Oesterreich reisen, Niemand werde ihn dort wegen der alten Geschichte beunruhigen. Er empfing die nöthigen Pässe, und reiste nach Wien.
Im Oktober 1814 traf er daselbst ein, als die Ge¬ schäftsarbeiten noch wenig im Gang, das Gedränge der geselligen Bewegung aber am größten war. Hier, wo die glänzendsten Persönlichkeiten so leicht verblichen, fand der einfache, aber mit Sachkunde und Bildung auf¬ tretende Bürger alsbald die ausgezeichnetste Beach¬ tung. Er hatte der österreichischen Regierung mancherlei Anträge zu machen, bei welchen er theils in eignem Namen, theils in dem des Hauses Baring auftrat. Mit den Häfen des adriatischen Meeres hatte Oester¬ reich einige Linienschiffe zurückbekommen; in Idria lag Quecksilber angehäuft, das seit mehreren Jahren wegen des Krieges nicht hatte nach Amerika verschifft werden können; diese Gegenstände, im Betrage sehr großer Summen, wollte er ankaufen; auf der Donau sollte die Dampfschifffahrt eingeführt, und darüber ein Vertrag abgeschlossen werden. Während Bollmann dieserhalb Unterhandlungen anknüpfte, wurde seine Aufmerksamkeit auf den Zustand der Finanzen hingezogen, und beson¬ ders auf die große Masse Papiergeldes, welche aus den frühern Kriegsjahren übrig war und das Land als ein empfindliches Uebel drückte. Der Finanzminister Graf von Stadion, an welchen Bollmann wegen seiner Ge¬ schäfte gewiesen war, gewann bald ein großes Vertrauen
Oeſterreich reiſen, Niemand werde ihn dort wegen der alten Geſchichte beunruhigen. Er empfing die noͤthigen Paͤſſe, und reiſte nach Wien.
Im Oktober 1814 traf er daſelbſt ein, als die Ge¬ ſchaͤftsarbeiten noch wenig im Gang, das Gedraͤnge der geſelligen Bewegung aber am groͤßten war. Hier, wo die glaͤnzendſten Perſoͤnlichkeiten ſo leicht verblichen, fand der einfache, aber mit Sachkunde und Bildung auf¬ tretende Buͤrger alsbald die ausgezeichnetſte Beach¬ tung. Er hatte der oͤſterreichiſchen Regierung mancherlei Antraͤge zu machen, bei welchen er theils in eignem Namen, theils in dem des Hauſes Baring auftrat. Mit den Haͤfen des adriatiſchen Meeres hatte Oeſter¬ reich einige Linienſchiffe zuruͤckbekommen; in Idria lag Queckſilber angehaͤuft, das ſeit mehreren Jahren wegen des Krieges nicht hatte nach Amerika verſchifft werden koͤnnen; dieſe Gegenſtaͤnde, im Betrage ſehr großer Summen, wollte er ankaufen; auf der Donau ſollte die Dampfſchifffahrt eingefuͤhrt, und daruͤber ein Vertrag abgeſchloſſen werden. Waͤhrend Bollmann dieſerhalb Unterhandlungen anknuͤpfte, wurde ſeine Aufmerkſamkeit auf den Zuſtand der Finanzen hingezogen, und beſon¬ ders auf die große Maſſe Papiergeldes, welche aus den fruͤhern Kriegsjahren uͤbrig war und das Land als ein empfindliches Uebel druͤckte. Der Finanzminiſter Graf von Stadion, an welchen Bollmann wegen ſeiner Ge¬ ſchaͤfte gewieſen war, gewann bald ein großes Vertrauen
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Oeſterreich reiſen, Niemand werde ihn dort wegen der
alten Geſchichte beunruhigen. Er empfing die noͤthigen
Paͤſſe, und reiſte nach Wien.
Im Oktober 1814 traf er daſelbſt ein, als die Ge¬
ſchaͤftsarbeiten noch wenig im Gang, das Gedraͤnge der
geſelligen Bewegung aber am groͤßten war. Hier, wo
die glaͤnzendſten Perſoͤnlichkeiten ſo leicht verblichen, fand
der einfache, aber mit Sachkunde und Bildung auf¬
tretende Buͤrger alsbald die ausgezeichnetſte Beach¬
tung. Er hatte der oͤſterreichiſchen Regierung mancherlei
Antraͤge zu machen, bei welchen er theils in eignem
Namen, theils in dem des Hauſes Baring auftrat.
Mit den Haͤfen des adriatiſchen Meeres hatte Oeſter¬
reich einige Linienſchiffe zuruͤckbekommen; in Idria lag
Queckſilber angehaͤuft, das ſeit mehreren Jahren wegen
des Krieges nicht hatte nach Amerika verſchifft werden
koͤnnen; dieſe Gegenſtaͤnde, im Betrage ſehr großer
Summen, wollte er ankaufen; auf der Donau ſollte
die Dampfſchifffahrt eingefuͤhrt, und daruͤber ein Vertrag
abgeſchloſſen werden. Waͤhrend Bollmann dieſerhalb
Unterhandlungen anknuͤpfte, wurde ſeine Aufmerkſamkeit
auf den Zuſtand der Finanzen hingezogen, und beſon¬
ders auf die große Maſſe Papiergeldes, welche aus den
fruͤhern Kriegsjahren uͤbrig war und das Land als ein
empfindliches Uebel druͤckte. Der Finanzminiſter Graf
von Stadion, an welchen Bollmann wegen ſeiner Ge¬
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/123>, abgerufen am 24.11.2024.
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