſelben haͤtte ſodann eine neue vollſtaͤndige Ausgabe des cherubiniſchen Wanders¬ mannes zu folgen, ferner eine gute Auswahl geiſtlicher Lieder und ſonſtigen Gedichte, endlich von den proſaiſchen Schriften das Wichtigſte in Bruchſtuͤcken, Auszuͤgen oder Berichten, und wir beſaͤßen, in wenigen Baͤndchen, wuͤrdig und wohlbewahrt einen Schriftſteller, der in der Reihe unſrer bedeutendſten nie mehr auszulaſſen iſt.
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[402/0416]
eines beſondern Schluͤſſels zu beduͤrfen, der das Innre
eroͤffnete, ſo war hier der Leſer bei unſerm Autor doch
nur in aͤhnlichem Falle, wie bei allen Schriftſtellern
dieſer Art, und ſelbſt bei den eigentlichen Philoſophen,
deren nothwendigſte und ergiebigſte Bezeichnungen von
jeher den Schein der Unverſtaͤndlichkeit und ſelbſt des
Widerſinns tragen mußten. Aber auch genug allgemein
Verſtaͤndliches iſt hier vorhanden, und dem Ganzen darf
mit groͤßtem Recht ein aͤhnliches Vorurtheil zu Gute
kommen, wie jenen Schriften des Herakleitos, bei denen
der weiſe Leſer aus der Vortrefflichkeit des ihm Einleuch¬
tenden auf eine nicht geringere des annoch Dunklen ſchloß.
Wuͤnſchenswerth erſchiene nun allerdings, daß uͤber
das Leben und die Schriften des Angelus Sileſius eine
umfaſſende kritiſche Arbeit geliefert wuͤrde. Die Be¬
zeichnung ſeines Geiſtes, ſeiner Stellung in Zeit und
Leben, insbeſondere ſeines Standpunktes in der Reihe
fruͤherer und ſpaͤterer Gleichgeſinnten, endlich eine Wuͤr¬
digung ſeiner Eigenſchaften als deutſcher Schriftſteller
und Dichter, waͤre ein reicher Gegenſtand der Unter¬
ſuchung und Darſtellung. Derſelben haͤtte ſodann eine
neue vollſtaͤndige Ausgabe des cherubiniſchen Wanders¬
mannes zu folgen, ferner eine gute Auswahl geiſtlicher
Lieder und ſonſtigen Gedichte, endlich von den proſaiſchen
Schriften das Wichtigſte in Bruchſtuͤcken, Auszuͤgen oder
Berichten, und wir beſaͤßen, in wenigen Baͤndchen, wuͤrdig
und wohlbewahrt einen Schriftſteller, der in der Reihe
unſrer bedeutendſten nie mehr auszulaſſen iſt.
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/416>, abgerufen am 22.11.2024.
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