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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

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In seinen letztern Jahren beschäftigte ihn auch die
Sammlung von Büchern und Schriften in Bezug auf
die französische Revolution. Er hatte viele tausend zum
Theil allerseltenste Sachen zusammengebracht, und be¬
absichtigte diesen einzigen Schatz geschichtlicher Quellen
einer preußischen Universität zu schenken. Aber auch
sein Testament war ein Werk, mit dem er sich lange
trug, ohne damit ins Reine zu kommen; er wollte eine
allgemeinere Schulstiftung mit einem Familienfideicom¬
miß vereinigen, allein seine zahlreichen Plane hierzu
schwankten noch unentschieden, als der Tod ihn über¬
eilte, und ein aufgefundenes frühzeitiges Testament, zu
Bentheim schon im Jahre 1785 niedergelegt, vor Ge¬
richt zur Sprache kam, und den Sinn des Abgeschie¬
denen jetzt nur in unreifen und dabei doch schon ver¬
alteten Bestimmungen darstellte.

Schlabrendorf erkrankte nämlich im Sommer 1824,
und verließ, auf dringendes Verlangen seiner Freunde
und seines Arztes Dr. Spurzheim, die dumpfe Stadt,
um eine ländlichheitre Wohnung unter Obhut eines
französischen Arztes in Batignoles zu beziehen. Dort
verschlimmerte sich jedoch sein Zustand, indem er schon
Besserung zu versprechen schien, und der edle Greis,
bis in seinen letzten Stunden von hohen Vorstellungen
und reichen Gedanken umgeben, verschied am 21sten
August 1824. -- Baares Geld fand sich nur so wenig
vor, daß die preußische Gesandtschaft die Begräbnißkosten

In ſeinen letztern Jahren beſchaͤftigte ihn auch die
Sammlung von Buͤchern und Schriften in Bezug auf
die franzoͤſiſche Revolution. Er hatte viele tauſend zum
Theil allerſeltenſte Sachen zuſammengebracht, und be¬
abſichtigte dieſen einzigen Schatz geſchichtlicher Quellen
einer preußiſchen Univerſitaͤt zu ſchenken. Aber auch
ſein Teſtament war ein Werk, mit dem er ſich lange
trug, ohne damit ins Reine zu kommen; er wollte eine
allgemeinere Schulſtiftung mit einem Familienfideicom¬
miß vereinigen, allein ſeine zahlreichen Plane hierzu
ſchwankten noch unentſchieden, als der Tod ihn uͤber¬
eilte, und ein aufgefundenes fruͤhzeitiges Teſtament, zu
Bentheim ſchon im Jahre 1785 niedergelegt, vor Ge¬
richt zur Sprache kam, und den Sinn des Abgeſchie¬
denen jetzt nur in unreifen und dabei doch ſchon ver¬
alteten Beſtimmungen darſtellte.

Schlabrendorf erkrankte naͤmlich im Sommer 1824,
und verließ, auf dringendes Verlangen ſeiner Freunde
und ſeines Arztes Dr. Spurzheim, die dumpfe Stadt,
um eine laͤndlichheitre Wohnung unter Obhut eines
franzoͤſiſchen Arztes in Batignoles zu beziehen. Dort
verſchlimmerte ſich jedoch ſein Zuſtand, indem er ſchon
Beſſerung zu verſprechen ſchien, und der edle Greis,
bis in ſeinen letzten Stunden von hohen Vorſtellungen
und reichen Gedanken umgeben, verſchied am 21ſten
Auguſt 1824. — Baares Geld fand ſich nur ſo wenig
vor, daß die preußiſche Geſandtſchaft die Begraͤbnißkoſten

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[159/0173] In ſeinen letztern Jahren beſchaͤftigte ihn auch die Sammlung von Buͤchern und Schriften in Bezug auf die franzoͤſiſche Revolution. Er hatte viele tauſend zum Theil allerſeltenſte Sachen zuſammengebracht, und be¬ abſichtigte dieſen einzigen Schatz geſchichtlicher Quellen einer preußiſchen Univerſitaͤt zu ſchenken. Aber auch ſein Teſtament war ein Werk, mit dem er ſich lange trug, ohne damit ins Reine zu kommen; er wollte eine allgemeinere Schulſtiftung mit einem Familienfideicom¬ miß vereinigen, allein ſeine zahlreichen Plane hierzu ſchwankten noch unentſchieden, als der Tod ihn uͤber¬ eilte, und ein aufgefundenes fruͤhzeitiges Teſtament, zu Bentheim ſchon im Jahre 1785 niedergelegt, vor Ge¬ richt zur Sprache kam, und den Sinn des Abgeſchie¬ denen jetzt nur in unreifen und dabei doch ſchon ver¬ alteten Beſtimmungen darſtellte. Schlabrendorf erkrankte naͤmlich im Sommer 1824, und verließ, auf dringendes Verlangen ſeiner Freunde und ſeines Arztes Dr. Spurzheim, die dumpfe Stadt, um eine laͤndlichheitre Wohnung unter Obhut eines franzoͤſiſchen Arztes in Batignoles zu beziehen. Dort verſchlimmerte ſich jedoch ſein Zuſtand, indem er ſchon Beſſerung zu verſprechen ſchien, und der edle Greis, bis in ſeinen letzten Stunden von hohen Vorſtellungen und reichen Gedanken umgeben, verſchied am 21ſten Auguſt 1824. — Baares Geld fand ſich nur ſo wenig vor, daß die preußiſche Geſandtſchaft die Begraͤbnißkoſten

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/173>, abgerufen am 24.11.2024.