Bollmann spornte sein Pferd, und kam ohne Auf¬ enthalt nach Sternberg; nur zehn Minuten vor ihm war der Reiter, nach dem er fragte, durchgekommen. In größter Hast folgte ihm Bollmann. Als er aber nach Hoff kam, fand er ihn nicht, derselbe mußte einen falschen Weg eingeschlagen haben. Zurückzukehren wäre fruchtlos gewesen, ja konnte sogar für Lafayette schäd¬ lich werden; noch war die Hoffnung vorhanden, ihn am nächsten Zufluchtsort in Schlesien glücklich wieder¬ zufinden. Um 10 Uhr Abends war Bollmann jenseits der österreichischen Gränze, um 1 Uhr Nachts traf er in Ratibor ein, um 7 Uhr des andern Morgens konnte er in Tarnowitz ankommen. Dies war das erste Ziel, wohin er Lafayette in Sicherheit bringen wollte, dort konnten sie unbesorgt drei Wochen versteckt bleiben, und alle Zeit für weitere Maßregeln gewinnen. Sie konnten auch gleich durch Polen nach Danzig gehen, wofür im voraus Pässe und Empfehlungen bereit lagen. Die Umstände des Augenblicks würden bestimmt haben, wel¬ cher Entschluß wäre vorzuziehen gewesen. Für die eigne Sicherheit hätte Bollmann den Weg nach Danzig sogleich wählen müssen. Allein er dachte nicht an sich, sondern nur an Lafayette. Nach vergeblichem Harren, da Nie¬ mand kam, da sich an keinem der Orte, wo sichre Kundschaft zu erwarten war, die geringste einfand, nicht von Lafayette selbst, aber auch nicht von seinem Ent¬ weichen, und noch zum Troste eben so wenig von seiner
Bollmann ſpornte ſein Pferd, und kam ohne Auf¬ enthalt nach Sternberg; nur zehn Minuten vor ihm war der Reiter, nach dem er fragte, durchgekommen. In groͤßter Haſt folgte ihm Bollmann. Als er aber nach Hoff kam, fand er ihn nicht, derſelbe mußte einen falſchen Weg eingeſchlagen haben. Zuruͤckzukehren waͤre fruchtlos geweſen, ja konnte ſogar fuͤr Lafayette ſchaͤd¬ lich werden; noch war die Hoffnung vorhanden, ihn am naͤchſten Zufluchtsort in Schleſien gluͤcklich wieder¬ zufinden. Um 10 Uhr Abends war Bollmann jenſeits der oͤſterreichiſchen Graͤnze, um 1 Uhr Nachts traf er in Ratibor ein, um 7 Uhr des andern Morgens konnte er in Tarnowitz ankommen. Dies war das erſte Ziel, wohin er Lafayette in Sicherheit bringen wollte, dort konnten ſie unbeſorgt drei Wochen verſteckt bleiben, und alle Zeit fuͤr weitere Maßregeln gewinnen. Sie konnten auch gleich durch Polen nach Danzig gehen, wofuͤr im voraus Paͤſſe und Empfehlungen bereit lagen. Die Umſtaͤnde des Augenblicks wuͤrden beſtimmt haben, wel¬ cher Entſchluß waͤre vorzuziehen geweſen. Fuͤr die eigne Sicherheit haͤtte Bollmann den Weg nach Danzig ſogleich waͤhlen muͤſſen. Allein er dachte nicht an ſich, ſondern nur an Lafayette. Nach vergeblichem Harren, da Nie¬ mand kam, da ſich an keinem der Orte, wo ſichre Kundſchaft zu erwarten war, die geringſte einfand, nicht von Lafayette ſelbſt, aber auch nicht von ſeinem Ent¬ weichen, und noch zum Troſte eben ſo wenig von ſeiner
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[88/0102]
Bollmann ſpornte ſein Pferd, und kam ohne Auf¬
enthalt nach Sternberg; nur zehn Minuten vor ihm
war der Reiter, nach dem er fragte, durchgekommen.
In groͤßter Haſt folgte ihm Bollmann. Als er aber
nach Hoff kam, fand er ihn nicht, derſelbe mußte einen
falſchen Weg eingeſchlagen haben. Zuruͤckzukehren waͤre
fruchtlos geweſen, ja konnte ſogar fuͤr Lafayette ſchaͤd¬
lich werden; noch war die Hoffnung vorhanden, ihn
am naͤchſten Zufluchtsort in Schleſien gluͤcklich wieder¬
zufinden. Um 10 Uhr Abends war Bollmann jenſeits
der oͤſterreichiſchen Graͤnze, um 1 Uhr Nachts traf er
in Ratibor ein, um 7 Uhr des andern Morgens konnte
er in Tarnowitz ankommen. Dies war das erſte Ziel,
wohin er Lafayette in Sicherheit bringen wollte, dort
konnten ſie unbeſorgt drei Wochen verſteckt bleiben, und
alle Zeit fuͤr weitere Maßregeln gewinnen. Sie konnten
auch gleich durch Polen nach Danzig gehen, wofuͤr im
voraus Paͤſſe und Empfehlungen bereit lagen. Die
Umſtaͤnde des Augenblicks wuͤrden beſtimmt haben, wel¬
cher Entſchluß waͤre vorzuziehen geweſen. Fuͤr die eigne
Sicherheit haͤtte Bollmann den Weg nach Danzig ſogleich
waͤhlen muͤſſen. Allein er dachte nicht an ſich, ſondern
nur an Lafayette. Nach vergeblichem Harren, da Nie¬
mand kam, da ſich an keinem der Orte, wo ſichre
Kundſchaft zu erwarten war, die geringſte einfand, nicht
von Lafayette ſelbſt, aber auch nicht von ſeinem Ent¬
weichen, und noch zum Troſte eben ſo wenig von ſeiner
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/102>, abgerufen am 25.11.2024.
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