Schutze der schwerlich zu erweisenden Angabe, daß die meisten vor des Verfassers Uebertritt zur katholischen Kirche gedichtet worden seien, in protestantischen Gesang¬ büchern Aufnahme gefunden hatten. Die ersten Wieder¬ erwähnungen des cherubinischen Wandersmannes sprachen von ihm als von einer neuen Entdeckung, und wußten für dieselbe noch gar keine Anknüpfungspunkte.
Friedrich von Schlegel war es, der zuerst wieder von diesem Buche volle Kenntniß und gleichsam geistigen Besitz nahm. Durch ihn empfingen wir davon die erste Nachricht und Mittheilung. Bald wurde die auch andrerseits ge¬ weckte Aufmerksamkeit thätig, es erschienen mehrfache Proben, und da nicht zu hoffen war, daß durch Schlegel selbst eine Herausgabe so bald zu Stande kommen würde, die auch eigentlich kaum in seiner Absicht lag, indem er es vorzog, einzelne Sprüche durch religiöse Betrach¬ tungen zu erläutern: so waltete kein Bedenken, das äußerst seltne Besitzthum wieder dem Gemeingute zu nähern, und eine dem nächsten Bedürfniß entsprechende Auswahl für befreundete Leser dem Druck zu übergeben.
Sie wurde mit größter Gunst auch in weiteren Krei¬ sen aufgenommen. Daß hier eine außerordentliche und tiefsinnige Geistesart sich offenbarte, eine Genossenschaft der Weihe, die in Tauler und andern Geistern dieser Ordnung verehrt wird, mußte im Allgemeinen bald einleuchten. Blieb auch das Verständniß des Einzelnen schwieriger, und schienen Gedanken und Bild bisweilen
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Schutze der ſchwerlich zu erweiſenden Angabe, daß die meiſten vor des Verfaſſers Uebertritt zur katholiſchen Kirche gedichtet worden ſeien, in proteſtantiſchen Geſang¬ buͤchern Aufnahme gefunden hatten. Die erſten Wieder¬ erwaͤhnungen des cherubiniſchen Wandersmannes ſprachen von ihm als von einer neuen Entdeckung, und wußten fuͤr dieſelbe noch gar keine Anknuͤpfungspunkte.
Friedrich von Schlegel war es, der zuerſt wieder von dieſem Buche volle Kenntniß und gleichſam geiſtigen Beſitz nahm. Durch ihn empfingen wir davon die erſte Nachricht und Mittheilung. Bald wurde die auch andrerſeits ge¬ weckte Aufmerkſamkeit thaͤtig, es erſchienen mehrfache Proben, und da nicht zu hoffen war, daß durch Schlegel ſelbſt eine Herausgabe ſo bald zu Stande kommen wuͤrde, die auch eigentlich kaum in ſeiner Abſicht lag, indem er es vorzog, einzelne Spruͤche durch religioͤſe Betrach¬ tungen zu erlaͤutern: ſo waltete kein Bedenken, das aͤußerſt ſeltne Beſitzthum wieder dem Gemeingute zu naͤhern, und eine dem naͤchſten Beduͤrfniß entſprechende Auswahl fuͤr befreundete Leſer dem Druck zu uͤbergeben.
Sie wurde mit groͤßter Gunſt auch in weiteren Krei¬ ſen aufgenommen. Daß hier eine außerordentliche und tiefſinnige Geiſtesart ſich offenbarte, eine Genoſſenſchaft der Weihe, die in Tauler und andern Geiſtern dieſer Ordnung verehrt wird, mußte im Allgemeinen bald einleuchten. Blieb auch das Verſtaͤndniß des Einzelnen ſchwieriger, und ſchienen Gedanken und Bild bisweilen
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Schutze der ſchwerlich zu erweiſenden Angabe, daß die
meiſten vor des Verfaſſers Uebertritt zur katholiſchen
Kirche gedichtet worden ſeien, in proteſtantiſchen Geſang¬
buͤchern Aufnahme gefunden hatten. Die erſten Wieder¬
erwaͤhnungen des cherubiniſchen Wandersmannes ſprachen
von ihm als von einer neuen Entdeckung, und wußten
fuͤr dieſelbe noch gar keine Anknuͤpfungspunkte.
Friedrich von Schlegel war es, der zuerſt wieder von
dieſem Buche volle Kenntniß und gleichſam geiſtigen Beſitz
nahm. Durch ihn empfingen wir davon die erſte Nachricht
und Mittheilung. Bald wurde die auch andrerſeits ge¬
weckte Aufmerkſamkeit thaͤtig, es erſchienen mehrfache
Proben, und da nicht zu hoffen war, daß durch Schlegel
ſelbſt eine Herausgabe ſo bald zu Stande kommen wuͤrde,
die auch eigentlich kaum in ſeiner Abſicht lag, indem
er es vorzog, einzelne Spruͤche durch religioͤſe Betrach¬
tungen zu erlaͤutern: ſo waltete kein Bedenken, das aͤußerſt
ſeltne Beſitzthum wieder dem Gemeingute zu naͤhern, und
eine dem naͤchſten Beduͤrfniß entſprechende Auswahl fuͤr
befreundete Leſer dem Druck zu uͤbergeben.
Sie wurde mit groͤßter Gunſt auch in weiteren Krei¬
ſen aufgenommen. Daß hier eine außerordentliche und
tiefſinnige Geiſtesart ſich offenbarte, eine Genoſſenſchaft
der Weihe, die in Tauler und andern Geiſtern dieſer
Ordnung verehrt wird, mußte im Allgemeinen bald
einleuchten. Blieb auch das Verſtaͤndniß des Einzelnen
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/415>, abgerufen am 22.11.2024.
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