Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

das neutrale Dänemark in die unangenehmsten Verwicke¬
lungen; die Engländer nahmen dänische Schiffe weg,
und bedrohten Kopenhagen durch ihre Flotte. Die feste
Sprache und geschickte Unterhandlung Bernstorff's wand¬
ten fürerst das Unheil eines Krieges noch ab; der zwei¬
unddreißigjährige Staatsmann vertrat mit Erfolg das
Recht gegen die Uebermacht, und die Engländer mu߬
ten sogar die Rückgabe sämmtlicher genommenen Schiffe
zugestehen. Das folgende Jahr aber sah dieselben Ver¬
wickelungen nur heftiger wiederkehren, und es erfolgte
am 2. April 1801 die Schlacht vor Kopenhagen, wor¬
auf diese Hauptstadt selbst von dem Feinde bombardirt
wurde. Auf einer Bastion der Festungswerke stand
Bernstorff mit dem Kronprinzen-Regenten, jetzigen Kö¬
nige Friedrich dem Sechsten, den Gang des Kampfes
näher zu beobachten, die Bomben flogen in allen Rich¬
tungen über sie hin, und eine fiel und zerplatzte dicht
neben ihnen, glücklicherweise ohne zu beschädigen. Der
Sieg entschied sich, trotz der Tapferkeit der Dänen, zu
Gunsten der Engländer, und Dänemark mußte für den
Augenblick nachgeben; die schwierigen und raschen Un¬
terhandlungen aber, welche mit den englischen Befehls¬
habern gepflogen wurden, führte Bernstorff so kräftig
und vortheilhaft, daß er günstigere Bedingungen erlangte,
als man damals zu hoffen wagte. Schon erkrankt,
aber sich gewaltsam aufrecht erhaltend, brachte er den
Waffenstillstand noch zum Abschlusse, kaum aber war

das neutrale Daͤnemark in die unangenehmſten Verwicke¬
lungen; die Englaͤnder nahmen daͤniſche Schiffe weg,
und bedrohten Kopenhagen durch ihre Flotte. Die feſte
Sprache und geſchickte Unterhandlung Bernſtorff's wand¬
ten fuͤrerſt das Unheil eines Krieges noch ab; der zwei¬
unddreißigjaͤhrige Staatsmann vertrat mit Erfolg das
Recht gegen die Uebermacht, und die Englaͤnder mu߬
ten ſogar die Ruͤckgabe ſaͤmmtlicher genommenen Schiffe
zugeſtehen. Das folgende Jahr aber ſah dieſelben Ver¬
wickelungen nur heftiger wiederkehren, und es erfolgte
am 2. April 1801 die Schlacht vor Kopenhagen, wor¬
auf dieſe Hauptſtadt ſelbſt von dem Feinde bombardirt
wurde. Auf einer Baſtion der Feſtungswerke ſtand
Bernſtorff mit dem Kronprinzen-Regenten, jetzigen Koͤ¬
nige Friedrich dem Sechsten, den Gang des Kampfes
naͤher zu beobachten, die Bomben flogen in allen Rich¬
tungen uͤber ſie hin, und eine fiel und zerplatzte dicht
neben ihnen, gluͤcklicherweiſe ohne zu beſchaͤdigen. Der
Sieg entſchied ſich, trotz der Tapferkeit der Daͤnen, zu
Gunſten der Englaͤnder, und Daͤnemark mußte fuͤr den
Augenblick nachgeben; die ſchwierigen und raſchen Un¬
terhandlungen aber, welche mit den engliſchen Befehls¬
habern gepflogen wurden, fuͤhrte Bernſtorff ſo kraͤftig
und vortheilhaft, daß er guͤnſtigere Bedingungen erlangte,
als man damals zu hoffen wagte. Schon erkrankt,
aber ſich gewaltſam aufrecht erhaltend, brachte er den
Waffenſtillſtand noch zum Abſchluſſe, kaum aber war

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0376" n="362"/>
das neutrale Da&#x0364;nemark in die unangenehm&#x017F;ten Verwicke¬<lb/>
lungen; die Engla&#x0364;nder nahmen da&#x0364;ni&#x017F;che Schiffe weg,<lb/>
und bedrohten Kopenhagen durch ihre Flotte. Die fe&#x017F;te<lb/>
Sprache und ge&#x017F;chickte Unterhandlung Bern&#x017F;torff's wand¬<lb/>
ten fu&#x0364;rer&#x017F;t das Unheil eines Krieges noch ab; der zwei¬<lb/>
unddreißigja&#x0364;hrige Staatsmann vertrat mit Erfolg das<lb/>
Recht gegen die Uebermacht, und die Engla&#x0364;nder mu߬<lb/>
ten &#x017F;ogar die Ru&#x0364;ckgabe &#x017F;a&#x0364;mmtlicher genommenen Schiffe<lb/>
zuge&#x017F;tehen. Das folgende Jahr aber &#x017F;ah die&#x017F;elben Ver¬<lb/>
wickelungen nur heftiger wiederkehren, und es erfolgte<lb/>
am <hi rendition="#b">2</hi>. April <hi rendition="#b">1801</hi> die Schlacht vor Kopenhagen, wor¬<lb/>
auf die&#x017F;e Haupt&#x017F;tadt &#x017F;elb&#x017F;t von dem Feinde bombardirt<lb/>
wurde. Auf einer Ba&#x017F;tion der Fe&#x017F;tungswerke &#x017F;tand<lb/>
Bern&#x017F;torff mit dem Kronprinzen-Regenten, jetzigen Ko&#x0364;¬<lb/>
nige Friedrich dem Sechsten, den Gang des Kampfes<lb/>
na&#x0364;her zu beobachten, die Bomben flogen in allen Rich¬<lb/>
tungen u&#x0364;ber &#x017F;ie hin, und eine fiel und zerplatzte dicht<lb/>
neben ihnen, glu&#x0364;cklicherwei&#x017F;e ohne zu be&#x017F;cha&#x0364;digen. Der<lb/>
Sieg ent&#x017F;chied &#x017F;ich, trotz der Tapferkeit der Da&#x0364;nen, zu<lb/>
Gun&#x017F;ten der Engla&#x0364;nder, und Da&#x0364;nemark mußte fu&#x0364;r den<lb/>
Augenblick nachgeben; die &#x017F;chwierigen und ra&#x017F;chen Un¬<lb/>
terhandlungen aber, welche mit den engli&#x017F;chen Befehls¬<lb/>
habern gepflogen wurden, fu&#x0364;hrte Bern&#x017F;torff &#x017F;o kra&#x0364;ftig<lb/>
und vortheilhaft, daß er gu&#x0364;n&#x017F;tigere Bedingungen erlangte,<lb/>
als man damals zu hoffen wagte. Schon erkrankt,<lb/>
aber &#x017F;ich gewalt&#x017F;am aufrecht erhaltend, brachte er den<lb/>
Waffen&#x017F;till&#x017F;tand noch zum Ab&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e, kaum aber war<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[362/0376] das neutrale Daͤnemark in die unangenehmſten Verwicke¬ lungen; die Englaͤnder nahmen daͤniſche Schiffe weg, und bedrohten Kopenhagen durch ihre Flotte. Die feſte Sprache und geſchickte Unterhandlung Bernſtorff's wand¬ ten fuͤrerſt das Unheil eines Krieges noch ab; der zwei¬ unddreißigjaͤhrige Staatsmann vertrat mit Erfolg das Recht gegen die Uebermacht, und die Englaͤnder mu߬ ten ſogar die Ruͤckgabe ſaͤmmtlicher genommenen Schiffe zugeſtehen. Das folgende Jahr aber ſah dieſelben Ver¬ wickelungen nur heftiger wiederkehren, und es erfolgte am 2. April 1801 die Schlacht vor Kopenhagen, wor¬ auf dieſe Hauptſtadt ſelbſt von dem Feinde bombardirt wurde. Auf einer Baſtion der Feſtungswerke ſtand Bernſtorff mit dem Kronprinzen-Regenten, jetzigen Koͤ¬ nige Friedrich dem Sechsten, den Gang des Kampfes naͤher zu beobachten, die Bomben flogen in allen Rich¬ tungen uͤber ſie hin, und eine fiel und zerplatzte dicht neben ihnen, gluͤcklicherweiſe ohne zu beſchaͤdigen. Der Sieg entſchied ſich, trotz der Tapferkeit der Daͤnen, zu Gunſten der Englaͤnder, und Daͤnemark mußte fuͤr den Augenblick nachgeben; die ſchwierigen und raſchen Un¬ terhandlungen aber, welche mit den engliſchen Befehls¬ habern gepflogen wurden, fuͤhrte Bernſtorff ſo kraͤftig und vortheilhaft, daß er guͤnſtigere Bedingungen erlangte, als man damals zu hoffen wagte. Schon erkrankt, aber ſich gewaltſam aufrecht erhaltend, brachte er den Waffenſtillſtand noch zum Abſchluſſe, kaum aber war

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/376
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/376>, abgerufen am 25.11.2024.